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Interview mit Max Kühner: „Unser Sport hat mehr von einem Teamsport als von einem Einzelsport“

Am kommenden Wochenende findet in den Brabanthallen von ’s-Hertogenbosch die Dutch Masters statt. Seit 2019 erstmals wieder mit Zuschauern. Der letztjährige Gewinner des Rolex Grand Prix, Max Kühner, tritt ebenfalls wieder an. Im Interview spricht er über Erfolgsdruck, Turnieratmosphäre mit Zuschauern und die Rolle seines Teams.

Max Kühner und Elektric Blue P beim Sprung zum Sieg im Rolex Grand Prix von ’s-Hertogenbosch 2021. Damals waren die Tribünen leer, in diesem Jahr ändert sich das.

’s-Hertogenbosch/NED – Der für Österreich startende Bajuware, Max Kühner, fährt als Vorjahressieger des Rolex Grand Prix ins niederländische ’s-Hertogenbosch. Mit dabei hat er ein starkes Pferdeteam, darunter auch sein Siegerpferd aus dem vergangenen Jahr, Elektric Blue P. Womöglich sitzt er bei der Hauptprüfung aber auch im Sattel von Eic Coriolis Des Isles, wie er in diesem Interview verrät.

Sie kehren als Rolex Grand Prix-Champion nach ’s-Hertogenbosch zurück. Haben Sie das Gefühl, deswegen mehr unter Druck zu stehen?

Nein, nicht wirklich. Natürlich ist mir ist jetzt bewusst, dass ein Sieg möglich ist, aber da ich wahrscheinlich mit einem anderen Pferd starten werde, stehe ich weniger unter Druck, als wenn ich Elektric Blue P reiten würde. In unserem Sport ist es jedes Mal wieder etwas völlig anderes, wenn man in den Parcours einreitet, deshalb empfinde ich auch weniger Druck.

Welche Pferde werden Sie mitbringen und auf welchem werden Sie beim Rolex Grand Prix antreten?

Beim Rolex Grand Prix werde ich entweder Eic Coriolis des Isles oder Elektric Blue P reiten. Mit Eic Coriolis des Isles war ich in Vejer de la Frontera und er ist im Augenblick hervorragend in Form. Außerdem bringe ich noch zwei jüngere Pferde mit zu den Dutch Masters. Ich nehme immer gerne die weniger erfahrenen Pferde mit, damit sie mal ein Turnier in einer solchen Atmosphäre kennenlernen können – das ist ein wichtiger Teil ihrer Ausbildung.

Bereiten Sie sich auf ein Hallenturnier anders vor als auf ein Außenturnier? Und worin besteht der größte Unterschied?

Ich finde, das kommt immer ganz auf das Pferd an. Manche Pferde brauchen etwas mehr Training, bevor sie in einem Hallenturnier antreten können. Das Wichtigste bei einem Hallenturnier ist, dass die Pferde souverän sind, vor allem, weil sie ganz nah an den Fans über die Hindernisse springen müssen und die Hindernisse auch viel dichter aufeinanderfolgen als bei einem Freilandturnier. Außerdem müssen sie damit vertraut sein, große Oxer in den Ecken zu springen. Deshalb lege ich zu Hause gern ganz gezielte Trainingseinheiten in den Ecken ein. Wir haben eine kleine Reithalle, in der wir die Pferde auf Hallenturniere vorbereiten.

Bei den Dutch Masters sitzen die Zuschauer sehr nah am Parcours. Hat das Einfluss auf die Pferde oder macht es Sie selbst nervöser?

Ich glaube, auch hier kommt es auf das Pferd an. Allerdings sind die Pferde, die wir normalerweise auf den großen Turnieren und im Rolex Grand Prix reiten, an die Nähe zu den Fans gewöhnt. Meiner Meinung nach ist die Atmosphäre, die durch das Publikum entsteht, etwas ganz Besonderes und ich glaube, das spüren die Pferde. Ich sage immer, wenn ein großes Publikum hinter einem steht, verleiht das dem Pferd Flügel.

Wie wichtig ist Ihr Team zu Hause für Ihren Erfolg?

Mein Team ist unglaublich wichtig. Es ist ein entscheidender Faktor für mich, dass ich für jedes meiner Pferde einen ausgeklügelten Plan habe. Ich plane die Entwicklung eines Pferdes über einen langen Zeitraum von mehreren Jahren, nicht nur jeweils von einem Turnier zum nächsten. Ohne ein großartiges Team wäre das unmöglich. Jeder ist in diese Planung mit einbezogen, von den Bereitern über den Hufschmied bis hin zu den Pflegern. Wir überlegen uns, was wir bei jedem Pferd verbessern möchten und wie wir als Team am besten vorgehen, um das zu erreichen.

Ich sage immer, dass unser Sport mehr von einem Teamsport als von einem Einzelsport hat, denn ohne das Team wäre ich nicht in der Lage, überhaupt irgendetwas zu erreichen. Die Bereiter übernehmen den Großteil des Trainings der Pferde, weil ich so viel auf Turnieren unterwegs bin. Vor den Dutch Masters zum Beispiel reite ich die Pferde, die ich mitnehme, erst an dem Sonntag vor unserer Abreise. Ich kann dann keine großen Änderungen mehr vornehmen, deshalb müssen die Pferde perfekt trainiert und auf ’s-Hertogenbosch vorbereitet sein.

Welche Eigenschaften sind Ihnen bei einem Bereiter wichtig?

Wir sind immer auf der Suche nach guten Leuten. Sie müssen eine gute Grundeinstellung haben, für diesen Job leben und ihr erster Gedanke beim Aufwachen und der letzte vor dem Einschlafen muss den Pferden gelten. Ich habe gelernt, dass es nicht wichtig ist, wie viel Erfahrung jemand besitzt, wenn er oder sie anfängt. Denn solange man aufrichtiges Interesse an dieser Arbeit hat, lernt man schnell und wächst an seinen Aufgaben. Das liegt daran, dass es für diese Menschen nicht einfach nur ein Job, sondern ihre Leidenschaft ist.

Welches der vier Majors des Rolex Grand Slam of Show Jumping ist Ihr Favorit und wieso?

Ich mag jedes einzelne – sie sind alle auf ihre eigene Art etwas ganz Besonderes. Man kann sie nicht wirklich miteinander vergleichen, nicht einmal den CHIO Aachen mit dem CSIO Spruce Meadows ‘Masters’. Natürlich finden beide auf großen Rasenplätzen statt, aber der Parcoursaufbau und die Hindernisgestaltung unterscheiden sich völlig.

Eine Sache haben aber alle Majors gemeinsam: Es sind die schwierigsten Parcours der Welt. Sie sind die anspruchsvollsten Prüfungen und deswegen gibt es dort auch die höchsten Preisgelder in diesem Sport – es sind die Turniere, die jeder Reiter unbedingt gewinnen will. Bei jedem einzelnen Major sind mehr Spitzenreiter vertreten als bei den Olympischen Spielen – es ist schon etwas ganz Besonderes, daran teilzuhaben.

Motiviert Sie die Herausforderung, gegen die besten Reiter der Welt anzutreten?

Absolut. Man lernt so viel, wenn man gegen die besten Reiter der Welt antritt. Ihnen einfach nur beim Warm-up zuzusehen, ist schon sehr inspirierend und motivierend.

Welche Pferd- und Reiterpaare betrachten Sie als Ihre größten Konkurrenten bei den Dutch Masters?

Das ist eine schwierige Frage, weil so viele fantastische Teams dabei sind, aber ich glaube, Martin Fuchs und Chaplin werden in Bestform sein. Sie haben gemeinsam den World Cup in Lyon gewonnen und ich glaube, Martin hat Chaplin für diesen Wettkampf geschont, deswegen werden die beiden bestimmt nur sehr schwer zu schlagen sein. Er hat ein großartiges Team und weiß, wie man bei diesen wichtigen Veranstaltungen Bestleistungen bringt.

Der Sport hat sich in den letzten 15 Jahren so stark verändert. Früher fielen einem nur ungefähr drei Pferd- und Reiterpaare ein, denen man den Sieg zugetraut hat – jetzt gibt es ungefähr zwanzig, die den Rolex Grand Prix bei den Dutch Masters gewinnen könnten.

Haben Sie eigentlich auch mal Freizeit? Und wenn ja, wie verbringen Sie sie am liebsten?

Wenn möglich, mit meiner Familie. Ich habe drei Kinder und verbringe unheimlich gerne Zeit mit ihnen. Wenn ich mal etwas länger frei habe, treibe ich gerne Sport. Das finde ich sehr befriedigend.

Dieses Interview wurde vom Team des Rolex Grand Slam aufgezeichnet.