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Leseprobe: Mein Meister

Ingrid Klimkes Erinnerungen an ihren Lehrmeister Pinot

Für unser Fokusthema in der März-Ausgabe haben wir fünf Reiter und Ausbilder nach ihren Lehrmeistern gefragt, nach den Pferden, die sie besonders geprägt haben. Reitmeisterin Ingrid Klimke hatte viele solcher Pferde und erzählte uns von einem: Pinot.

Erinnerungsstücke an ein ganz besonderes Pferd im Leben von Ingrid Klimke: der Trakehner Pinot. „Bei ihm habe ich mein Urvertrauen zu den Pferden gefunden.“

Pinot war mein erstes Großpferd. Er stand in Beritt bei Ralf Isselhorst, der bei meinem Vater angestellt war. Er hatte wie meine Eltern einen Stalltrakt auf der Reitanlage des Vereins St. Georg Münster hatte. Pinot war ein kleiner Trakehnerhengst mit einem unglaublich hübschen Gesicht und großem Kullerauge. Er war überhaupt nicht hengstig, hatte einen so liebenswerten Charakter. Ich war von Anfang an verliebt in Pinot. Ich war 14 oder 15 Jahre alt, als ich eines Tages die Chance bekam, ihn beim Mannschaftswettkampf in der Halle Münsterland zu reiten.

Die Ansage war: Wenn du ihn durchs Genick kriegst.Da habe ich alles gegeben. Ich habe mir so sehr gewünscht, dass mir mein Vater Pinot kauft, aber er sagte, der ist zu teuer. Der hat keinen Gang, der ist nicht gut genug. Der Haussegen hing bei uns deswegen ganz lange schief. Ich habe versucht, Pinot alleine zu kaufen. Ich habe all meine Verwandten mobilisiert, etwas Geld beizusteuern, damit ich Pinot kaufen konnte. Dann hatte ich einen schweren Unfall. Papa ritt auf dem Viereck und ich ließ gerade einen Dreijährigen grasen. Der erschrak, schlug aus und traf mich am Kinn. Ich war bewusstlos, ein Arzt bei uns am Stall sah das zufällig und kam zu mir. Ich muss in meiner Bewusstlosigkeit wirres Zeug gefaselt haben – von Pinot. Und dann hat wohl mein Vater gesagt: Wenn sie wieder aufwacht, kauf‘ ich als erstes diesen Trakehner. Dann ist hier wieder Ruhe.Ich wachte im Krankenhaus wieder auf. An meinem Bett saß Mutti und erzählte mir, dass Pinot im Stall auf mich warten würde. Mein Kiefer war gebrochen, meine Zähne halbiert, ich hatte noch einige lange Zahnarztsitzungen, aber ich war so glücklich, dass ich jetzt Pinot hatte.

Hiltrud Mohrmann hat mir damals geholfen, Pinot auszubilden. Ich konnte Pinot blind vertrauen. Man konnte alles mit ihm machen. Was wir heute Horsemanship nennen, haben wir damals auch schon gemacht. Er konnte auf Kommando steigen, ich bin ohne Sattel mit ihm ausgeritten, er ist mir hinterhergelaufen wie ein Hund. Mit ihm habe ich dieses Urvertrauen zu den Pferden gefunden. Er war so gutmütig und hat alles mitgemacht, war schlau, hat viel gelernt, er war sehr fein und schön zu reiten. Für mich war es immer so selbstverständlich, dass er für mich durchs Feuer ging. Er war mein Herzenspferd. Wenn ich Pinot nicht gehabt hätte, weiß ich gar nicht, was aus mir geworden wäre.

In unserem Fokusthema
Mein Meister" geht es um genau diese Pferde, die uns und unser Reiterleben prägen. Reiter und Ausbilder erzählen von ihren Herzenspferden und Lehrmeistern. Die März-Ausgabe können Sie hier versandkostenfrei bestellen.