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Die Kolumne über das Wünschen und Haben einer Reitbeteiligung

Was, wenn sie alles besser kann?

Ein Pferd zu teilen, ist schwierig. Doch manchmal ist es die vernünftigste Entscheidung, um dem Vierbeiner sowohl zeit- als auch kostentechnisch vollkommen gerecht werden zu können. Und wenn man die richtige Reitbeteiligung gefunden hat, führt man eine wunderbare Dreiecksbeziehung, wie unsere Kolumne zeigt.

Kann man die innige Beziehung zum Pferd teilen? Klar, aber ein bisschen Eifersucht kommt trotzdem vor.

Früher war ich eine Reitbeteiligung. Ich war abhängig von den Wünschen und Forderungen des Pferdebesitzers. So wird trainiert, so wird geputzt, so wird das Pferd frisiert! Das hast du monatlich zu zahlen! Zwei Tage pro Woche war das Fremdpferd leihweise meines. Ich gab mir redlich Mühe das Pferd zu trainieren, viel Unterricht zu nehmen, um dem Besitzer auch den Ausbildungsfortschritt zu präsentieren. Doch ein richtiger Dank kam nie. War ich zu schlecht?

Mit den Jahren habe ich mir als Reitbeteiligung mehr Freiheit gewünscht. Meine Wunschvorstellung: Ich reite wann ich will! Ich trainiere wann ich will! Ich reite aus wann ich will und ich rufe den Tierarzt, wenn ich es für nötig halte!

Endlich wurde das eigene Pferd angeschafft. Ich stellte mir vor, die engste Bezugsperson von Amicelli zu werden. Das Ideal: Mein Pferd folgt mir treu wie ein Hund, ist charakterstark und gibt beim Reiten alles für mich. Nur für mich!

Doch dann kam alles anders. Sieben Tage pro Woche Reiten, dazu ein Freund, der Haushalt und die Vollzeitstelle.

Heute habe ich eine Reitbeteiligung.

Es ist Silke Superfrau! Sie kann alles besser. Kaum bin ich zwei Wochen im Urlaub, kann Amicelli Spanischen Schritt und Zirkuslektionen. Ich hingegen habe ein Vierteljahr dafür gebraucht, ihm beizubringen, dass er beim Aufsteigen ruhig stehen bleibt. Wenn meine Reitbeteiligung aufs Turnier geht, kommt sie mit einer Schleife zurück. Ich dagegen fahre fünf Mal hin und werde ein Mal „erste Reserve“. Frisiere ich die Mähne mit dem Verziehmesser wird sie schief. Zückt meine Reitbeteiligung die Schere, sieht es aus, als wäre Amicelli bei Promi-Friseur Udo Walz gewesen.

Kaum habe ich meinen pferdefreien Tag, ereilt mich ein Notruf aus dem Stall. „Amicellis Bein ist dick. War das gestern schon?“, fragt Silke vorwurfsvoll. Natürlich bin ich die Rabenmutter, die es vorher nicht entdeckt hat. Um die Eifersucht zu überwinden und die Bindung mit Amicelli zu stärken, bringe ich ihm am nächsten Tag die teuersten Kräuter-Leckerlis mit. Bestechung ist bekanntlich alles, gerade in Partnerschaften. Mittlerweile grummelt Amicelli liebevoll, wenn ich die Box betrete. Die Eifersucht ist kurzzeitig verflogen. Ich habe das Lieblingsfutter entdeckt! Doch übernimmt meine Reitbeteiligung Amicellis Betreuung wieder zwei Tage während ich auf Dienstreise bin, will er nichts mehr von meinem Kräuter-Snack wissen. Ich erfahre, dass er in meiner Abwesenheit Möhren-Apfel-Birnen-Salat mit Malzbiersauce genossen hat. Als Hauptgang handgerollte Vollkornleckerli mit Bio-Dinkelöl und einem Schuss Apfelsaft. Den Michelin-Stern habe ich natürlich verloren.

Eifersucht ist eine schmerzhafte Emotion, schreiben die Beziehungsratgeber. Was helfen soll? Das Selbstwertgefühl stärken. Meine Reitlehrerin agiert als perfekte Therapeutin: „Die Galoppvolten gelingen dir einfach besser als Silke“, lobt sie. Ich fühle mich wie die Stiefmutter von Schneewittchen, die sich ständig vor den Spiegel stellt. Dabei weiß ich ja, dass Silke mir Amicelli nicht wegnehmen will. Eigentlich.

Nach dem Ausritt am Wochenende, hat Silke ein schlechtes Gewissen. Amicelli hat ein Eisen verloren. „Das tut mir unendlich leid! Ich kann dir als Entschädigung Amicelli gerne abnehmen, wenn du deinen dreiwöchigen Thailand-Urlaub machst.“ Wer wird da schon nein sagen? Gute Reitbeteiligungen sind schließlich Gold wert. Vielleicht kann Amicelli, wenn ich wiederkomme, sogar Piaffe und Passage.

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