Zum Inhalt springen

Drücken Sie Öffnen / Eingabe / Enter / Return um die Suche zu starten

Dorothee Schneider über Showtime: „Er ist einfach ein Schätzchen!“

2019 war Showtime FRH das Reiter Revue-Pferd des Jahres. Wir haben den Titelträger damals zu Hause besucht und mit seiner Reiterin Dorothee Schneider über den sensiblen Supersportler gesprochen. Zu Showtimes Abschied ein Beitrag aus unserem Archiv!

Dorothee Schneider und ihr Showtime: Liebe auf den ersten Blick.

Dieser Beitrag wurde erstmals im Juli 2020 veröffentlicht und nicht nochmals überarbeitet:

Warum ist Showtime völlig zurecht Pferd des Jahres 2019 geworden?

Er verkörpert so eine besondere Mischung aus Leistungsbereitschaft und Freundlichkeit. Er ist ein Leistungssportler mit einer unwahrscheinlich positiven Einstellung zur Arbeit und dabei im Umgang immer – wirklich immer – lieb. Er ist ein eher zurückhaltendes Pferd ohne Allüren. Diesen Ehrgeiz, den er hat, und diese Art sich zu bewegen, in Kombination mit einem vorbildlichen Charakter – das ist schon sehr besonders. Und er ist auch nach der längeren Verletzungspause so toll zurückgekommen! (Nach fast einjähriger Verletzungspause kam Showtime im vergangenen Jahr zurück in den Topsport, Anm. d. Red.) Daher hat er den Titel voll und ganz verdient!

Wie verbringt er seine turnierfreie Zeit?

Meist reite ich ihn morgens. Vorher geht er seine Schrittrunde im Gelände oder wird geführt und dann gymnastiziere ich ihn ein bisschen. Er ist kein Pferd, das täglich Lektionen abgefragt bekommt. Ich lege generell großen Wert auf Gymnastizierung. Und die Lektionen kann er, sodass ich jetzt in der turnierfreien Zeit versuche, ihn bei Kraft und Kondition, eben frisch zu halten. Er soll Spaß haben an dem, was wir tun. Und das hat er offensichtlich. Er ist ein sehr motiviertes Pferd. Nachmittags hat er dann nochmal Weide- beziehungsweise Paddock-Zeit und zusätzlich wird er nochmal eine halbe Stunde geführt. Ich versuche, ihn dreimal am Tag rauszuhaben. Aber nicht, weil er so viel arbeiten muss, sondern weil ich einfach möchte, dass er einen mentalen Ausgleich hat. Dass er sich in seiner Haut wohlfühlt und das auch so nach außen trägt. Er ist einfach ein Schätzchen. Er ist so dankbar für alles, was man mit ihm macht. Hat er auch das ein oder andere Corona-Pfündchen zulegt? Er neigt in der turnierfreien Zeit, in der er nicht so viel arbeitet, schon dazu, ein kleines Bäuchlein zu bekommen. Das hatte er aber immer schon. Er hat einfach eine runde Rippe. So versuche ich mich immer rauszureden (lacht). Ja, und er frisst auch einfach gerne, das gebe ich zu. Ich muss schon ein bisschen aufpassen, dass er nicht zu viel Bäuchlein ansetzt.

Was ist sein nächstes großes Ziel? Die Olympischen Spiele?

Erst mal ist unser großes Ziel, dass wir gesund bleiben. Und dann wäre es natürlich eine tolle Sache, wenn wir zu den nächsten Olympischen Spielen weiterhin fit sind. Er ist gut drauf, er ist motiviert und er ist, glaub‘ ich, bereit, das nochmal in Angriff zu nehmen. Und ich bin es auch! Es ist schon unser großes Ziel, dass wir 2021 nochmal versuchen, uns fürs deutsche Team zu qualifizieren.

Sie wollen mehr Geschichten über Pferde-Promis lesen? Dann legen wir Ihnen unser Abo ans Herz. Schon in der Februar-Ausgabe stellen wir Ihnen die Nominierten für die Wahl zum Reiter Revue-Pferd des Jahres 2022 vor.

Welche ist seine Lieblingslektion?

Er geht unwahrscheinlich gerne seitwärts und Passage, das sind einfach seine Highlights. Dabei hat er auch so viel Eleganz und Fitness und einfach viel Spaß daran. Man sieht, glaube ich, auch, dass er unwahrscheinlich engagiert ist. Für unsere Fotos haben Sie ihn mit Möhren bestochen. Ich habe aber auch gehört, dass ihm eine Banane versprochen wurde. Ist das seine Leibspeise? Ja, deswegen hängt ja auch diese Stoff-Banane an seiner Box. Er liebt Bananen, und zwar seit Rio (in Rio de Janeiro fanden 2016 die Olympischen Spiele statt, Anm. d. Red.) Da gab‘s immer viele Bananen. Er fängt auch immer schon vorher an zu schmatzen, bevor man überhaupt mit der Banane bei ihm ist. Gibt es denn auch etwas, das er überhaupt nicht leiden kann? Stress. Viel Unruhe. Und bewegte Bilder, also Fernseher. Auf den Championaten gibt es überall Bildschirme, auf denen bewegte Bilder laufen. Da hat er ein bisschen „Manschetten“ vor. Aber das ist alles regelbar. Ansonsten gibt’s bei diesem Pferd nichts, bei dem er nicht mitmachen würde. Wenn er so aus der Box schaut, wirkt er unheimlich positiv. Ja, das ist er auch. Immer so nach dem Motto: „Was machen wir jetzt? Können wir was unternehmen? Gibt’s jetzt ‘ne Banane?“ Das ist wirklich schön.

Dorothee Schneider und Showtime in ihrer Heimat Framersheim.

Gibt es einen Promi, mit dem man ihn vergleichen könnte?

Ich würde das ein bisschen differenzieren. In der Grazie und der Präzision würde ich ihn mit einem Kunstturner vergleichen, zum Beispiel mit Fabian Hambüchen. In der Kraftentwicklung vielleicht mit einem Gewichtheber – weil er hat wirklich Kraft, er übersetzt unwahrscheinlich. Und das Sportlerherz und diese wirklich liebe Art mit Dirk Nowitzki. Er ist einfach ein super Leistungssportler, der mit ganz viel Herz dabei ist und jemand, der sich hochgearbeitet hat. So wie Showtime auch. An Showtime haben anfangs auch nicht alle geglaubt. Heute hat er es in die Weltspitze geschafft.

Wie hat er sich im Laufe der Jahre entwickelt?

Er war von Anfang an eher ein zurückhaltendes Pferd, das immer erst einmal abgewartet hat. Nicht, was die Bewegung angeht, sondern im Umgang. Mit den Menschen und mit der Situation. Er hat sich erst einmal einen Überblick verschafft und war ein bisschen schüchtern unterwegs. Über die Jahre ist er aber doch zum Prinzen herangewachsen. Er hat einfach verstanden, was er kann und das trägt er jetzt nach außen. Er hat sehr an Selbstbewusstsein gewonnen, ohne dabei arrogant zu werden. Schön, wenn das gelingt. Er ist mit allen vier Füßen auf dem Boden der Tatsachen geblieben, nicht abgehoben und doch so leichtfüßig. Das trifft es ziemlich gut (lacht).

Also fühlt er sich heute auch als Star, wenn er das Viereck betritt? Oder kommt doch noch manchmal das alte Hasenherz durch?

Als Jungpferd, so fünf-, sechs-, siebenjährig war er schon noch ein bisschen das Hasenherz. Das hat man auch in Frankfurt (beim Finale des Nürnberger Burg-Pokals, Anm. d. Red.) gesehen. Die Einlaufprüfung hat er noch gewonnen und als die Halle voll war, hat er sich ein bisschen hinter mir versteckt. Aber er ist unwahrscheinlich selbstsicher geworden, auch in der Prüfung. Das Pferd hat einfach gemerkt, dass er es mit mir zusammen kann. Und das gibt ihm die Selbstsicherheit, sich auch entsprechend toll zu präsentieren.

Was muss – außer vielen Bananen – unbedingt mit ins Turnier-Reisegepäck?

Showi ist ein sehr genügsames Pferd. Aber er möchte doch bespaßt werden. Daher Halfter und Strick zum Grasen gehen. Das ist für ihn eine gute Möglichkeit, um zu chillen, sich ein bisschen fallenzulassen und runterzufahren. Das ist wichtig für ihn. Und klar, die Bananen. Die dürfen einfach nicht fehlen. Er ist schon ein bisschen eingeschnappt, wenn die nicht dabei sind.

Showtime und Dorothee Schneider.

Welcher war der bisher schönste Moment mit ihm?

Das Comeback in Aachen. Klar, Rio auch – mit einem zehnjährigen Pferd, besonders wenn man es selbst ausgebildet hat. Es ist immer spektakulär für Deutschland zu Olympia zu fahren. Und da hat er auch wirklich abgeliefert. Aber diese Art sich zu präsentieren, 2019 in Aachen, nach so langer Pause – das war schon Gänsehaut-Feeling. Extremes Gänsehaut-Feeling! Allein beim Zuschauen ja schon. Und wenn man dann noch selbst im Sattel sitzt … Ja, da habe ich mich wirklich gefragt: Ist das alles jetzt wahr? Wenn er auf kleinste Hilfen reagiert und mir zuhört und all seine Qualität und seine Leistungsbereitschaft mitbringt, ohne dass man ihn groß überreden muss – das ist einfach so eine besondere Situation gewesen. Auch, weil wahrscheinlich viele nicht mehr an ihn geglaubt haben. Und dann so abzuliefern, mit solch einer Leichtigkeit. Es ist einfach ein tolles Gefühl, wenn ein Pferd einem so vertraut und Spaß daran hat, was wir gemeinsam tun.

Gibt es denn auch Rituale, auf die er größten Wert legt?

Wenn er zurückkommt in seine Box, muss er zuerst zur Tränke gehen. Und davon möchte er auch nicht abgehalten werden. Und er bekommt immer vor dem Kandare draufmachen einen Apfel. Das ist schon ein Ritual, darauf wartet er. Und ich mache jeden Abend noch einen Rundgang. Das weiß er und guckt immer schon, wo ich bleibe.

Um sich noch eine Streicheleinheit abzuholen?

Ja, genau. Und gegebenenfalls noch eine Möhre oder Banane (lacht).

Wo wird er denn am liebsten gekrault?

Absolut hinter dem linken Ohr – das ist so witzig. Auch auf dem Turnier, wenn er ein bisschen runterfahren will, stellt er sich an die Tür und streckt einem sein Ohr hin. Und wenn man ihn dort krault, entspannt er völlig und genießt es einfach. Dann geht der Kopf runter und er schließt die Augen. Das liebt er einfach. Er scheint also selbst zu wissen, was ihm guttut. Ja, das ist wirklich erstaunlich. Dieses Pferd hat auch eine unwahrscheinliche Mimik. Ich kenne ihn ja schon seit er drei ist und sehe immer, was grad gefragt ist bei ihm.

Hat er noch mehr best buddies?

Bis vor Kurzem war das auf jeden Fall mein Turnierpfleger Steffen Preusche, der nun leider den Job nicht mehr machen kann. Er hat sich in den vergangenen drei Jahren sehr um Showi gekümmert und ihn betüddelt. Aber Joana (Rathjens, Anm. d. Red.) ist Showis größter Schatz. Sie kennt ihn seit er fünf ist. Kennengelernt haben wir uns auf der WM der jungen Dressurpferde in Verden. Da war sie Volunteer und hat ihre Hilfe angeboten. Heute haben die zwei ein ganz besonderes Verhältnis. Wenn sie um die Ecke kommt, strahlt er. Und das ist schön zu sehen. Bei mir strahlt er natürlich auch (lacht) – aber er freut sich einfach, wenn sie da ist. Die beiden mögen sich und sie weiß genau, wie er „tickt“. Sie reist auch viel, um immer dabei zu sein und ihn zu betreuen. Man merkt einfach, dass da gegenseitig das Herz klopft.

Und wer ist sein bester Pferdekumpel?

Seine Boxennachbarn Faustus und Fohlenhof’s Rock’n’Rose, die findet er schon ganz klasse. Und ich glaub mit Sammy fährt er gerne zum Turnier. Die verstehen sich gut und reisen beide gerne.

Geht er lieber mit doppelt oder einfach gebrochenem Gebiss?

Showtime geht am liebsten mit einfach gebrochener Wassertrense. Und bei der Kandare hab‘ ich auch eine einfach gebrochene Unterlegtrense – nicht zu dünn, aber auch nicht zu dick, weil er ein relativ kleines Maul hat, und eine Babykandare, also eine mit kurzen Anzügen.

Und in der Box: Späne oder Stroh?

Späne – wegen der Figur (lacht). Er schlägt ja doch gern mal ein bisschen über die Stränge. Vor der Europameisterschaft in Rotterdam meinte Monica Theodorescu (Bundestrainerin der deutschen Dressurreiter, Anm. d. Red.): „Sieh‘ mal zu, dass er wieder ein bisschen abspeckt.“ Aber er ist einfach ein guter Futterverwerter. Und mit der Prüfungssituation auf den Turnieren nimmt er auch immer ein bisschen ab. Deswegen ist das schon okay. Und die runde Rippe, die hat er einfach. (lacht).

Gibt es noch eine witzige Geschichte über ihn?

Manchmal stupst er die Plüsch-Banane an seiner Box an, in der Hoffnung, dass er dann eine echte bekommt. Er verbindet das schon damit. Das ist wirklich witzig.

Vielen Dank für das Gespräch!