Zum Inhalt springen

Drücken Sie Öffnen / Eingabe / Enter / Return um die Suche zu starten

Europameisterschaften 2019

Blog aus Rotterdam: Von zweibeinigen Pferden und Reitern, die in See stechen

Die Eröffnungsfeier war anders als erwartet, die Goldmission in der Dressur geht weiter und alle deutschen Springpferde sind fit to compete. Einblicke aus Rotterdam.

Erste Runde im Sattel, allerdings noch auf dem Karussell: Das deutsche Springteam hat heute um 17 Uhr offizielles Training.

Rotterdam/NED - Tag zwei der Europameisterschaften in Rotterdam bricht an. Ein kurzer Rückblick auf gestern: Für Deutschland läuft es gut, auch wenn Jessica von Bredow-Werndl zum Weinen war. Mittlerweile freue sie sich mehr und mehr über die Höhepunkte ihrer Prüfung, schreibt sie auf Facebook und kündigt an, sich im Special zurückzukämpfen. Bundestrainerin Monica Theodorescu berichtete, dass Daleras Äppel-Einlage in der Traversale vom Schweizer Equipe-Chef der Springreiter, Andy Kistler, mit bestem Schwyzerdütsch kommentiert wurde: "Naturrr". Shit happens, könnte man es auch nennen. Aufstehen, Krone richten, und so weiter. Leistungssportler können ein Lied davon singen.

Vet-Check-Einlage: Don Diarados Tanz an der Hand von Maurice Tebbel.

Während Dalera und Showtime heute ein bisschen Wohlfühlprogramm machen, sind Cosmo und Bella Rose gefordert, den Sack bezüglich Mannschaftsgold zuzumachen. Letztere hatte bereits im Vet-Check gezeigt, dass sie ziemlich gut drauf ist. Da stand sie vorübergehend auf zwei Beinen. „Alles in Ordnung da oben?“, fragte Isabell Werth, die alle Hände voll zu tun hatte. Einen besseren Zwei-Bein-Tanz legte nur Don Diarado auf den Platz. Der Hengst von Spring-Reservereiter Maurice Tebbel sah darin ziemlich gekonnt aus. Der Reiter im Handling auch. Fit to compete sind unsere Springpferde alle. Die Para-Pferde müssen heute um 11 Uhr zur Verfassungsprüfung. Mit Heidemarie Dresing eine Championatsdebütantin dabei, die gestern auf der Eröffnungsfeier lachend anmerkte, sie sei 64 Jahre alt, das würde auch langsam Zeit.

Wer die Eröffnungsfeier der vergangenen Europameisterschaften in Aachen 2015 und in Göteborg 2017 im Kopf hat, wurde hier überrascht. Keine Pferde, keine Schaubilder im Stadion, sondern eine Bühne am Ufer des Kralingen Sees. Eine viertelstündige Wanderung über die Parkwege im angrenzenden Wald muss man in Kauf nehmen, um von der Haupt- und der Para-Arena zum sogenannten Boulevard zu kommen, der Shoppingmeile der EM. Dort warten vor dem Panorama niederländisch-echter Windmühlen nicht nur die Reitsporthersteller, sondern auch ein historisches Kinderkarussell von Sponsor Longines. Das nutzten die deutschen Springreiter aber erstmal für Teamfotos. Aber nur im Schritt.

Die Stadien selbst liegen eingebettet am Rande des Waldes. Klein und beschaulich. Dass auf Schildern vor Eichenprozessionsspinnern gewarnt wird, nimmt jeder mit einem resignierten Schulterzucken hin, der in diesem Sommer schon auf diverse dieser Hinweise in seiner Region gestoßen ist. Auch hier hat man die kleinen, gifthaarigen Raupen nicht im Griff. Zum Glück sind die Temperaturen sowieso derzeit nicht so, dass man unbedingt kurzärmelig unter Bäumen Schatten sucht. Dass die Gifthärchen sich gerne mit dem Wind verbreiten, wird momentan lieber verdrängt. Bleiben wir lieber beim Thema Pferd.

Das Schweizer Team nimmt Kurs auf die Bühne.

Der Weltreiterverband (FEI) macht übrigens wenig Werbung für den Reitsport. Auf dem großen Plakat am Ende der Straße mit der Aufschrift „European Championships“ ist ein Konzertausschnitt zu sehen. Passt zur Eröffnungsfeier. Die Reiter wurden auf der Bühne willkommen geheißen. Erst ging es für jede Nation einzeln per Boot über den See und dann zum Smalltalk vor das Publikum. Charlotte Dujardin erzählte, dass sie 2011 hier in Rotterdam ihre ersten Europameisterschaften geritten sei. Damals ging Valegros Stern gerade auf, kaum einer kannte sie und als sie 78 Prozent im Grand Prix erritt, sorgte dies schon für überraschte Gesichter. Das Paar gewann Gold mit dem Team und wurde Sechster im Special. Ein Jahr später gewann es dann zum ersten Mal Einzelgold bei den Olympischen Spielen in London. So läuft es manchmal im Leistungssport.