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„Mir reicht, wenn ein Reitschüler sich verbessern will.“

Denn: „Es kann nicht jeder Olympia reiten.“ Das sagt Michael Rohrmann. Der Pferdewirtschaftsmeister hat vergangenes Wochenende zu einem Workshop eingeladen, bei dem namhafte, renommierte Pferdeleute ihr pralles Wissen zum Besten gaben. Ein Rückblick.

Und wie sieht das jetzt in der Praxis aus? Auf der Reitanlage Jäger in Ehlershausen kamen Pferde und Reiter ins Spiel beim Workshop "Natur der Ausbildung".

Michael Rohrmann ist Ausbilder mit Leib und Seele. Pferdewirtschaftsmeister, Bewegungstrainer, Richter, Parcourschef, beschäftigt sich mit Neuroathletik wie mit Mentaltraining – er tritt einem offen, neugierig und mit Ideen gegenüber. Seit drei Jahrzehnten sucht er immer wieder den Austausch mit Ausbildern aus der großen, bunten Pferdewelt vom Dressur- bis zum Westernreiter, will dazulernen – sich verbessern. Vergangenes Wochenende blickte er besonders glücklich drein, da brachte er einmal mehr Pferdeleute mit Herzblut zusammen und knapp 50 Ausbilder, Trainer, Reitlehrer und Reiter hörten zu, diskutierten mit bei seinem Workshop mit dem Motto „Die Natur der Ausbildung“. Im Örtchen Ehlershausen, das zur Stadt Burgdorf gehört – ganz in der Nähe von Hannover und der Pferdestadt Celle.

Michael Rohrmann brachte Ausbilder, Reiter, Interessierte in Ehlershausen zusammen.

Spannende, inspirierende und motivierende Vorträge, geballtes Wissen gab es von Dressurausbilderin Angelika Frömming, vom Zuchtexperten Cord Wassmann, Pferdeosteotherapeuten Stefan Stammer und Fachtierarzt für Pferde Dr. Ralf Pellmann. Der Ausbildungsleiter der FN, Thies Kaspareit, diskutierte mit, genauso wie die Pferdewirtschaftsmeisterinnen Renate Elberich und Waltraud Böhmke – sie waren alle Teil des Podiums, schoben Diskussionen und Gedanken an.

Michael Rohrmann, der die Veranstaltung moderierte, wollte aufzeigen, wie sinnhaft die Ausbildung entsprechend der Richtlinien für Reiten und Fahren ist und schrieb schon in der Einladung: „Natürlich gab es schon immer, auch vor und nach Xenophon, ein breites Spektrum von Weiß bis Schwarz. Oder, wie es bei Kurt Albrecht heißt: ‚Die Reitlehre kann nichts dafür, wenn sie missbräuchlich angewendet wird‘.“ Die Welt könne er nicht retten, aber den Kreis derer, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten es richtiger machen möchten, könne er vergrößern. Dabei ging es beim Workshop nicht um Schleifen und Erfolge, sondern um Harmonie, Leichtigkeit und eine respektvolle Partnerschaft mit dem Pferd. So viel zur Theorie – im Landhotel von Ehlershausen.

Die Praxis fand nur wenige Minuten entfernt auf der Reitanlage Jäger statt, ein pferdeverrücktes Ehepaar, sie leidenschaftliche Reiterin, er am liebsten auf dem Kutschbock unterwegs. Etwa ein Dutzend Reiter und Pferde hatte Michael Rohrmann dorthin eingeladen, um vor den Augen der Experten zu reiten, sich Tipps und Ratschläge einzuholen. Egal, auf welchem Niveau sie ritten. Genaus deshalb war es ein Highlight: Weil die Bandbreite von der Wald-und-Wiesen-Reiterin über die ambitionierten Freizeitreiter bis zu Turnierreitern reichte. Oder bei den Pferden: vom toll ausgebildeten Allrounder über eine blütige, dralle „wilde Hilde“ mit teils übersprudelndem Temperament oder einem Pferd mit Hahnentritt bis hin zum großrahmigen Dressurpferd. Der bunte Strauß des Lebens eben. Stefan Stammer beurteilte die Reiter-Pferde-Paare mit der biomechanischen Brille, zeigte auf, wo’s hakt und zwickt und half dem Pferd – und damit auch dem Reiter. Angelika Frömming gab klassischen Reitunterricht, suchte und bot Lösungen, wo ein kleines Problem auftauchte, forderte und förderte, blieb streng, wo es sein musste, juchzte vor Freude auf, wenn Pferd oder Reiter etwas verstanden haben. „Du hast mich heute sehr glücklich gemacht“, sagte sie etwa zu dem kleinen dunkelbraunen Allrounder mit der langen Mähne und dem Winterpelz. Dessen Reiterin wollte so gerne mal Seitengänge reiten und Angelika Frömming meinte daraufhin einfach nur, „nichts leichter als das“. Und dann gab sie auch schon die passende Anleitung – weil die Voraussetzungen stimmten, das Pferd an feinen Hilfen stand, eine gute Basis mitbrachte. Diese Frau ist 80 Jahre alt und zeigte an diesen drei Tagen, wie lebendiger, gut gemachter Reitunterricht aussehen kann.

Heimgefahren sind nach dem Workshop sicherlich alle mit einem vollen Kopf. Mit geballtem Wissen und mit jeder Menge Inspiration für den Alltag zu Hause. Von solchen Veranstaltungen wie dieser von Michael Rohrmann und seinen Referenten kann es nicht genug geben. Der Reiterin mit der kleinen, blütigen Stute, die sich am Samstag schon viel losgelassener als am Freitag zeigte, gab er mit: „Denke an heute, nicht an vorgestern. Sag nicht, was nicht geht, sondern was geht. Machen!“ Ein Ratschlag, den sich vermutlich viele Reiter, zu Herzen nehmen dürfen. Wie schnell beginnt man zu hadern oder an sich zu zweifeln …