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Aktuell

Pferdesteuer ist beschlossene Sache in Bad Sooden-Allendorf

16 Stimmen für die Satzung, die die Pferdesteuer beinhaltet, 10 Gegenstimmen und 5 Enthaltungen – das ist die schlechte Nachricht, die uns soeben aus Bad Sooden-Allendorf erreicht hat. Damit ist die Pferdesteuer im nordhessischen Kurort beschlossene Sache – erste Reaktionen ...

Bad Sooden-Allendorf – Die Demo gegen die Einführung der Pferdesteuer in Bad Sooden-Allendorf ist Geschichte, knapp 1.000 Pferdefreunde aus ganz Deutschland kamen trotz der schlechten Wettervorhersage in die nordhessische Stadt. Doch am Ende konnte auch diese Aktion an der Entscheidung der Stadtverordneten nicht rütteln. Auch als Robert Kuypers, Geschäftsführer des Hessischen Pferdesportverbandes, gemeinsam mit einigen Kindern eine Unterschriftensammlung mit 50.000 Signaturen an Bürgermeister Frank Hix überreichte, zeigte sich dieser nur wenig beeindruckt.
 
Chris Cortis, 1. Vorsitzender des RV Bad Sooden-Allendorf, noch kurz nach der Demo und vor der endgültigen Entscheidung:
„Ich schätze, es waren etwa 800 Leute vor Ort, aber die kamen wirklich aus ganz Deutschland, das war schon beeindruckend. Es ist gut gelaufen, es gab richtig gute Redebeiträge. Ob das die der Kinder und Jugendlichen waren oder die des Bauernverbandes – jeder Beitrag wurde bejubelt, die Stimmung war friedlich. Trotz des kalten Windes haben die Leute ausgeharrt. Mein Gefühl über den Ausgang ist gemischt. Ich denke, die Stadtverordneten wollen die Satzung mit der Pferdesteuer auf Biegen und Brechen durchsetzen. Und am Ende entscheiden doch die Richter.“
Cortis sollte Recht behalten. „Jetzt wird die Sache juristisch geklärt. Aber fest steht jetzt schon: Diese Entscheidung wird einen Flächenbrand auslösen, der Damm ist gebrochen und nun ist es nur noch eine Frage der Zeit bis andere Gemeinden und Städte nachziehen“, sagte er nach der Entscheidung.

Auch mit Gerd Kniese, dem 2. Vorsitzenden der Sickenberger Pferdefreunde haben wir gesprochen:
„Es ist ein Irrsinn: Wir sind eine Sportstadt, haben ein Sportinternat – und führen eine Sportsteuer ein! Da kann man nur den Kopf schütteln. Die Parole lautet jetzt, die Pferdesteuer so weit wie möglich hinaus zu zögern. Es gab sowohl bei der heutigen als auch bei der letzten Abstimmung Formfehler, die wir von Kommunalaufsicht gleich am Montag prüfen lassen wollen. Vielleicht können wir dadurch schon ein Jahr Aufschub gewinnen. Wenn aber nichts passiert, werden wir zu anderen juristischen Mitteln greifen. Im Januar treffen wir uns mit der FN, um das weitere Vorgehen zu koordinieren. Wir sehen einige Angriffspunkte in der Satzung und wir werden rigoros dagegen vorgehen – es kann am Ende nur besser werden. Und je mehr wir ausrichten können, desto mehr schreckt es hoffentlich andere Gemeinden ab, ebenfalls die Pferdesteuer einzuführen. Die eigentliche Crux an dieser Sache ist ja, dass es nicht bei den 200 Euro bleiben wird. Ab jetzt kann die Steuer ja problemlos erhöht werden.“  Über den Verlauf des Abends sagte Kniese: „Ich war beeindruckt von der Solidarität der Pferdefreunde, die teilweise einen weiten Weg hinter sich hatten. Und wir haben ihnen versprochen, wenn sie gegen die Pferdesteuer ankämpfen müssen und demonstrieren, sind wir dabei.“ -kl-

Die Deutsche Reiterliche Vereinigung gab folgende Pressemitteilung heraus:


"Über 1.000 Pferdefreunde demonstrierten

Bad Sooden-Allendorf (fn-press). Mit knapper Mehrheit entschied sich die Stadtverordnetenversammlung der nordhessischen Stadt Bad Sooden-Allendorf am späten Freitagabend für die Satzung zur Erhebung der Pferdesteuer. Zuvor hatte FN-Generalsekreär dem Bürgermeister Frank Hix (CDU) 50.000 Unterschriften gegen die Steuer überreicht. Der Protest von über 1.000 Pferdefreunden vor dem Rathaus hatte dennoch großen Eindruck bei den Kommunalpolitikern hinterlassen.

Die Abstimmung fiel denkbar knapp aus: 16 Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung sprachen sich für die Pferdesteuer aus, zehn votierten dagegen und fünf enthielten sich ihrer Stimme. Kommunalpolitiker Ulrich Heffner (FDP/Freie Wählergemeinschaft) hatte zwar eindringlich an die Parlamentarier appelliert, auf die Pferdesteuer zu verzichten, konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Die Demonstration vor dem Rathaus der Stadt und die zu erwartende Presseresonanz auf die Entscheidung pro Pferdesteuer bezeichnete er als „publizistischen Super-Gau für unsere Stadt“. Er warnte vor einer Klagewelle, die die Stadt wesentlich mehr Geld kosten werde, als man mit der Pferdesteuer einnehmen könnte. Die 200 Zuhörer im Saal applaudierten. Auch anderen Politikern war anzumerken, wie unwohl sie sich mit dieser Entscheidung fühlen. Einige verließen sogar mit starrer Miene den Saal. FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach sagte anschließend: „Ich bin persönlich betroffen von der inneren Zerrissenheit der Stadtverordnetenversammlung. Das mediale Echo dieser heutigen Entscheidung mag hinwegziehen, aber ich bezweifle, dass den Stadtverordneten die Konsequenz ihrer Entscheidung bewusst ist. Bad Sooden-Allendorf wird sich verändern.“

Diese Konsequenzen machte auch die Demo vor dem Rathaus mehr als deutlich. Schlimmer hätten die Wetterbedingungen allerdings kaum sein können. Strömender Regen, bisweilen Eisregen, und Wind peitschte den über 1.000 Demonstranten ins Gesicht. Sicher wären weit mehr Pferdesteuer-Gegner nach Bad-Sooden-Allendorf gekommen, wenn das Wetter nicht umgeschlagen wäre und die Straßen vielerorts in Eispisten verwandelt hätte. Dennoch waren einige von weit her angereist. Man sah Gäste aus Holstein wie aus Baden-Württemberg. Viele Kinder und Jugendliche hielten Transparente hoch und hüpften auf der Stelle gegen die Kälte an. „Pferdesteuer tötet Kinderseelen“, Meine Mami muss unser Pony verkaufen“, Pferdesteuer – Jobkiller“, „Ich möchte meinen Freund behalten“, „Pferdesport tötet Breitensport“, „Pferdesteuer wird unseren Pferden zum Verhängnis, „Pferdesteuer tötet Gnadenbrotpferde“ und viele Aufschriften mehr prangten auf den Plakaten und Transparenten, mit denen sich die Reiter und Pferdefans vor dem Rathaus auf dem pittoresken Marktplatz des Städtchens versammelte hatten.

Thomas Ungruhe, Leiter der FN-Abteilung Breitensport, Vereine und Betriebe, führte durch die gut einstündige Demo, die immer wieder mit Applaus und Zurufen angereichert wurde. Er machte deutlich, dass Pferdehalter durchaus ihren Teil dazu beitragen, die desolate Finanzlage der Kleinstadt zu verbessern. „Pferdesport ist Familiensport, Reiter bezahlen genauso erhöhte Kindergartenbeiträge, mehr Grundsteuer und Hundesteuer wie alle anderen Bürger auch.“ Die Pferdesteuer, mit der erstmals ein Sport besteuert werde, sei das falsche Signal. Es sei absehbar, dass viele Reiter ihre Pferde aus dem Stadtgebiet abziehen und auf benachbarte Kommunen ohne Pferdesteuer ausweichen werden. Eine Stallbetreiberin stehe bereits vor der Insolvenz, weil etliche Kunden in den vergangenen Wochen abgesprungen seien und sie nun zu viele leere Boxen habe.

FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach führte aus, wie wichtig gerade für Kinder und Jugendliche der Umgang mit dem Partner Pferd sei. „Wenn Bad Sooden Pferde besteuert, dann ist das nicht nur ein Schlag ins Gesicht aller Pferdehalter und Pferdesportler. Es ist genauso ein Schlag ins Gesicht unserer Vereine und der Menschen, die sich ehrenamtlich für unsere Jugend, für unseren Sport und damit für unsere Gesellschaft einsetzen.“ Auch Robert Kuypers, Geschäftsführer des Pferdesportverbandes Hessen, hielt den Politikern vor, wie sinnlos die Erhebung der Pferdesteuer sei, da der Verwaltungsaufwand die Einnahmesituation relativiere beziehungsweise übersteige. In diese Kerbe schlug Joachim Papendieck, Vorstandsmitglied des Bundes der Steuerzahler in Hessen: „Die Bagatellsteuer, zu der auch die Pferdesteuer zählt, wurde aus gutem Grund in den vergangenen Jahren kaum noch angewandt, weil, wie der Name es sagt, die Bagatelle finanzschwachen Kommunen nicht hilft. Hier dreht man die Uhr unsinnigerweise zurück.“ Kritik hagelte es ebenso vom Vize-Präsidenten des Hessischen Bauernverbandes, Armin Müller. Viele Landwirte hätten mit der Pferdehaltung und den Verkauf von Stroh, Heu und Hafer ihre wirtschaftliche Existenz abgesichert und liefen nun Gefahr, in Schieflage zu geraten.

Gegen das weit verbreitete Urteil, Reiter seien reich, kämpfte Albert Schwan, zweiter Vorsitzender des VFD, Verein der Freizereiter- und Fahrer in Deutschland, an: „Die allermeisten Reiter haben ganz normale Berufe. Krankenschwestern, Handwerker, Polizisten, Lehrer. Sie verzichten auf Urlaub und neue Autos, um ihr Hobby Pferd und Reiten finanzieren zu können. Hören Sie auf mit dieser Neiddiskussion.“

Trotz der Niederlage in der Stadtverordnetenversammlung werden die FN und das Aktionsbündnis gegen die Pferdesteuer ihren Kampf fortsetzen. „Wenn Sie meinen, dass mit der heutigen Entscheidung alles getan sei, haben Sie sich geirrt, jetzt geht es erst richtig los“, wetterte Robert Kuypers an die Adresse der Stadtverordneten. Die Pferdehalter werden es der Kommune schwer machen, die Steuer zu erheben. Mit juristischem Beistand wird es Einsprüche gegen den Steuerbescheid geben, die grundsätzliche juristische Bewertung der Rechtmäßigkeit dieser Steuer steht ohnehin noch aus. Jetzt sind in Bad Sooden-Allendorf die formalen Voraussetzung geschaffen, dass sich Verwaltungsjuristen des Themas Pferdesteuer annehmen können.

Durchfroren und durchnässt verließen die Pferdefreunde die Demo. Sie nahmen den Dank von FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach mit nach Hause: „Mein Dank gilt allen Menschen, die sich in den vergangenen Monaten gegen die Pferdesteuer zur Wehr gesetzt haben und ganz besonders möchte ich die Arbeit des Aktionsbündnisses gegen die Pferdesteuer hervorheben.“