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Weltreiterspiele 2018

Para-Dressur: Von Routiniers und Debütanten

Woche Zwei bei den Weltreiterspielen in Tryon/USA beginnt mit den Para-Dressurreitern. Deutschland ist mit vier Reitern in drei Grades vertreten. Alle Reiter und Pferde sind gesund angekommen. Damit stehen die Chancen auf Titel gut, denn für Tryon haben alle vier ganz besondere Pläne.

Steffen Zeibig und Feel Good haben schon bei der EM in Göteborg 2017 Championatserfahrung und eine Bronze-Medaille sammeln könnnen.

Elke Philipp und Fürst Sinclair

Elke Philipp erkrankte mit 20 Jahren an einer Hirnhaut- und Kleinhirnentzündung, die Tiefensensibilitäts- und Koordinationsstörungen zur Folge hatte. Sportlich hielt das die 53-jährige nicht auf: Zunächst als Skifahrerin, wo sie im Para-Sport zweimal deutsche Meisterin wurde und seit 1992 auch im Pferdesattel. 2005 kaufte sich Elke Philipp ihr erstes eigenes Pferd und ist seitdem im Para-Dressursport unterwegs. Bei den Weltreiterspielen in Tryon startet sie als einzige deutsche Reiterin im Grade I. Ihre erste WM ist es nicht, schon 2014 ging sie in Caen/FRA an den Start. „Es ist ein schönes Gefühl, wieder dabei zu sein. Die Vorfreude steigt, je näher die Spiele kommen.“ Erklärt sie. Philipp, die bei den Europameisterschaften im vergangenen Jahr in Göteborg/SWE mit Einzelsilber und Kür-Bronze erfolgreichste deutsche Reiterin war, ist in Tryon mit gleich mit zwei Pferden nominiert, dem achtjährigen Oldenburger Hengst Fürst Sinclair von Fürstenball-Lord Sinclair III und Regaliz, einem elfjährigen Hannoveraner Wallach von Rubinero-Davignon I. Für die Weltreiterspiele hatte sie die Qual der Wahl: „Regaliz und ich sind wie ein altes Ehepaar, aber auch Fürst Sinclair macht immer einen guten Job. Beide geben immer 100 Prozent.“ Weil Regaliz jedoch nicht ganz fit ist, darf nun Fürst Sinclair sein Können zeigen. Philipp ist zuversichtlich das es klappt. „Er hat ein gutes Exterieur und tolle Anlagen, auch das Fliegen sollte für ihn kein Thema sein, er war mit mir schon in Doha/QAT und auch unser gesamtes Team macht einen guten Job.“ Für Philipp sind die Ziele klar, erklärt sie: „Der Wunsch nach einer Medaille ist ja immer da.“ Und Medaillen kennt sie. Neben zwei Bronze-Medaillen von den Weltreiterspielen in Caen hängt zu Hause auch eine olympische Mannschafts-Silbermedaille von 2016 aus Rio de Janeiro/BRA.

Regine Mispelkamp und Look at me now

Regine Mispelkamp ist das WM-Küken der deutschen Para-Dressurreiter. Sie ist zum ersten Mal bei einem internationalen Championat der Para-Dressurreiter mit von der Partie und startet für Deutschland im Grade V. Als Jugendliche ritt sie allerdings noch im Springsattel. Erfolge bis zur Klasse S und Teilnahmen an den westfälischen Junioren- und Junge-Reiter-Meisterschaften zieren die Erfolgsbilanz. Die an Multipler Sklerose erkrankte Reiterin startet erst seit einem Jahr in der Para-Dressur und reitet dazu noch parallel mit Regelsport. Reitsport ist für sie eine „Symbiose mit dem Pferd, bei der durch gutes Reiten die Stärken des Pferdes herausgearbeitet werden können.“ Gleich in ihrer ersten Saison bei den Para-Dressurreitern wurde sie dieses Jahr Deutsche Meisterin in ihrem Grade. Mispelkamp hat in Tryon ihren 13-jährigen Rheinländer Wallach Look at me now von Lord Nobel S-Solo Dancer xx dabei, der bereits fünfjährig von ihr gekauft wurde. „Look at me now kam zu uns in den Stall, weil ihn, ehrlich gesagt, kein anderer haben wollte. Er hat schon eine starke Persönlichkeit, manchmal ist er stur, manchmal sehr sensibel. Dieses Pferd braucht immer viel Abwechslung.“ Weil der Wallach so sensibel ist, hat Mispelkamp auch das Training umgestellt, erklärt sie: „Es ist eigentlich alles wie immer, aber ich passe meine Trainingszeiten an die Zeitverschiebung an, ich komme einfach früher zum Reiten.“ Auch sie hofft, in Tryon um die Medaillen mitreiten zu können.

Angelika Trabert und Diamond Shine

Fünf Teilnahmen an paraolympischen Spielen, fünf Starts bei Weltmeisterschaften und ebenso viele bei Europameisterschaften, das macht insgesamt 20 Medaillen für Dr. Angelika Trabert, die dritte deutsche Starterin in der Para-Dressur in Tryon. Die 51-jährige, die ohne Beine zur Welt kam, saß schon als Kind bei Hippotherapien auf dem Pferd. Und daran hat sich bis heute nicht viel geändert. „Beim Reiten hat man eine ganz besondere Freiheit und man kann Dinge tun, die man sonst vielleicht nicht tun würde, wenn die Prothesen an sind“, erklärt sie ihre Leidenschaft. Trabert sitzt in Tryon im Sattel des Westfalen Diamond’s Shine von Diamond Hit-Florestan I, den sie liebevoll Shinie nennt. Den achtjährigen Wallach, der ihr vom Hofgut Rosenau zur Verfügung gestellt wird, reitet sie erst seit einem Jahr. „Shinie ist definitiv eines der besten Pferde, dich ich jemals hatte. Er ist super für den Sport geeignet, hat einen festen Charakter und totales Vertrauen zum Menschen. Manchmal ist er ein wenig introvertiert oder guckt ein bisschen am Viereck, aber er bleibt immer bei mir.“ Die Reiterin, die im Grade III antritt, ist routiniert und weiß, wie man auf amerikanischen Boden gewinnt. Bei den Weltreiterspielen 2010 in Kentucky/USA gewann sie die Kür in ihrem Grade und die Silbermedaille mit dem Team. In Caen 2014 trat sie wegen einer Verletzung ihres Pferdes nicht an. Die Ziele für Tryon sind eindeutig, erklärt Trabert. „Wichtig ist, das wir erstmal alle gut ankommen, aber dann ist das Ziel klar: ganz vorne mit dabei sein.“

Steffen Zeibig und Feel Good

Drei paraolympische Mannschafts-Silbermedaillen von den vergangenen drei Spielen hat Steffen Zeibig schon, eine Bronze-Medaille aus der Kür von 2016 in Rio de Janeiro/BRA ebenso. Große Turniere kennt der 41-jährige also, bei den Weltreiterspielen 2014 in Caen rückten er und seine Stute Feel Good kurzfristig als Einzelreiter nach, Zeibig wurde zweimal sechster. Zum Reitsport kam er über seine Geschwister, die schnell die ganze Familie mit dem Pferdevirus infizierten. „Ich war am Anfang, mit acht Jahren, ein klassischer Wald-und-Wiesen-Reiter mit meinem Pony. Meine Schwester ist schon regelmäßig aufs Turnier gefahren und ich immer mal mit. Und dann habe ich es irgendwann auch einfach probiert“, beschreibt er. Seit seiner Geburt fehlen im der rechte Unterarm, der linke Fuß und der rechte Unterschenkel. Das hält Zeibig aber nicht davon ab, auch im Regelsport an den Start zu gehen, wo er Erfolge bis zur S-Dressur verbuchen kann. Feel Good, eine 14-jährige Hannoveraner Stute von Fürst Heinrich-Arogno, mit der er in Tryon nominiert ist, reitet er seit 2013. Sie wird ihm vom Gut Auric zur Verfügung gestellt. „Feel Good ist ein liebes Pferd, aber kann auch eine typische Stute sein. Sie will nichts falsch machen, aber manchmal hatte ich ordentlich an ihr zu knabbern. Mittlerweile hat sie gelernt mir zu vertrauen und wir sind ein Team geworden.“ Zeibig geht, wie seine Mannschaftskollegin Trabert, in Grade III an den Start. Sein sportlicher Wunsch für Tryon ist eindeutig: „Ich möchte unter die ersten fünf. Ich weiß, was die Stute kann und ich weiß, was ich kann.“