Europameisterschaften Springreiten 2023
Acht Fakten über die neuen Team-Europameister im Springreiten
1. Es ist das erste Mal, dass Schweden Mannschaftsgold bei Europameisterschaften gewonnen hat. Dabei waren sie schon zweimal nah dran: Mit Bronze in Herning 2013 und Silber in Göteborg 2017.
2. Schweden ist die zweite Nation, die mit der Mannschaft gleichzeitig Olympiasieger, Weltmeister und Europameister geworden ist. Ihre Erfolgsreihe begann mit den Olympischen Spielen in Tokio 2021, ging bei den Weltmeisterschaften in Herning 2022 weiter und erfuhr nun in Mailand einen weiteren goldenen Höhepunkt.
Deutschland gelang dieses Trio übrigens zweimal – und das direkt hintereinander: 1994 bei den Weltmeisterschaften in Den Haag begann die Serie. 1996 wurden sie in Atlanta Olympiasieger , holten 1997 Teamgold bei den Europameisterschaften in Mannheim, verteidigten ihren Weltmeistertitel 1998 in Rom, gewannen EM-Gold 1999 in Hickstead und olympisches Gold in Sydney im Jahr 2000.
3. An jeder der drei schwedischen Mannschaftsgoldmedaillen beteiligt war: Henrik von Eckermann. In Tokio und Herning auf seinem Superstar King Edward. Nach Mailand ist er mit Iliana gereist. „Ich hatte im Vorfeld gesagt, dass mir diese Mannschaftsgoldmedaille bei den Europameisterschaften wirklich noch fehlt. Ich bin wirklich glücklich, sie gewonnen zu haben“, sagte der Weltranglistenerste gestern in der Pressekonferenz. Aktuell liegt er nach zwei Nullrunden und einem Hindernisfehler im zweiten Umlauf auf Rang acht im Einzelranking. Aber von Eckermann wäre nicht der, der er ist, wenn er nicht jetzt schon in die weitere Zukunft dächte: „Nach dem Fehler mit Iliana ist Einzelgold vielleicht nicht in meiner Reichweite; das bedeutet, dass ich mich auf die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Paris 2024 konzentrieren werde.“
4. Zu den Säulen des schwedischen Teams gehören in diesem Jahr vor allem Jens Fredricson und Cosmopolit. Alle drei bisherigen EM-Parcours meisterten die zwei tadellos ohne einen einzigen Strafpunkt. Damit liegen sie vor der letzten Springprüfung am Sonntag in Führung. „Wir sind über die Perfektion hinausgegangen, wir sind ein fantastisches Team und wir waren heute sicherlich die Besten. Es bleibt immer eine Überraschung, wenn man gewinnt, denn manchmal reicht es nicht, sein Bestes zu geben, um den Sieg nach Hause zu bringen“, sagte Fredricson. Bevor es morgen vor allem für ihn um Einzelgold geht, steht bei ihm heute – am wettbewerbsfreien Tag bei der EM in Mailand – ein anderes wichtiges Ereignis im Vordergrund. „Ich werde meinen freien Tag genießen und mit meiner Frau ins Zentrum von Mailand gehen, um unseren Hochzeitstag zu feiern.“
5. Ein weiterer spannender Fakt dreht sich ebenfalls um Jens Fredricson. Er ist ältere Bruder von Peder Fredricson, der in Schweden als großes Idol gilt. Jens und Peder waren in Herning zusammen im Goldteam. Auch da ritt Jens Cosmopolit. Der 55-Jährige hat den Cohiba-Calido I-Sohn in den internationalen Sport begleitet, von den Youngster-Touren 2018 bis in die Weltspitze ging der Weg der beiden Schweden immer gemeinsam. Jens Fredricson gilt als einer der besten Reiter Schwedens. Als Sportler mischt er seit 25 Jahren vorne mit. Als Ausbilder in den schwedischen Reitsportzentren Flyinge und Strömsholm kümmert er sich um die nächsten Generationen an Reitern und Pferden.
6. Eine feste Größe der Schweden ist natürlich auch ihr ältester Export-Schlager: Rolf-Göran Bengtsson, den sich die Schweden auch ein bisschen mit den Holsteinern teilen müssen. Er ist mittlerweile 61 Jahre alt und kein bisschen müde, noch immer für sein Heimatland auf Medaillenjagd zu gehen – bestens beritten durch den Holsteiner Verband, in Mailand mit dem Zirocco Blue-Caretino-Sohn Zucchero. Der Mann, der auf dem elterlichen Reitstall in Lund aufwuchs, ritt als junger Bengel mit seinen Ponys Vielseitigkeit und zog später aus, um erst bei David Broome und dann bei Jan Tops sein reiterliches Wissen zu erweitern. Seit 2003 betreibt er in Itzehoe einen Ausbildungsstall und ist wohl der berühmteste schwedische Holsteiner der Welt.
7. Mit der 30 Jahre alten Wilma Hellström haben die drei erfahrenen Reiter eine junge Athletin an der Seite, die in Mailand gezeigt hat: Mit ihr ist zu rechnen. Als Juniorin machte sie in Schweden schon auf sich aufmerksam, als Junge Reiterin war sie Teil des Bronzeteams bei den Europameisterschaften 2012, trainierte nach ihrem Schulabschluss bei Thomas Fuchs, Otto Becker, Peter Marne sowie bei Angelica Augustsson-Zanotelli und ihrem Mann Marlon. Mit den beiden trainiert sie auch heute noch. Wilma lebt in Valkenswaard und hat Boxen auf der Reitanlage des Südafrikaners Oliver Lazarus gepachtet. Wilmas Herzenspferd und Team-Gold-Pferd ist Cicci. Wilma kaufte die Schimmelstute sechsjährig, doch schon bald bekam sie Zweifel an dieser Entscheidung, dachte auch über einen Verkauf der Stute nach, weil diese sich als sehr eigenwillig und extrem guckig erwies. Doch irgendwie fanden die beiden doch einen Weg zueinander. Dann der Unfall, bei dem Cicci sich in der Box so schwer am rechten Auge verletzte, dass dieses entfernt werden musste. Wilma und die Schimmelstute Cicci haben sich nie getrennt. In einem Interview mit worldofshowjumping.com sagte Wilma einmal über Cicci: „Um ehrlich zu sein, sie entscheidet und ich lasse sie. Sie macht, was sie will und ich bin fein damit. Ich weiß nur nicht, ob meine Pferdepfleger immer so glücklich damit sind.“
8. Mal abgesehen, von den überragenden schwedischen Paaren in Mailand: Dass die Schweden so erfolgreich sind, ist eigentlich keine große Überraschung. Das Land pflegt eine lange Tradition zum Pferd, es gibt jede Menge Reitschulen, die Ausbildung zum Reitlehrer hat einen hohen Stellenwert und der Reitsport ist populär. Das alles sind Erfolgsfaktoren, die an der Wurzel beginnen. Ein weiterer Erfolgsfaktor – neben den sehr guten Pferden, den sehr guten und professionellen Reiter – ist die Unterstützung der Pferdebesitzer. Die Reiter-Pferd-Paare, die schon so lange ihren Weg gemeinsam gehen, sind der beste Beweis für Treue, Loyalität und Vertrauen.