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WM Herning 2022

Pflegerin Steffi Wiegard: „Irgendwas ist immer“

Steffi Wiegard begleitet Isabell Werth seit zehn Jahren zu Turnieren. Mit uns hat sie über Glücksbringer und gelebte Nachhaltigkeit im Stall Werth gesprochen. Außerdem erfahren wir, warum sie von Isabell Werths Prüfungen einen persönlichen Live-Ticker braucht und von wem Bella Rose tragend ist. Ein Interview.

Steffi Wiegard ist die Pflegerin von Isabell Werths Pferden. Sie kennt die Besonderheiten im Stall Werth so gut wie sonst niemand.

Du begleitest Isabell Werth schon seit zehn Jahren zu Turnieren. Kannst du sie in drei Worten beschreiben?

Puh, das ist schwer. Drei Worte, das ist wirklich schwer. Sie ist immer fürs Pferd, sie immer für mich als Pflegerin und es ist unfassbar, was sie immer wieder herauszaubert.

Sie wurde als Königin der Dressur von der neuen Weltmeisterin Charlotte Fry bezeichnet.

Das ist sie auch. Ich bin immer wieder begeistert, was sie für Prüfungen mit den Pferden zelebriert. Das ist unfassbar. Es ist Wahnsinn, was sie im Viereck abliefert.

Ursprünglich war es geplant, dass ich sie bis Rio de Janeiro 2016 begleite. Und dann haben wir gesagt, noch einmal und noch einmal und .. wie es eben so ist. Ich habe immer noch viel Spaß und ich freue mich jeden Tag.

Was darfst du auf keinen Fall vergessen?

Oh Gott, mir ist schon alles passiert. Ich habe schon den falschen Sattel mitgenommen, ich habe schon den Zylinder im LKW vergessen, da musste ich wirklich rennen in Paris beim Weltcup. Irgendwas ist immer. Da werden wir dann kurzzeitig hektisch.

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Kann man Isabell Werth mit irgendwas aus der Ruhe bringen?

Nein. Wenn ich schon manchmal ein wenig nervös werde, weil wir gleich ins Viereck müssen und die Gamaschen noch dran sind, bleibt sie immer noch ruhig. Sie hat Nerven aus Stahl. Außerdem macht sie aus, dass sie sich so sehr für andere freuen kann. Mit Benni hat sie dermaßen mitgefiebert und Charlotte Fry hat sie beim Einritt einfach ein High-Five gegeben. Das war magisch.

Isabell Werth zeichnet in meinen Augen aus, dass sie so sehr im Moment ist.

Das trifft es. Das bewundern viele, dass sie das so kann. Wir sind manchmal in Gedanken woanders, aber sie ist da einfach fokussiert. Sowohl in der Prüfung, als auch in Gesprächen. Sie ist einfach präsent.

Was ist euch vor dem Start wichtig?

Die Ruhe. Es sollten nicht so viele Menschen Drumherum sein. Ich habe meine Glücksarmbänder und flechte bestimmt ein. Die Anzahl der Zöpfe ist egal, aber wenn ich einnähe, fange ich beim vierten Zopf von unten an. So ein Quatsch, aber es gibt mir ein gutes Gefühl. Außerdem nutze ich bestimmte Unterleger. Quantaz hat den von Bella Rose am Nasenriemen. Isabell hat ihr wichtiges Plastron. Mir sind noch bestimmte Gamaschen beim Abreiten wichtig. Man ist schon ein wenig verrückt.

Hat sich das über die Jahre gesteigert?

Ja (lacht). Und es reicht auch langsam, sonst werde ich irgendwann wirklich hektisch. Die Glücksbringer haben sich echt angesammelt. Den Unterleger hat Bella in Tokio getragen. Nun ist er etwas ausgefranst, aber er muss noch herhalten. Auch die Kandare von Quantaz ist ein gut gepflegtes Stück. Erst hatte Johnny sie, dann Bella, nun Quantaz. Für Außenstehende mag es komisch sein, für uns ist es wichtig.

Ich würde es nachhaltig nennen.

Ja, sehr gut! Das trifft auch auf die Stiefel zu. Jene waren schon vor meiner Zeit aktiv. Sie sind fast durch, aber passen immer noch und werden fürs Championat genutzt.

Steffi Wiegaard kümmert sich um die Pferde von Isabell Werth. "Wir sind wie ein altes Ehepaar", lacht sie.

Wie sieht Quantaz Wohlfühlprogramm aus?

Er bekommt sein Mash morgens und schlabbert dann wirklich herum. Wenn es möglich ist, gehe ich mit im Grasen – das ist hier super gelöst. Da kann er ausspannen, dann haben wir eine Physiotherapeutin für die Pferde hier und zwischendurch natürlich auch Pause, um ausspannen zu können. Er ist wirklich unkompliziert, frisst immer und lässt sich gut fahren.

Wie sehr fieberst du mit, wenn Isabell reitet?

Sehr, ich kann nicht zuschauen. Auf so großen Turnieren wie hier, spicke ich mal Richtung Bildschirm, aber mehr geht nicht. Ich habe zwei, drei Freundinnen, die mir immer schreiben, wie es läuft. Es ist wie ein Live-Ticker, aber direkt zuschauen kann ich nicht! Ich schaue den Ritt gern im Nachgang. Da legt Isabell auch Wert drauf, sie fragt mich, wie ich die Prüfung fand. Ich kenne das Pferd einfach schon viele Jahre, dadurch habe ich einen anderen Blick.

Alles dreht sich in diesen Tagen um Quantaz. Steffi Wiegard schaut Tag und Nacht, dass es dem Hengst gut geht.

Inwiefern hat Quantaz euch hier überrascht?

Die Saison lief nicht ganz nach unserem Plan. Quantaz hatte kurz vor der WM noch eine ganz bewusste Pause und das hat ihm unheimlich gut getan. Hier gibt er wirklich alles für Isabell. Im Special war er unfassbar. Wir sind wirklich happy mit ihm.

Du hast nun schon einige Pferde mit Isabell begleitet. Hast du einen besonderen Liebling?

Johnny. Er (Anm. d. Red.: Don Johnson) war das erste Pferd, das ich begleitet habe und er ist nicht immer so einfach gewesen, an ihm hänge ich und das bleibt so. Johnny hat seinen Charakter, auch im Umgang, musste man ihn kennen. Aber er genoss es so sehr, auf dem Turnier die volle Aufmerksamkeit zu haben. Nun ist er mit seinen Kumpels auf der Weide. Bella wird bald dazustoßen. Sie wird abtrainiert. Aber ist noch nicht so ganz auf ganztägig Weide eingestellt. Sie ist fit wie ein Turnschuh. Aber nun wird sie erst einmal Mama. Sie ist tragend von Valdiviani.

Du hast schon viele Championate mitgemacht. Was ist hier besonders?

Die Boxen sind sehr schön groß, die Fläche zum Grasen ist riesig, der Weg zum LKW kurz. Hier haben sich sehr viele Menschen, die richtigen Gedanken gemacht. Auch für uns Pfleger. Außerdem ist es so, dass der Zusammenhalt unter allen Pflegern wirklich fantastisch ist. Es ist immer jemand da, der einem hilft, wenn man mal schnell eine dritte Hand braucht. Das ist toll. Es macht wirklich Spaß hier zu sein.

Viel Spaß noch bei der WM und dir persönlich gute Nerven bei der Kür.

Danke!