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Leseprobe: Fragen aus dem Reiterleben

Was tun mit alten Pferden?

In unserer Serie "Fragen aus dem Reiterleben" beschäftigen wir uns mit Themen, die uns Reiter bewegen. Dieses Mal schreibt Chefredakteurin Sarah Schnieder über alternde Pferde. Was tun mit alten Pferden?

Manche Pferde begleiten uns über Jahre, werden mit uns erwachsen und sind echte Wegbegleiter.

Was, schon wieder ein Jahr um? Ja, wir werden täglich älter und manchmal erschreckt es uns, wie schnell die Zeit vergeht. Eltern sagen oft, sie sähen dies an ihren Kindern. Reiter haben einen weiteren Indikator für den unaufhaltsamen Wandel: ihre Pferde.

Sie verändern sich im Laufe ihres Pferdelebens nicht nur optisch. Auch sie werden von einem quirligen Jungspund zu einer ausgereiften Persönlichkeit. Und plötzlich sind sie erwachsen. Eine Entwicklung, die ihre Reiter miterleben, wenn der gemeinsame Lebensweg lang genug ist. Man wächst so intensiv zusammen, dass einem die kleinen Ticks und Besonderheiten, die sicherlich jedes Pferd irgendwo hat – wir Menschen schließlich auch –, irgendwann nicht mehr die Haare zu Berge stehen lassen. Plötzlich stellen wir fest, dass wir sie lieben gelernt und akzeptiert haben und dass wir mit einem „So ist er halt“ jeden Kommentar von fremder Seite weglachen. Jahre zuvor haben uns die Ticks noch schlaflose Nächte bereitet. Wann war das noch mal? Wir können uns kaum erinnern.

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Der Zeitpunkt für die Pferderente

Und dann kommt der Moment, an dem wir feststellen, dass unsere Pferde alt geworden sind. Kleine Wehwehchen – wenn es gut läuft und es keine größeren sind – häufen sich. Wir reiten immer seltener. Stattdessen stellen wir uns so langsam die Frage, ob es nicht Zeit für die Pferderente ist. Und was dann?

Ich kenne viele Reiter, die diesen Zeitpunkt umgehen, indem sie junge Pferde kaufen, reiten und spätestens wieder verkaufen, wenn die Tiere das Alter von zehn Jahren erreicht haben. Sie vermeiden es, zu eng mit ihnen zusammenzuwachsen. „Ich möchte nicht zusehen, wie mein Pferd immer mehr altert und gebrechlich wird“, sagte mir einmal eine Bekannte aus dem Reitstall. Eine Einstellung, die man sicherlich akzeptieren muss, die ich selbst so allerdings nicht teile. Warum? Weil ich von meinem Platz an meinem Laptop in diesem Moment auf die Pferdeweide schaue, wo mein mittlerweile 28 Jahre alter Welshpony-Hengst grast. Er hat kaum noch Zähne und die Grasbüschel fallen ihm regelmäßig aus dem Maul. Er ist längst nicht mehr so muskulös wie vor Jahren und wenn er ein Mensch wäre, würde er ein niedlicher Opa sein, der mit seinem Rollator durch die Welt zieht. Noch recht rüstig und im Reinen mit seinen altersbedingten Handicaps.

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Eine lange, reitfreie Zeit

Seit etwa vier Jahren kann ich ihn nicht mehr reiten. Zuvor waren es einige Jahre nur noch gelegentliche Schritt-Ausritte. Es ist fraglos ein Privileg, ein weiteres, jüngeres Pferd zum Reiten zu haben. Doch auch wenn dem nicht so wäre, würde ich die Zeit mit ihm nicht dagegen eintauschen wollen. Ist es nicht schön, ein Pferd altern zu sehen? Er war zwei Jahre alt, als er zu mir kam. Damit ist er mehr als mein halbes Leben schon bei mir. Ich bin mit ihm erwachsen geworden und freue mich heute noch, wenn frühere Reiterkollegen an seiner Weide vorbeigehen und sagen: „Deinen Hengsti, den hab ich sofort erkannt.“

Wie geht es Ihnen bei dem Gedanken, Ihr Pferd auch im Rentenalter noch zu pflegen? Nur noch putzen, nur noch führen, ganz viel streicheln und noch mehr füttern. Das klingt nach einer langen, reitfreien Zeit, die für den einen entspannend ist und für den anderen frustrierend. Mentaltrainerin Regina Horn-Karla sagte in einem unserer Artikel einmal, dass es für alles eine Lösung gebe und man sich niemals in eine Position drängen lassen dürfe. Sprich: Wer gerne reiten möchte, sollte sich eine Möglichkeit suchen. Und es gibt Pferdefreunde, die sich mit voller Energie gerne um das Rentnerpferd kümmern, wenn bei einem selbst die Zeit knapp ist. Denn für alles gibt es eine Zeit.