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Was steckt hinter dem Ridersplaining?

Gut gemeinter Rat oder Besserwisserei? Ob beim Reiten, in der Stallgasse oder in der Sattelkammer: Reiter hören jede Menge Ratschläge. Auch wenn sie gar nicht danach gefragt haben. Prof. Dr. Kathrin Schütz erklärt, warum.

Ein Tipp hier, ein gut gemeinter Rat dort: Das gibt es auch im Reitstall. (Symbolbild)

Laut einer Studie von Prof. Dr. Kathrin Schütz und Antonia Kessel haben 91 Prozent der Reiter schon unaufgefordert Tipps bekommen. Sie haben 798 Reiter aus verschiedenen Disziplinen befragt und auch herausgefunden, dass die meisten negative Beweggründe vermuten, wenn sie Ratschläge erhalten.

Wie ist die Idee zu der Befragung entstanden?

Prof. Dr. Kathrin Schütz: „Die Idee kam im Grunde von Lisa Kestel. Ich war zu Gast in ihrem Podcast und wir haben über Psychologie im Reitstall gesprochen. So kamen wir auf das Phänomen, dass man im Stall häufig Tipps und Antworten auf Fragen bekommt, die man nie gestellt hat. Uns hat interessiert, ob es Ridersplaining tatsächlich gibt und welche Beweggründe dahinter stehen. Das Ergebnis war überraschend.“

Wie häufig tritt das Ridersplaining auf und was sind die Gründe?

Prof. Dr. Kathrin Schütz: „Tatsächlich haben 91 Prozent der Reiter angegeben, dass sie schon ungefragt Ratschläge erhalten haben. Tendenziell haben sie das eher negativ wahrgenommen. Die meisten sagten, dass sie dabei das Gefühl hatten übergangen und als inkompetent dargestellt zu werden. Gleichzeitig hatten sie den Eindruck, dass sich die Rat gebende Person mit ihrem Wissen und ihrer Meinung hervortun und profilieren möchte. Einige versuchen sogar den Kontakt mit Personen zu vermeiden, die ungefragt Ratschläge geben und legen ihre eigenen Stallzeiten so, dass sie diesen Personen möglichst nicht begegnen.

Auf der anderen Seite bejahten viele die Frage, ob sie selbst schon ungefragt Ratschläge erteilt haben – betonten allerdings, dass ihre Motive völlig andere seien: Sie möchten der Person wirklich helfen oder einfach mit ihr kommunizieren. Das ist ein sehr spannendes Ergebnis, weil die meisten Reiter ungefragt Ratschläge bekommen und erteilen, wie der Rat wahrgenommen wird unterscheidet sich allerdings deutlich – je nachdem ob man Sender oder Empfänger ist.“

Wie lässt sich mit dieser Erkenntnis im Alltag umgehen?

Prof. Dr. Kathrin Schütz: „Im ersten Schritt würde es helfen, zuzuhören. Wenn ein Stallkollege Sorgen hat, hilft ein offenes Ohr oft mehr als ein gut gemeinter Rat. Im zweiten Schritt kann man fragen, ob ein Ratschlag gewünscht ist. Damit kann man verhindern, dass sich die andere Person übergangen fühlt, weil man ihr die Entscheidung überlässt, ob sie Tipps möchte oder nicht. Wer dringend einen Ratschlag geben möchte, sollte vorher innehalten und sich fragen, ob dieser Rat tatsächlich gut gemeint ist oder ob eine gewisse Überheblichkeit mitschwingen könnte.“