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Die Kolumne über die Vermenschlichung von Tieren

Pferde sind doch auch nur Menschen

Na, gehen Sie auch davon aus, dass Mensch und Tier dieselbe Sprache sprechen? Irgendwie tun wir es doch alle und obwohl wir natürlich wissen, dass Pferde anders denken, ertappen wir uns immer wieder dabei, ihr Verhalten menschlich zu interpretieren. Genügend Stoff für unsere Kolumne.

Ein bisschen Mensch sehen Reiter gerne in ihren Pferden.

Martin Rütter hat es schon immer gewusst! Wir vermenschlichen unsere Tiere. Der Hunde-Trainer und Frau-chen-Psychologe aus der VOX-Doku „Der Hunde-Profi“ nimmt als Gelegenheits-Comedy-Star gerne das
Verhalten seiner Klienten oder auch etwaiger anderer Tierliebhaber aufs Korn. „Es gibt Menschen, die nennen ihre Hunde Emma“, brachte er vor längerer Zeit auf einem seiner Comedy-Abende mit gespielter Ironie an und schon war vereinzeltes, peinlich berührtes Gelächter im Publikum zu hören. Aha, erwischt! Aber die Ertappten blieben nicht alleine, denn jeder Hundebesitzer, der an diesem Abend anwesend war, musste früher oder später feststellen, dass auch er in den Verhaltensweisen seines Vierbeiners mehr Mensch vermutet, als er sich eingestehen will.

Ahnen Sie, worauf ich hinaus will? Ja, wir Pferdemenschen sind gar nicht so anders als die Hundemenschen. Und manchmal sind wir ja auch beides. Mit liebevollen Spitznamen angefangen, die zwischen-„menschliche“ Beziehungen nun mal brauchen, geht es weiter mit den Gesprächen, die Mensch und Pferd gelegentlich führen. Das läuft dann folgendermaßen ab:

Mensch: „Was hältst du davon, wenn wir heute ausreiten?“

Pferd: Schweigen.

Mensch: „Ah, du hast auch große Lust! Ich weiß auch genau wo wir entlangreiten. Hinter der Schafweide gibt es eine so tolle Galoppstrecke. Da lassen wir es richtig krachen.“

Pferd: Schweigen.

Der Mensch ist sich sicher, dass beide genau dasselbe wollen. Doch an der Schafweide wird deutlich, dass das Pferd diese Meinung nicht teilt. Ruckartiges Herumschmeißen und das „Krachen lassen“ lieber in Richtung Stall, als auf der anderen Seite der Wiese, sprechen eine deutlich andere Sprache. Das ist wie bei Frau und Mann. Man versteht sich eben nicht immer blind. Aber die Bedürfnisse von Mensch und Pferd sind letztendlich doch dieselben: Essen, Schlafen, ein bisschen Abwechslung im Leben. Stammen wir nicht alle irgendwie vom Urknall ab?

Bei der Nahrungsaufnahme zum Beispiel weiß Mensch genau, was Pferd will. Das bezweifeln oberschlaue Wissenschaftler, Stallbetreiber oder Tierärzte allerdings und schütteln mit dem Kopf, nicht ohne zu erwähnen, dass ein Pferd nicht vermenschlicht werden dürfe. Wie bitte? Nur, weil die Reitpony-Stute im Winter lieber lauwarmen Pfefferminztee säuft als Wasser mit naturgewachsenen Eiswürfeln? Wessen Schuld ist das? Die des Besitzers? Ist es nicht eher ein Glück, dass dieser herausgefunden hat, was sein Tierchen gerne trinkt? Sollen doch die Herren Wissenschaftler besagtem Pony bitte erklären, dass Pferde nun einmal keinen Tee mögen. Das Eiswürfel-Wasser rührt es jedenfalls nicht an. Auch wenn es sich deshalb als „Halb-Mensch“ outen muss.

Seit einiger Zeit gibt es in Deutschland Friedhöfe, wo Mensch und Tier gemeinsam bestattet werden können. Eingeäschert. Zwei Urnen in einem Grab. Ein bisschen skurril, zugegebenermaßen! Aber wer Freud und Leid mit seinem Tier teilt, möchte vielleicht auch seine letzte Ruhe mit ihm zusammen ermöglicht bekommen. Wie in einem Familiengrab. Oder sprechen wir hier jetzt doch von einer übertriebenen Vermenschlichung? Das muss wohl jeder für sich selbst entscheiden.

Selbst wenn man aber nicht so weit geht. Wenn der Hund noch auf dem Teppich liegen muss, weder ins Bett, noch auf die Couch darf und das Pferd mit Heu und Hafer zufrieden ist. Jeder Tierliebhaber wird sie finden. Die Seite an sich, die eben doch vom Tier ein gewisses menschliches Gefühl und Verhalten erwartet. Wir sind Tiermenschen und die Tiere sind eben Menschentiere. So einfach ist das. Und nur mal so unter uns: Der Hund, von dem Martin Rütter behauptet, er habe plötzlich vor seiner Tür gestanden und um Aufnahme in die Familie gebeten, heißt Emma!

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