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Die Kolumne über Reiter und anderes Getier

Acht Beine sind vier zuviel

Gibt es Tiere, die bei Ihnen die pure Panik auslösen? Mäuse vielleicht? Oder Ratten? Bei Redakteurin Kirsten Lemke sind es Spinnen. Und die gibt es in Pferdeställen zu Hauf. Eine Kolumne über Gänsehaut-Begegnungen.

Begegnungen mit Spinnen sind in Pferdeställen keine Seltenheit. Für manche Reiter der pure Horror.

Viele Reiter sind besonders tierlieb. Ich gehöre auch dazu. Alles was Fell und vier Beine hat, löst die pure Verzückung in mir aus. Meine Familie, Freunde und Kolleginnen werden jetzt sicher bestätigend nicken. Doch an einem gewissen Punkt hört meine Tierliebe entgegen meiner eigentlichen Überzeugung auf. Und zwar bei Spinnen. Für mich die absoluten Endgegner. Blöd nur, dass es in den meisten Pferdeställen nur so von ihnen wimmelt.

Die Erinnerung an meine schlimmsten Begegnungen löst auch Jahre später noch eine Gänsehaut aus: Einmal saß ein riesiges Exemplar auf meiner Kardätsche. Ich bemerkte es erst, als ich meinem Pferd damit das Fell bürstete. Meine Reaktion: alles andere als kontrolliert oder besonnen. Ich stieß einen Schrei aus, pfefferte die Bürste einmal quer über die Stallgasse und jagte meinem Pferd damit den Schrecken seines Lebens ein.

Ein anderes Mal hatte es sich ein achtbeiniger Kamerad auf meiner Schulter bequem gemacht. Ich hatte zuvor eine Abschwitzdecke vom Sattelschrank gezogen und sie meinem Pferd nach dem Reiten über den Rücken geworfen. Als ich zur Seite blickte und den dunklen Schatten auf meiner Schulter registrierte, legte ich eine sehr eigenwillige Choreografie hin. Irgendwas zwischen Zumba und Ausdruckstanz. Auf der Stallgasse. Und nein, ich war dort nicht allein. Die Erzählung einer Freundin, der eine riesige Spinne erst beim Duschen nach der Stallarbeit aus den Haaren fiel, ist und bleibt für mich die bislang schlimmste Vorstellung. Auf der Horror-Panik-Skala: eine glatte Zehn. Mit Sternchen.

Wenn man das Ganze mal rational betrachtet, ist meine Angst eigentlich ziemlich unsinnig. Spinnen, die für den Menschen gefährlich sind, gibt es in Deutschland meines Wissens nicht. Ein Pferd hingegen könnte einen recht schnell relativ schwer verletzen. Trotzdem knallt in meinem Kopf direkt was durch, wenn mir eine Spinne zu nah kommt und ich nicht darauf vorbereitet bin. Acht Beine sind einfach vier zu viel.

Aber ich arbeite an mir. Erst gestern habe ich eine zugegebenermaßen eher kleine Spinne mit bloßen Händen nach draußen getragen. Ein paar Wochen zuvor habe ich all meinen Mut zusammengenommen und ein etwas größeres Exemplar mit Glas und Postkarte aus der Wohnung geleitet. Und mit Spindolin, der kleinen schwarzen Spinne in meiner Küche habe ich den Deal, dass sie dort überwintern darf – solange sie sich ruhig verhält. Dass sie einen Namen hat, macht es tatsächlich ein bisschen besser. Ob mich das heilen wird? Ich bezweifle es. Aber es ist ein Anfang.

Die Kolumne ist in unserer November-Ausgabe 2021 erschienen. Das Heft können Sie hier versandkostenfrei bestellen.