Luhmühlen – Für Michael Jung hat’s heute ausnahmsweise mal nicht sollen sein: Der Olympiasieger, Welt- und Europameister aus Baden-Württemberg steuerte zwar seine fischerRocana kontrolliert über den Parcours und ließ sich auch durchs eine oder andere leichte Klappern nicht aus der Konzentration bringen, einmal aber fielen die Stangen doch: Der Abwurf bedeutete ein Endergebnis von 45,5 Punkten für den 31-jährigen Profi, der in Führung gelegen hatte, und Platz zwei. Enttäuscht war er nicht, schließlich ist seine Ituango xx-Tochter erst neun Jahre alt und war somit jüngstes Pferd des stark besetzten Feldes. „Ich bin stolz auf mein Pferd. Sie hat im Gelände super gekämpft und dass die Klippe im Springen die letzte, aus zwei Oxern bestehende  Kombination sein würde, war von vornherein klar. In einer solchen Situation ist sie generell noch sehr schüchtern.“

Für Tim Price war’s dagegen der erste Vier-Sterne-Sieg. Der 32-Jährige, der auf einer Farm im Süden Neuseelands aufwuchs und heute mit der Mere Farm im britischen Mildenhall einen Ausbildungs- und Sportstall betreibt, war zunächst im Springsattel bis Weltcup-Niveau unterwegs, bevor er feststellte, dass die meisten der neuseeländischen Vollblüter, mit denen er arbeitete, sich mehr für den Vielseitigkeitssport eigneten. Mittlerweile hat er aber nicht mehr nur „Kiwi-Blüter“ im Stall, sein elfjähriger Luhmühlen-Sieger Wesko wurde in den Niederlanden gezogen. Entdeckt hat Price den Wallach, den er „Dash“ nennt, in einem Springstall. 2011 begann die Buschkarriere des Wallachs, die von „pre novice“-Prüfungen innerhalb einer Saison bis zu Zwei-Sterne-Vielseitigkeiten führte. Im vergangenen Jahr standen für den schicken Wallach die ersten Drei-Sterne-Prüfungen auf dem Programm, Saison-Höhepunkt war der Sieg im CCI3* in Blair Castle. Wesko sei noch sehr „grün“ als Vier-Sterne-Pferd, so der Reiter, aber sehr schnell. Er habe deshalb im Gelände die eine oder andere zwar Alternative gewählt. Ein Plan, der aufging. Die beiden beließen es bei ihrem Dressurergebnis von 43,8 Punkten und gewannen verdient.

Dritter wurde der US-Amerikaner Boyd Martin mit dem Hannoveraner Star Regent xx-Sohn Shamwari, der das Springen mit nur einem Zeitfehler absolvierte (Endergebnis 48,8 Punkte). Der Wallach ist in internationalen Vielseitigkeitszirkus bekannt: Bei den Olympischen Spielen in London wurde der Schwede Ludvig Svennerstal in seinem Sattel 20. Boyd Martin reitet den Dunkelbraunen erst seit Januar und trainierte ihn auch in den letzten Wochen kaum. Der Grund: Vor neun Wochen hatte sich der Reiter das Bein gebrochen, ein Nagel stabilisiert den Knochen mittlerweile. Sein Teamkollege Philipp Dutton ist für ihn eingesprungen und hielt Shamwari in Form. Und wie gut ihm das gelungen ist, davon konnte er sich in Luhmühlen selbst überzeugen. Der zweifache Olympiasieger und gebürtige Australier Dutton, der für die USA startet, lag nach dem Gelände an fünfter Stelle, kam allerdings mit drei Abwürfen aus dem Parcours, was für ihn und seinen Iren Mighty Nice 58,0 Punkte und Platz sieben bedeutete.

Ebenfalls drei Abwürfe, dazu drei Fehlerpunkte für Zeitüberschreitung, bedeuteten für Bettina Hoy und den Westfalen Designer ebenfalls einen herben Rückschlag. Vor dem Springen hatten die beiden auf Platz drei gelegen, am Ende wurde es Rang acht (59,5 Punkte).
Zweitbester deutscher Reiter war Andreas Ostholt. Der Leiter der Bundeswehrsportschule in Warendorf und So is Et hatten nach der Dressur mit 50,5 Strafpunkten noch an 17. Stelle gelegen und eine wahre Aufholjagd gestartet: Rang elf nach fehlerfreier, sehr rasanter Geländerunde, ein Abwurf im Springen und am Ende Platz sechs (54,5). Sichtlich gerührt erklärte Ostholt nach seinem Ritt, für den verunglückten Ben Winter geritten zu sein. Auf eine Ehrenrunde wurde heute verzichtet. Zum Jubeln war niemand zumute. –mic–
 
Das komplette Ergebnis finden Sie unter http://tgl.luhmuehlen.de/