„Er braucht fraglos auch Geld, gute Besitzer und das Glück, ein gutes Pferd zu haben.“
Leipzig – Ein Interview mit Springreiter Christian Ahlmann am Rande des Weltcup-Turniers in Leipzig.
Wie schaust du auf 2024?
Christian Ahlmann: Motiviert und positiv. Ich weiß, dass man für alles, was man erreichen will, viel arbeiten, einen Plan und die Zeit haben muss und das machen wir. Daher ist ganz viel möglich im kommenden Jahr.
Es ist ein Olympiajahr. Schaust du Richtung Paris?
Ja, ich hätte Lust. Mein Top-Pferd Dominator bauen wir nun sportlich wieder auf. Er steigt nach einer längeren Pause aufgrund einer Gelenksentzündung wieder in das normale Training ein. Der Sport soll für ihn in diesem Jahr im Fokus stehen. In der Zeit, in der ich aufgrund zweier Stürze verletzt war, hat er gedeckt.
Wie geht es dir nach den beiden Stürzen mit verletzungsbedingten Pausen im vergangenen Jahr?
Es hat alles gedauert und ich musste mich in Geduld üben. Seit drei Monaten bin ich auf einem richtig guten Weg. Das ist ein gutes Gefühl.
Im Dezember konntest du die Weltcup-Etappe in Mechelen gewinnen. Planst du zum Weltcup-Finale nach Riad zu fahren?
Das hängt davon ab, ob ich einen Platz bekomme. Ursprünglich war es nicht geplant. Wenn sich nun die Möglichkeit bietet, ziehe ich es aber durchaus in Erwägung.
Hast du deine Pause genutzt, um eure Kinder zu unterrichten?
Leon und Ella reiten beide sehr gerne. Ella ist noch sehr jung, doch sie hat Spaß dabei. Mit unserem Sohn Leon war ich nun einige Male auf Turnieren unterwegs. Das war richtig schön. Es ist ein Traum, wenn die Kinder denselben Sport ausüben.
Wie aufgeregt bist du, wenn du am Rand stehst?
Ich bin normalerweise wirklich kein nervöser Typ. Mit den Kindern ist es anders und es ist herrlich.
Du wirst dieses Jahr 50. Denkt du darüber nach, es ruhiger angehen zu lassen?
Ich erschrecke mich, wenn ich die Zahl höre. Es geht ruckzuck im Leben. Erst ist man jung und dann ist man auf einmal nicht mehr jung, ohne es zu realisieren. Das Reiten und das Leben mit den Pferden machen mir unheimlich viel Spaß. Vielleicht wird es sportlich irgendwann mal ruhiger. Aber dazu habe ich keinen Plan. Ich reite gerne und bilde gerne Pferde aus. Ich werde auf einem anderen Niveau weiterreiten, wenn es im Spitzensport mal nicht mehr laufen sollte.
Was ist nach all den Jahren für dich die größte Motivation?
Wenn ein Plan funktioniert und die Vision für ein Pferd wahr wird, ist das unheimlich motivierend. Jedes Pferd in unserem Stall kennen wir in- und auswendig. Wenn der sportliche Erfolg dann hinzukommt und wahr wird, woran man geglaubt hat, ist das der größte Antrieb. Alles, was auf dem Weg passiert, ist für jedes Pferd individuell. Zu sehen, wie eine Idee fruchtet, ist erfüllend. Daher ist es schön, dass ich die Möglichkeit habe, Pferde länger zu begleiten. Sich vor Augen zu führen, wo man mit dem Pferd herkommt, welche Erfolge man feiern durfte und wie die Verbindung sich im Laufe der Zeit verändert hat, macht für mich das Reiten aus.
Findest du, dass die Schere zwischen Basis- und Topsport in den vergangenen Jahren immer weiter auseinander gegangen ist?
Seitdem ich angefangen habe, hat sich sehr viel geändert. Das System ist aber das gleiche: Das Training des Pferdes, das Zusammenwachsen von Mensch und Tier, das Reindenken in das Pferd und der Wille das Beste aus der Partnerschaft zu machen, machen den Unterschied im Reitsport aus. Wer das lernt und gut kann, wird erfolgreicher sein als derjenige, der das teuerste Pferd kauft. Es ist schön, dass sich daran nichts verändert hat. Er braucht fraglos auch Geld, gute Besitzer und das Glück, ein gutes Pferd zu haben.
Wie siehst du aktuelle Entwicklungen im Turniersport?
Tolle Turniere vor Ort sterben leider aus. Der Sport ist teurer geworden. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die Pferde stehen in größeren Boxen, sie haben einen Paddock, sie haben größere Weiden. Das ist alles gut, aber auch teurer als es früher war. Schmied, Anhänger, Tierarzt – alles ist teurer geworden. Es sind viele Dinge, die da zusammen kommen. Es ist der Zahn der Zeit, der voran schreitet. Es gibt Stellschrauben, an denen man drehen könnte. So reite ich mittlerweile regelmäßig in den Niederlanden Turniere. Dort ist vieles flexibler, schneller, einfacher und günstiger. Da könnte man sich in Deutschland einiges abschauen.
Ist der Zugang zum Turniersport für die Basis leicht genug?
Mein Sohn hat nun sein Reitabzeichen gemacht, um auf E-Niveau zu reiten. Ich habe mich erschrocken, was es gekostet hat. Eine normale Familie ist mit den aktuellen Gebühren gefordert. Auf der anderen Seite sehe ich, dass die Arbeit im Reitverein immer schwieriger wird. Was früher ehrenamtlich gemacht wurde, muss heute vielerorts bezahlt werden. Die Menschen haben sich verändert. Sie sind immer mehr bei sich. Zudem beobachte ich, dass der sportliche Ehrgeiz heute häufig einen anderen Stellenwert hat als früher. Leider. Das Besondere an unserem Sport ist nämlich, dass wir ihn auch im höheren Alter noch wunderbar ausüben können.
Vielen Dank für das Gespräch.