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Kendra Claricia Brinkop: „Pferd und Mensch stehen auf Augenhöhe“

Von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung zu Marcus Ehning weiter zu den Stephex Stables. Das ist der Werdegang von Kendra Claricia Brinkop in kürzester Kürze. Wir haben die 29-jährige Springreiterin in Leipzig bei der Partner Pferd getroffen. Ein Interview.

Kendra Claricia Brinkop und Do it Easy nach ihrem Sieg im Championat von Leipzig. Wir haben die Reiterin der Stephex Stables zum Interview getroffen.

Du arbeitest bei den Stephex Stables. Das ist einer der weltweit größten Handelsställe. Wie viele Pferde reitest du dort?

Kendra Claricia Brinkop: Ich habe ein gutes Team um mich herum, sodass wir uns zu viert um 15 Pferde kümmern. Das jüngste Pferd in meinem Stall ist sieben Jahre alt, andere sind auf Fünf-Sterne-Niveau.

Wie schwer fällt es dir, Pferde wieder ziehen zu lassen?

Sehr, sehr schwer, obschon ich damit aufgewachsen bin und es mein ganzes Leben lang erlebt habe. Meine Eltern haben gezüchtet und da gehört der Verkauf auch dazu. Es ist der normale Prozess. Bei manchen Pferden ist es aber schwerer als bei anderen. Ich genieße jeden Moment, den ich mit den Pferden haben darf.

Was muss ein Pferd haben, damit es dir besonders schwerfällt, es zu verkaufen?

Bei einem Pferd wie Do it easy wird es sehr schwer. Wir haben nun das Championat von Leipzig gewonnen, haben aber auch eine gemeinsame Geschichte. Er hatte vor mir schon ein, zwei Reiter. Erst mit mir hat er aber den wirklichen Spaß an der Arbeit entdeckt und das verbindet. Er ist ein Traumpferd für mich.

Du bist ihn als junges Pferd schon einmal geritten, nun ist er seit drei Monaten wieder bei dir. War die Verbindung, von der du gerade gesprochen hast, sofort wieder da?

Absolut. Wir haben da wieder angefangen, wo wir aufgehört hatten. Er ist aktuell noch in irischem Besitz. Daher bin ich umso glücklicher, dass ich ihn reiten darf. Ein Verkauf steht auf lange Sicht sicherlich im Raum. Nach einem Erfolg wie dem nun in Leipzig kommen mehr Anfragen. Das ist sicher und gehört dazu. Zugleich genieße ich jeden Augenblick mit ihm, darauf konzentriere ich mich. Der Vibe zwischen uns stimmt.

Du bist seit mehr als vier Jahren bei den Stephex Stables angestellt. Zuvor warst du bei Marcus Ehning im Stall als Bereiterin tätig. Warum bist du aus Borken weggegangen?

Das, was ich bei Marcus gelernt habe, setze ich heute genauso um. Marcus ist in meinen Augen der beste Reiter der Welt. Die Zeit bei ihm im Stall war ein wertvoller Lebensabschnitt. Für mich war aber 2019 der richtige Zeitpunkt weiterzugehen, um mich selbst zu finden. Ich möchte Kendra sein und nicht eine Kopie von Marcus. Zu gehen war schwer, aber auch aufregend und hat sich richtig angefühlt. Denn bei den Stephex Stables haben wir Top-Reiter und so konnte ich verschiedene Systeme und neue Situationen kennenlernen. Daniel (Anm. d. Red.: Deußer) an meiner Seite hilft mir zudem sehr. Wir tauschen Pferde und schauen, wie es für uns beide am besten passt. Ich bekomme viel Input von ihm und zugleich arbeiten wir auf das gleiche Ziel hin. Das ist ein gutes Gefühl.

Was ist das Wichtigste, was du von Marcus Ehning gelernt hast?

Er ist ein Pferdemensch durch und durch. Es geht ihm um Horsemanship und darum, wie man mit dem Pferd umgeht. Es geht nicht nur um die Reiterei, sondern um das Management, darum, wie man dem Pferd zuhört und individuell auf jedes einzelne Pferd eingeht. Das ist mir genauso wichtig. Um ein praktisches Beispiel zu geben: Was ich bei ihm neu gelernt habe, ist der richtige Umgang mit sehr motivierten Pferden. Statt das Pferd im Parcours zu halten, geht es darum, weich mit der Hand zu werden und das Pferd so zum Warten anzuregen. Es ist für Pferd und Reiter wesentlich angenehmer, wenn man so in den Parcours geht.

Wie viel Spaß macht dir die Dressur?

Auf jeden Fall Spaß. Ich mache mir da aber nicht so viel Stress, sondern höre auf mein Gefühl und die Verfassung des Pferdes. Da kann auch eine Einheit auf der Rennbahn genau richtig sein, um das Pferd geschmeidiger und durchlässiger zu machen. Wir sollen beide Spaß haben.

Was ist das Wichtigste, das du von den Pferden gelernt hast?

Geduld. Mein Pferd In Time, das ich heute im Weltcup reite, ist ein gutes Beispiel dafür. Ich habe sie sechsjährig geritten und sie hat sich für mich angefühlt, wie eine zweite Killer Queen (Anm. d. Red.: Spitzenpferd von Daniel Deußer). Daniel hat In Time einige Monate geritten, nun habe ich sie wieder. Und habe viel Geduld gelernt. Sie ist sehr sensibel und mein Fokus lag darauf, dass sie entspannt ist, bei dem was sie macht. Das gelingt uns immer besser.

Wie beobachtest du die aktuelle Kritik am Reitsport?

Sie beeinflusst meine Arbeit nicht. Was ich mache, ist korrekt. Ich will immer fair gegenüber dem Pferd handeln. Es gibt die große Diskussion um die Gebisswahl im Springsport. Teils wird sie von Menschen geführt, die die Wirkung des Gebiss nicht richtig beurteilen können. Viele Menschen stehen am Rand und wollen mit Absicht schlechte Bilder von uns Reitern machen. Das bereitet mir Sorge. Wir tun alles für unsere Pferde, jeden Tag. Wer das nicht glaubt, darf gerne bei uns vorbeischauen.

Wie siehst du eure Rolle als Profis, wenn der Reitsport zunehmend kritisch beäugt wird?

Alle Reiter sollten an einem Strang ziehen. Wir sollten offen und kritisch darüber reden, was wir tun. Wichtig zu sagen, ist mir: Die Pferde sind Athleten. Wir Reiter sind Athleten. Ich sehe Mensch und Pferd auf Augenhöhe. Da gibt es für mich keinen Unterschied, aber eine Partnerschaft.

Was steht für dich als nächstes an?

Wir werden mit allen Pferden zur Sunshine Tour nach Spanien fahren. Die Pferde können wertvolle Erfahrungen sammeln und werden für die kommende Saison weiter aufgebaut.

Was hast du dir für dieses Jahr vorgenommen?

Den Weltcup habe ich abgeschlossen. Das Finale war nie mein erstes Ziel. Wir haben geschaut, wie viele Punkte wir sammeln können. Ich möchte gerne wieder im deutschen Team sein und dort gute Ergebnisse liefern. Ich lasse alles drauf ankommen. Ein Pferd, in das ich dieses Jahr viel Hoffnung setze, ist Tabasco. Er hat ein irrsinniges Vermögen und bringt alles mit. Er hat ein angenehmes Temperament.

Vielen Dank für das Gespräch.