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CHIO Aachen: Vielseitigkeits-Team enttäuscht, Happy End für Julia Krajewski!

Achterbahn der Gefühle für Julia Krajewski bei der abschließenden Geländeprüfung heute in der Soers! Erst das Aus mit Samourai du Thot, dann das enttäuschende Team-Ergebnis. Doch ihr Chipmunk zauberte ihr am Ende doch noch Freudentränen ins Gesicht.

Zweite Chance genutzt, und wie! Julia Krajewski mit Chipmunk auf dem Weg zum Sieg beim CHIO Aachen 2018.

Aachen – Aus der Verliererspur auf die Erfolgswelle sprang heute Julia Krajewski. Das alles innerhalb von drei Stunden. Sie hat den Drei-Sterne-CICO in Aachen gewonnen. „Anstrengend diese Hochs und Tiefs, das war ein sehr spezieller Tag“, sagte sie, noch fix und fertig von der Leistung, die sie wenige Minuten zuvor im Gelände beim CHIO Aachen abgeliefert hatte.

Heute war die abschließende Geländeprüfung für die Vielseitigkeitsreiter. Das deutsche Team um Hans Melzer ist nach Dressur und Springen als führende Mannschaft angetreten. Julia Krajewski lag zudem mit ihren zwei Pferden auf den ersten beiden Plätzen. Aber abgerechnet wird gerade in der Vielseitgkeit erst zum Schluss. Und manchmal passieren Dinge, mit denen man einfach überhaupt nicht rechnet. So erging es zumindest in diesem Jahr dem deutschen Team. Platz fünf, hinter Neuseeland, Frankreich, Schweden und den USA. „So habe ich mir die Generalprobe nicht vorgestellt", sagte Hans Melzer.

Die verpatzte Generalprobe

Mit ihrem Mannschaftspferd Samourai du Thot kassierte Krajewski drei Verweigerungen am ersten Hindernis im SAP-Komplex, der aus zwei sehr schmalen Trapez-Sprüngen und einer Senke dazwischen besteht, schwer einsehbar, weil umzingelt von Fahr-Hindernissen. Dass „Sam“ allerdings auch im zweiten und dritten Anlauf nicht springen wollte, war da nicht mehr nur auf die Unübersichtlichkeit zu schieben. „Das ist auch ein bisschen mein Sam, er ist eben ein Pferd zwischen Genie und Wahnsinn“, sagt Julia Krajewski. Denn bis dahin waren die beiden in überragender Form im Cross unterwegs, hatten keinerlei Probleme. „Das war ein Schlag vor den Kopf, frustrierend.“ Aber nicht nur für sie war der Ausfall des kleinen französischen Wallachs bitter, sondern er zählte bereits für die Teamwertung.

Zuvor hatte Andreas Dibowski eine solide, gute Runde im Gelände abgeliefert, er hatte allerdings gestern im Parcours mit Team-Pferd Corrida ebenfalls eine Art Aussetzer erleben müssen, in Form einer Verweigerung am Wassergraben und etlichen Zeitfehlern. Auch damit hatte keiner gerechnet.

Der dritte Mannschaftsreiter war Kai Rüder von der Insel Fehmarn. Nach Dressur und Springen noch auf Rang elf, verlor er ausgerechnet in der Startbox sage und schreibe 40 Sekunden. Sein Colani Sunrise – womöglich davon irritiert, dass es für ihn nicht wie sonst von vorne, sondern von hinten durch eine Art Tunnel in die Startposition ging – hatte einiges im Sinn, nur nicht loszugaloppieren. Am zweiten Wasserkomplex zeigte Rüder noch sein ganzes akrobatisches Können und hielt sich nach einem Aufsetzer am zweiten Hindernis gerade noch auf Colani Sunrise. Der steuerte bereits munter auf den Zaun und die dahinterstehenden Zuschauer zu. Abgewendet haben die beiden in letzter Sekunde, noch mal gut gegangen. Kai Rüder wusste, wem er das zu verdanken hatte: "Danke an die Dame im pinken Shirt, die ihren Mann noch vor den Zaun gezerrt hat. Das hat mein Pferd abgehalten, über den Zaun zu springen. Sie können sich ein Bier bei mir abholen."

Die vierte und letzte Mannschaftsreiterin war Vorjahressiegerin Ingrid Klimke mit ihrem SAP Hale Bob OLD. Noch am Donnerstag bei der Geländebegehung hatte sie auf die Schwierigkeit dieses Hindernisses, an dem auch Julia Krajewski mit Samourai du Thot gescheitert war, hingewiesen. Prompt an diesem Trapez-Sprung lief ihr Bobby vorbei. Teure 20 Punkte. „Vielleicht hätte ich ein bisschen mehr Attacke reiten müssen“, überlegte Klimke im Anschluss. „Es hat trotzdem richtig Spaß gemacht. Bobby war so super sicher. Und ich freue mich vor allem für Julia.“

Jetzt erst recht - Julia Krajewskis zweite Chance

Denn Julia Krajewski hatte mit ihrem erst zehn Jahre alten Chipmunk noch eine zweite Chance im Gelände. Noch einmal neu konzentrieren, noch einmal kämpfen, das Ausscheiden mit Sam, das schlechte Team-Ergebnis abhaken. Auf das Pferd fokussiern, das ganz anders ist, als ihr kleiner, quirrliger Samourai du Thot, den sie heute nicht zu 100 Prozent auf ihrer Seite hatte.

Chipmunk hatte sie auf ihrer Seite. Der Contendro-Sohn ist groß, mit langen Beinen, aufwendiger Galoppade und einem Charakter fast schon "wie ein Hund" ausgestattet, so ehrlich, dass er wirklich alles versucht, es seiner Reiterin recht zu machen. Aachen war für ihn die bisher schwerste Prüfung, vor allem technisch anspruchsvoll. Einen Zeitpuffer hatten die beiden nach der tollen Dressur und der lupenreinen Runde im Parcours gestern. Selbst auf den nach seinem Cross führenden Australier Christopher Burton (26,70 Minuspunkte) mit Quality Purdey – heute einziges Paar, das es innerhalb der erlaubten sieben Minuten ins Ziel geschafft hat. 6,4 Minuspunkte erlaubte sich Krajewski im Gelände. 26,10 Punkte genügten, um zu gewinnen und sich vom Publikum im Springstadion feiern zu lassen. „Mir kamen die Tränen, ich musste noch eine Runde reiten, um mich erst mal wieder zu beruhigen“, erzählte Krajewski lachend. Es war übrigens eine halbe Premiere für die 29-jährige Pferdewirtschaftsmeisterin und Bundestrainerin der Vielseitigkeits-Junioren. 2016 ist sie zwar schon einmal hier in Aachen geritten, aber nur in der Dressur- und Springprüfung angetreten. Im Gelände hat sie heute Premiere gefeiert. Mit allen nur möglichen Höhen und Tiefen.

Das Einzel-Ergebnis

Das Team-Ergebnis