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Fragen aus dem Reiterleben

Warum leiden Reiter so, wenn ihre Pferde verletzt sind?

Wenn das Pferd sich verletzt, leidet der Mensch mit. Sorgen prägen seinen Alltag.

Wenn das Pferd sich verletzt, leidet der Mensch mit.

In diesem Leben werde ich keine Olympiasiegerin. Das kann ich mit Sicherheit sagen. Meine Prioritäten und allen voran auch
mein Talent liegen woanders. Ich bezeichne mich als ambitionierten Freizeitreiter, der nach ehrgeizigen Trainingszielen strebt – mal mehr und mal weniger konsequent. Man könnte also denken, dass es mir nicht allzu viel ausmacht, wenn ich mal einige Wochen nicht in den Sattel steigen kann, auch wenn ich natürlich ein Fan der steten Verbesserung bin. Ebenso sollte man meinen, dass ich meine Ziele jederzeit problemlos neu definieren und herunterschrauben kann. Man sollte. Doch es gibt einen Moment, vor dem es mir genauso graut, wie vielen anderen Hobby- und natürlich auch Profireitern. Denn er ist mit tiefster Frustration verbunden: Der Augenblick, wenn sich mein Pferd verletzt.

Eine Trainingspause macht maximal die hart erarbeiteten Muskeln und die Feinabstimmung zunichte. Selten vergessen die Pferde währenddessen alles. Und trotzdem bricht es uns Reitern das Herz, wenn unser Pferd den gelben Schein einreicht und das hat verschiedene Gründe.

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Natürlich steht es für uns an erste Stelle, dass es unseren Pferden gutgeht. Das ist bei einer Verletzung in der Regel nicht der
Fall. Schmerzen, Fieber, körperliche Einschränkungen – das alles würden wir unserem geliebten Vierbeiner sehr gerne ersparen. Doch das gelingt uns bei uns selbst schon nicht. Und während wir trotz dicker Erkältung oder gebrochenem Fuß in den Stall stolpern, können wir den apathischen Blick unseres Pferdes kaum ertragen und genauso wenig, wenn es auf dem Weg der Besserung sehnsüchtig zur Weide schaut, auf die es in der nächsten Zeit nicht darf, wenn der Doktor Boxenruhe verordnet hat.

Die Heilungsphase ist der nächste Punkt, der einen deprimieren und gleichzeitig vor Herausforderungen stellen kann. Denn Boxenruhe geht maximal solange gut, wie sich das Pferd vor Schmerzen selbst ungern bewegt. Sie wird aber zur richtigen Tortur, wenn es der Meinung ist, eigentlich längst wieder fit zu sein, Bänder, Sehnen, Knochen oder Gelenke aber in dem Maße noch nicht belastet werden dürfen. Wer schon mal versucht hat, ein völlig überdrehtes Pferd Schritt zu führen, weiß was ich meine. Willkommen im Zirkus mit banger Sorge um den Heilungsprozess.

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Was aber jedem durchschnittlich verdienenden Pferdebesitzer bei einer Verletzung des Tieres auf jeden Fall aufs Gemüt schlägt, sind die Kosten. Allein die bildgebenden Diagnoseverfahren sind schon ein Batzen Geld und je nachdem, welche Therapien ratsam sind, gleiten einem die Hunderterscheine wie feinster Pudersand durch die Finger. Wer behauptet, Reiter seien grundsätzlich ein Teil der vermögenden Gesellschaft, lebt fernab der Realität.

Und last but not least die Angst, dass nichts mehr wird wie vorher. Wer kennt sie nicht, die Schauergeschichten von Reitkollegen, die Unsummen für Therapien ausgegeben haben, um ihr Pferd letztendlich doch in Rente auf die Weide zu schicken? Ja, das kommt vor. Aber es gibt zum Glück deutlich mehr Pferde, die nach einer Verletzungspause wieder vollständig einsatzbereit
sind. Man müsse der Natur auch einfach vertrauen, riet mir eine Mentaltrainerin einmal – also kurz mitleiden, dann positiv denken.

Der Artikel erschien erstmals in der November-Ausgabe 2021.