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NRW Landgestüt: Deal abgelehnt – Vorwürfe bleiben

Es geht um den Vorwurf der privaten Bereicherung, um Luxusreisen nach Katar – gestern standen die drei ehemaligen leitenden Mitarbeiter des NRW-Landgestüts vor dem Amtsgericht. Auf den Deal „Geständnis gegen Geldstrafe“ haben sie sich nicht eingelassen.

Warendorf – Erst am Ende der vierstündigen Verhandlung gestern im Amtsgericht Warendorf wurde es richtig spannend. Richterin Ines Pielemeier fragte die drei Angeklagten, ob sie der Einstellung des Strafverfahrens bei Zahlung einer Geldstrafe und Ablegung eines vollen Geständnisses zustimmen würden. Die Beschuldigten: Die ehemalige Leiterin des Landgestütes Warendorf, der ehemalige Verwaltungsleiter sowie der ebenfalls fristlos entlassene Hauptberittmeister.
Letzterer wollte die Strafe schon akzeptieren, doch die ehemalige Gestütsleiterin schüttelte auf der Anklagebank verbissen den Kopf. Auch der ehemalige Verwaltungschef sagte Nein. Deshalb will das Amtsgericht jetzt bis zu zehn Zeugen an weiteren Verhandlungstagen bis Ende Juni vernehmen. Im Mittelpunkt dürfte diese Frage stehen: Hat der Dienstherr der Angeklagten, das Düsseldorfer Landwirtschaftsministerium, die umstrittene Nebentätigkeit nicht doch erlaubt beziehungsweise den Angeklagten nicht ausdrücklich untersagt?
 
Staatsanwalt Reinhard Brettschneider verlas im voll besetzten Gerichtssaal die Anklageschrift. Die Beschuldigten hätten sich der Vorteilsannahme sowie der Untreue im Amt schuldig gemacht. Im August 2013 hätten sie eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts namens „Equine Consulting“ (kurz ECI) gegründet. Sie sollte Dienstleistungen für die luxuriöse Reitsporteinrichtung Al Shaqab in Katar abwickeln. Dabei ging es um den Ankauf von Reitpferde, Beratungsleistungen sowie die Ausbildung von Reitschülern aus dem reichen Emirat in Warendorf.
Auf Einladung der Kataris reisten die Angeklagten im März 2013 und März 2014 jeweils mit ihren Ehepartnern nach Doha und besuchten dort ein hochklassiges Reitturnier. Die Tickets für die Flüge in der „Businessclass“ und den Aufenthalt zahlten ihre Gastgeber. Fünf Nächte im Luxushotel kosteten rund 11.000 Euro pro Paar. Zudem nahm der Hauptberittmeister  dank einer Wildcard an den Reitturnieren teil und kassierte Preisgelder. Der finanzielle Vorteil für die drei Ehepaare lag bei knapp 50.000 Euro.
Im Herbst 2013, so der Staatsanwalt, erhielt die ECI 85.000 Euro von den Kataris für Dienstleistungen, die nur auf dem Landgestüt erbracht worden sein konnten. Davon jedoch flossen 23.000 Euro auf die Privatkonten der Angeklagten.
 
Detlef Ströcker, Anwalt der ehemaligen Gestütsleiterin, wies alle Vorwürfe zurück. Mitte 2012 habe sie dem Ministerium die Nebentätigkeit angezeigt. Damals sei es darum gegangen, dass die Kataris weitere Dienstleistungen vom Landgestüt forderten, die man aber nicht erbringen durfte. So sei es zur Gründung der ECI gekommen. „Dem Ministerium waren die Nebentätigkeiten bekannt. Diese Tätigkeiten sind den Angeklagten nie untersagt worden“, so der Anwalt.
Im Übrigen habe es eine Regelung zu den erstattungsfähigen Reisekosten der Mitarbeiter mit dem Ministerium gegeben. An etwa 36 Wochenenden im Jahr hätte die ehemalige Gestütsleiterin Reitturniere besucht und dort ihre Zeit verbracht. Auch die Kosten für Aufenthalte im Ausland seien erstattungsfähig gewesen.
Bei den Reisen nach Katar hätten sich die Beschuldigten an die Vorschriften und Gepflogenheiten der Gastgeber halten müssen. Sie hätten die Ehegatten ausdrücklich mit eingeladen. Dem Land NRW sei kein Schaden entstanden. Ströcker: „Die Anklage basiert auf Annahmen und Fakten, die nicht der Realität entsprechen.“
Der Staatsanwalt jedoch geht davon aus, dass die Reisen und weitere Aktivitäten der Angeklagten nur dazu gedient hätten, der ECI wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Der Anschein von Käuflichkeit sei geweckt worden.
 
Ab Montag, 23. April, 9 Uhr, will das Amtsgericht die ersten Zeugen vernehmen. Im Mittelpunkt dürften die „unglücklich formulierten“ Bestimmungen des Düsseldorfer Ministeriums zu den Nebentätigkeiten der Angeklagten stehen, wie es die Richterin höflich formulierte.
Parallel zum Strafverfahren läuft derzeit vor dem Arbeitsgericht Münster die Klage unter anderem der ehemaligen Gestütsleiterin gegen ihre fristlose Kündigung.
Quelle: Wochenblatt