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TV2-Dokumentation über die Arbeit im Stall von Andreas Helgstrand

Der dänische Sender TV2 hat heute die Dokumentation mit heimlich gemachten Filmaufnahmen auf der Reitanlage von Andreas Helgstrand gesendet. Zu sehen sind Sporen- und Maulverletzungen, Schlaufzügel und Pferde in sehr enger Kopf-Hals-Haltung.

Andreas Helgstrand steht aufgrund von Videoaufnahmen, die in seinem Stall aufgenommen worden sind, abermals in der Kritik.

Der erste Teil der Dokumentation „Geheimnisse eines Pferdemilliardärs” von TV2 war am 22. November 2023 um 20 Uhr im dänischen Fernsehen zu sehen. Der zweite wird kommende Woche bei TV2 gezeigt. Der Stall des Dänen Andreas Helgstrand ist das Thema der Dokumentation. In seinem Stall wurden heimliche Aufnahmen gemacht. Wir haben beide Teile der Dokumentation bereits am Mittwochabend gesehen. Was gezeigt wird:

Der erste Teil der Doku „Geheimnisse eines Pferdemilliardärs”

Eine Journalistin des dänischen Senders TV2, Rebekka Klubien, hat sich für einen Monat als Pferdepflegerin bei Andreas Helgstrand anstellen lassen. Sie hat Stallarbeit gemacht, Pferde geputzt, Boxen gesäubert und viele Eindrücke gesammelt. Es gibt Videomaterial aus dem Stall und aus der Reithalle. Es sind teils Bilder, die aufrütteln.

Gespickt sind die Aufnahmen mit Bildern aus der Vergangenheit: Erfolge und Tiefschläge von Andreas Helgstrand werden gezeigt. Beispielsweise wie seine Stute Queenparks Wendy in der vergangenen Saison zweimal wegen Blut im Maul abgeklingelt worden ist. Das war auf den Turnieren in Herning und Stockholm. Auf der anderen Seite zeigt die Dokumentation deutlich, was für ein Unternehmen sich Andreas Helgstrand aufgebaut hat. Aufnahmen aus dem Image-Film von Helgstrand Dressage unterstreichen dies.

In der Dokumentation werden Gespräche zwischen Rebekka Klubien und ihren Pflegerkollegen eingespielt. Alle Mitarbeiter von Andreas Helgstrand sind verpixelt dargestellt. Zu erkennen sind aber Bilder von einem Pferd mit Striemen auf der Hinterhand. Deutliche Schwellungen, die vermutlich durch Schläge mit der Gerte entstanden sein können. Später im Film folgen Aufnahmen eines Pferdes mit einer Sporenverletzung. Die Reporterin fragt einen Pfleger, ob er sich der Sporenverletzung bewusst sei. „Ja, so eine oberflächliche Verletzung gebe es schon einmal.” Da könne man weiter mit Sporen reiten, lautet die Antwort. Die Wunde werde versorgt, gewaschen und mit Schuhcreme abgedeckt, wenn Kunden kämen.

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Der zweite Teil der Dokumentation

Im zweiten Teil der Dokumentation werden Trainingsausschnitte aus dem Reitstall von Andreas Helgstrand gezeigt. Es sind mehrere Pferde mit Schlaufzügeln in der Reithalle zu sehen. Sie sind teils sehr eng eingestellt und zeigen sehr deutliche Abwehrreaktionen. Manche Pferde weichen nach hinten oder zur Seite aus, eins springt seitlich an die Bande, eins versucht zu steigen. Teils gehen die Pferdeköpfe aufgrund der harten Handeinwirkung von links nach rechts, teils werden die Schenkel samt Sporen heftig in die Flanken gehauen. Andreas Helgstrand selbst reitet nicht. Seine Mitarbeiter sind zu sehen. Auffällig ist, dass nicht ein Reiter grob oder mit Schlaufzügeln reitet, sondern mehrere zur gleichen Zeit in der Reithalle. Ein weiteres Pferd wird auf kleinstem Zirkel mit dem Kopf nahe an der Brust longiert.

Viele Reitbilder und Szenen werden in der Dokumentation mehrfach wiederholt. „Es ist eine Fabrik. Die Pferde müssen produziert werden, also hat man auch als Reiter viel Druck", heißt es später im Video. Eine weitere prägnante Szene: Die Pfleger werden dazu aufgerufen, die Reiter daran zu erinnern, dass zwischen 13 und 14 Uhr Kunden kommen und sie dann keine Schlaufzügel gebrauchen dürfen.

Blutige Verletzungen an Mäulern

Rebekka Klubien hat für die Dokumentation ein Gespräch mit einer anderen Pflegerin aufgezeichnet. Sie sprechen über Wunden im Maul eines Pferdes namens Natural Spring. Beide haben die Verletzungen bemerkt und die Pflegerin sagt, das Pferd habe die Wunden schon länger und sie creme sie täglich ein. Es ist zu hören: „Bonjour und Darwin bluten oft. Devolution blutet hin und wieder. Natural Spring blutet die ganze Zeit.” Und: „Naxos blutet auch die ganze Zeit.”

Stimmen zu den Aufnahmen

Tierärztin Karin Leibbrandt sagt im Video: „Es ist eine Fabrik. Sie trainieren die Pferde so schnell wie sie können und die Pferde müssen unter Kontrolle sein. Es ist Tierquälerei.”

Die deutsche Wissenschaftlerin Dr. Kathrin Kienapfel stellt heraus: „Es ist so, dass mit der Kopf-Hals-Haltung das Wohlbefinden des Pferdes stark beeinflusst wird. Das Reiten ist so hart. Ich habe so etwas in dieser Fülle noch nie gesehen. Es ist nicht ein Reiter, sondern noch einer und noch einer und noch einer. Man weiß gar nicht, wo man hinschauen soll.” Die Häufung dieser Bilder sei schockierend.

Susan Kjærgård, ehemalige Championatsreiterin, ist ebenfalls in der Dokumentation zu sehen. Ihr Statement: „Mein Herz blutet. Das harte Reiten hat Kultur.”

Die befragten Experten sind sich einig: Auf den von Rebekka Klubien gefertigten Aufnahmen sind Misshandlungen an Tieren zu sehen.

Weitere Kritik an Helgstrand

Nicht nur das Reiten und die Behandlung der Pferde im Stall von Andreas Helgstrand wird im Film kritisiert, zudem geht es um Betrugsvorwürfe gegen Andreas Helgstrand. Einstige Geschäftspartner wie Louise Lynge und Nanna Jønsson kommen zu Wort. Es stehen Vorwürfe über nicht eingehaltene Abmachungen, verkaufte Pferde und das Unterschlagen von Geld im Raum.

Abschlussgespräch mit Andreas Helgstrand

Zum Ende der Dokumentation ist zu sehen, wie Rebekka Klubien mit Andreas Helgstrand spricht. Es ist ihr letzter Arbeitstag. Sie konfrontiert ihn mit ihren Eindrücken. Er bemerkt, dass sie ihn filmt und sagt: „Wenn Sie hier sind, weil Sie Ärger machen wollen und sagen, dass wir schlecht reiten und dies und jenes tun, dann müssen wir eine Lösung finden …“

Die Redaktion von TV2 sagt, sie habe Andreas Helgstrand mehrfach ein Interview angeboten. Davon habe er keinen Gebrauch gemacht. Er habe ein Statement geschickt. Darin heißt es: „Wir können nicht leugnen, dass das hier passiert ist. Und wenn wir sehen, dass Fehler gemacht worden sind, werden wir sie natürlich korrigieren. Wir müssen aus der Kritik, die an uns herangetragen wird, lernen und uns weiter entwickeln. In diesem Fall haben wir genau das getan. Als Ergebnis haben wir unsere Richtlinien für das Wohlergehen der Pferde und das Reiten, unsere Geschäftspraktiken und unsere Mitarbeiterbedingungen verbessert“, so Andreas Helgstrand.

Hintergrundwissen

Zur Person Andreas Helgstrand

Andreas Helgstrand ist 45 Jahre alt. 2008 machte sich Andreas Helgstrand mit Helgstrand Dressage selbstständig.

Ein Blick auf seine Karriere: 2004 war er in Athen erstmals bei Olympia für Dänemark am Start, damals mit Cavan. Zwei Jahre später gewann er Kür-Silber und Einzel-Bronze bei den Weltreiterspielen in Aachen mit der legendären Schimmelstute Matiné. 2007 verletzte sich die Stute und kehrte nie in den Sport zurück. 2008 holte Helgstrand auf Don Schufro Bronze mit dem dänischen Team bei den Olympischen Spielen in Hongkong. Zu dieser Zeit arbeitete er für das dänische Erfolgsgestüt Blue Hors.

In den Jahren darauf brachte er immer wieder Pferde in den Großen Sport, stellte zahlreiche Weltmeister bei den jungen Dressurpferden und ritt selbst auf Championaten, zuletzt bei der EM in Riesenbeck.

Die Skandale

Im Jahr 2010 ritt Andreas Helgstrand die Stute Uno Donna Unique bei der WM der jungen Dressurpferde bei den Sechsjährigen zum Titel. Drei Jahre später wurde öffentlich, dass es beim Verkauf der Stute an den Peterhof Ungereimtheiten gegeben haben soll. Das Pferd stand im Besitz von Andreas Helgstrand und Züchterin Joan Andreasen. Helgstrand soll laut verschiedener Quellen damals nicht den tatsächlichen sondern einen verminderten Kaufpreis der Mitbesitzerin genannt haben und entsprechend Geld unterschlagen haben.

Im April 2014 veröffentlichte der Internet-TV-Sender Epona.tv anonym zugesandte Bilder von einem Tag der Offenen Tür bei Helgstrand Dressage. Zu sehen war Helgstrands damaliges Toppferd Pferd Akeem Foldager mit blau unterlaufener Zunge, enger Halseinstellung und Sporenabdrücken. Gegen den Reiter lag eine Anzeige vor. Im November 2014 wurde er jedoch vom Tatbestand der Tierquälerei freigesprochen. Die dänische Föderation verwarnte Helgstrand offiziell wegen „unsachgemäßen Gebrauchs von Gebiss und Zügeln“ und gab an, dass es keinen weiteren ähnlichen Vorfall innerhalb der nächsten zwei Jahre geben dürfe, sonst habe er mit härteren Sanktionen zu rechnen.

Im Juli 2015 nahm Epona.tv Bilder auf dem Abreiteplatz auf dem internationalen Turnier in Falsterbo auf, die Helgstrand auf der Schimmelstute Stamina zeigten – das Pferd in Rollkur-Haltung. Die Stewards vor Ort hatten den Reiter nicht verwarnt. Von der dänischen Föderation erhielt der Reiter im Oktober die Auflage, fortan sein Abreiten auf Turnieren filmen lassen und das Videomaterial ungeschnitten dem Verband zukommen lassen zu müssen.

2019 kaufte Helgstrand Dressage den Siegerhengst der Westfalenkörung, den Dream Boy-Sohn Dynamic Dream. Das Pferd wurde auf der Körung allerdings positiv auf Flunixin getestet und die Zuchtzulassung vorerst aberkannt. Der Hengst konnte einige Wochen später erneut vorstellt werden.

2020 kaufte Helgstrand Dressage den Reservesieger der Westfalen-Körung, den Diamond Deluxe-Sohn Darling’s Dream. Ein positiver Doping-Befund von dem Pferd wurde Anfang 2021 bekannt, daraufhin versuchte er, den Hengst zurückzugeben. Es stellte sich heraus, dass die Probe auf eine Futtermittelkontamination im Stall des Ausstellers zurückzuführen war.

2023 wurde Andreas Helgstrand nachträglich von der nationalen Meisterschaft in Dänemark disqualifiziert, weil sein Pferd Jovian positiv auf Inhaltsstoffe aus dem Homöopathika Traumeel und dem Medikament Duphalyte getestet wurde. Diese gelten als unerlaubte Medikation und kamen aufgrund von Koliksymptomen zum Einsatz, die Behandlung war aber nicht angemeldet. Helgstrand wurde Bronze aberkannt, sein Vater Ulf Helgstrand ließ sich vom Dänischen Verband beurlauben.

Die Global Equestrian Group

2008 machte sich Andreas Helgstrand mit Helgstrand Dressage selbstständig. Mittlerweile ist das Unternehmen aus Nordjütland in Dänemark global eines der führenden im Dressursport und hat Niederlassungen in Deutschland und den USA. Laut seiner Homepage hat das Ausbildungs- und Verkaufsimperium über 130 Mitarbeiter und mehr als 700 Pferde.

2021 gründeten die Ludger Beerbaum Stables und Helgstrand Dressage die Firma Global Equestrian Group. Als dritter Vertragspartner ist Waterland Private Equity, Mehrheitseigner von Helgstrand Dressage, an Bord. 2022 stieg auch Dressurreiter Patrik Kittel in das Unternehmen ein.