Monica Theodorescu: „Wir müssen einiges überdenken und verändern“
Frau Theodorescu, in der Dressur wird immer wieder kritisiert, dass die mangelnde Losgelassenheit teils kaum oder gar nicht in die Bewertung einfließt. Woran liegt das?
Da wir im internationalen Grand Prix-Sport keine Fußnoten mehr haben, fehlt den Richtern teils die Handhabe noch ehrlicher zu werten. Doch das Problem fängt schon viel früher an: Bei den Sichtungen für die Jungpferde-WM habe ich Jahr für Jahr bereits meine Probleme. Jedes Jahr sage ich einigen Reitern, dass die Pferde den Hals tiefer und flacher tragen sollten und die Nase mehr nach vorne kommen muss. Das Reiten bei den Sichtungen ist insgesamt in den vergangenen Jahren besser geworden, weil die Reiter meine Sprache inzwischen verstehen. Einige der jungen Pferde sind mir aber nach wie zu hoch aufgerichtet und die Reiter unterstützen die Bewegungen der Pferde zu sehr. Weniger Hand und mehr Länge im Hals täte manchem Pferd gut.
Warum ist die frühe Aufrichtung so ein großes Problem?
Weil der Markt es so will.
Und für das Pferd?
Es ist eine zu große Anstrengung in dem jungen Alter. Vielleicht hat das Pferd sogar Stress. Diese Jungpferdeveranstaltungen sind in meinen Augen auch Vermarktungsveranstaltungen. Anscheinend will der Markt, wollen die Menschen es – immer noch – so sehen. Das fing schon vor sehr vielen Jahren bei den Auktionspferden an. Die Auktionsreiter sollten die Perspektive zeigen, die das Pferd möglicherweise hat. Da wurden früher schon häufig Dinge zu früh und zu schnell forciert. Die Pferde mussten nach den Auktionen teils erst Wochen und Monate abschalten. Hinzu kam teils der Stress des Ausprobierens. So ist der Markt. Es ist schwierig.
Was muss sich ändern?
Wir müssen proaktiv das richtige Tun und Zeigen. Wir müssen richtig arbeiten und kommunizieren.
Das Geld spielt bei der Jungpferdeausbildung eine entscheidende Rolle. Bei den Berufsreitern geht es um die Vermarktung.
Davon leben sie. Wenn der Kunde das natürlicher gehende Pferd dem spektakulär gehenden Pferd vorziehen würde, könnte sich in diese Richtung etwas ändern.
Demnach ordnen Sie die Verantwortung für die aktuelle Lage im Dressursport nicht nur einer Gruppe zu?
Das ist mein Anliegen. Der Sport entwickelt sich seit Jahren in eine bessere Richtung, dennoch wird mit dem Finger auf einzelne gezeigt und das ist nicht richtig. Zugleich müssen wir manches überdenken. Ein Punkt ist für mich, ob dreijährige Pferde in eine Kulisse wie die auf den Bundeschampionaten gehören. Als Trainerstab sind wir uns einig, dass es für sie zu früh ist.
Warum gibt es dann dort noch besagte Prüfungen?
Es heißt: „Weil zu der Zeit sonst nichts auf dem Platz stattfindet und die Zuschauer dafür Karten kaufen.“
Das ist eine Begründung, die viele Fragen aufwirft. Also ist der Blick in unserer Zeit nicht auf das Pferd gerichtet?
Ja, so kann man es sagen. Auf der anderen Seite muss ich sagen: Ich bin kein Pferdeverkäufer. Vielleicht erscheint es manchen als naiv auf diese Art und Weise für das Pferd zu reden. Aber ich bin nicht so naiv, dass ich denke, wir brauchen all diese Veranstaltungen nicht. Wir brauchen sie, nur müssen wir einiges überdenken und verändern.
Hat das Pferd in unserer Zeit genug Stimmen?
Was sicherlich wichtig wäre, wäre die Anerkennung des Pferdes als Kulturgut. Es geht nicht nur um Sportreiterei, sondern auch um Therapiepferde, Schulponys für Kinder und so weiter. Sie lernen die Zuwendung zum und vom Pferd kennen. Wir lernen von den Pferden, sie geben uns viel.
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