Zum Inhalt springen

Drücken Sie Öffnen / Eingabe / Enter / Return um die Suche zu starten

Europameisterschaften 2015

Enttäuschung im deutschen Dressurlager: Bronze!

Was für ein Druck, der da auf Kristina Bröring-Sprehe als letzter Starterin lastete: 84,459 Prozent hätten Gold bedeutet, 83,059 Silber – am Ende waren’s keine 80...

Aachen – …sondern 79,986 Prozent. Man sah’s der Reiterin an, als sie ihrem Pferd den Hals klopfte und lächelnd in die Menge winkte. Überschäumende Freude sieht anders aus. Dabei hat sie einmal Gold schon sicher: Nächstes Wochenende, am 22., steht ihre kirchliche Trauung auf dem Programm. Eine EM-Goldmedaille wäre ein schönes Hochzeitsgeschenk gewesen. Es hat nicht sollen sein. Und es war noch nicht mal wirklich knapp, obwohl auch Charlotte Dujardin und ihr Valegro heute zu schlagen gewesen wären. Von einem Desperados FRH in Topform. Aber man hat den Hannoveraner Hengst von De Niro schon lockerer und souveräner gesehen, in Hagen beispielsweise beim Nationenpreis-Turnier, quasi der EM-Generalprobe, als er sowohl Grand Prix als auch Special für sich entschied – mit Ergebnissen jenseits der 80-Prozent-Marke. Und sich eben keine Fehler leistete wie heute beispielsweise in der Piaffe und den Übergängen.
 
Und so sah die Rangierung am Ende aus: Die Britin Charlotte Dujardin und ihr Valegro, die seit Jahren den internationalen Dressursport beherrschen, gewannen mit 83,029 Prozent vor dem Niederländer Edward Gal und Glock’s Undercover (82,229 Prozent). Obwohl man einen Valegro sah, der einmal nicht ging wie ein Uhrwerk, sondern Fehler in Zick-Zack-Traversalen, Wechseln und Pirouetten hatte. Keine gravierenden zweifellos, aber ein paar Pünktchen hier, ein paar dort... Auch Charlotte Dujardin sah man an, dass ihr das durchaus bewusst war. Gereicht hat’s trotzdem. Und zwar zum Vize-Titel für das britische Team, das insgesamt auf 234,229 Punkte kam. Zu diesem Erfolg trugen neben der Vorzeige-Amazone auch Fioana Bigwood mit Atterupgaards Orthilia (75,8 Prozent) und Carl Hester mit Nip Tuck (75,4 Prozent) bei. Das Streichergebnis lieferte Michael Eilberg mit Marakov, der auf 69,943 Prozent kam. 
 
Trotzdem – „God save the Queen“ war heute nicht angesagt, gespielt wurde„Het Wilhelmus“, die Hymne der Niederlande. Und dank der Nähe zur Grenze waren viele Fans angereist, die jetzt ihr Männer-Quartett so richtig feiern. Zu Recht. 235,629 Punkte sind die EM-Bilanz der Niederländer. Dabei war auch Edward Gals Vorstellung nicht nach Jedermanns Geschmack, sein Undercover, der Wallach von Ferro, geht nach wie vor etwas untertourig. Allerdings weniger eng als man ihn schon gesehen hat, und er macht eben kaum Fehler. „Wir sind sicher das glücklichste Team heute hier“ witzelte Gal eben auf der Pressekonferenz und nannte einen der Gründe, warum sein Pferd hier so gut ging. „Die Leute sind weit weg, das gibt ihm das nötige Selbstvertrauen.“ Mit Gal auf dem Treppchen standen seine Teamkollegen Patrick van der Meer, der mit Uzzo auf 72,4 Prozent kam und somit das Streichergebnis lieferte, Diederik van Silfhout, der mit Arlando 75,814 Prozent einstrich und Gals Lebensgefährte Hans Peter Minderhoud, für dessen Ritt auf Glock’s Johnson die Richter 77,586 Prozent gaben.
 
Und das deutsche Team, das 230,914 Punkte sammelte und zu dessen Bronzemedaille Matthias Rath mit Totilas 75,971 Punkte, Jessica von Bredow-Werndl mit Unee BB 75,2 Punkte und Isabell Werth mit Don Johnson FRH das Streichergebnis von 74,9 Prozent beitrugen? „Es war doch unser Ziel, Dritter zu werden. Immer Gold – das ist so langweilig “, lachte Isabell Werth. Diese Frau kann eben auch mal verlieren! „Aber im Ernst“, fügte sie hinzu, „Wir haben unser Bestes gegeben. Wir waren aber nicht so gut, wie wir sein können. Aber Vorsicht: Wir wollen zurückkommen, und wir werden über den Winter unsere Hausaufgaben machen.“
 
Auch die umstrittenen Jury-Urteile – wie berichtet am deutlichsten bei Totilas, der zwischen Platz drei und Platz 21 rangiert wurde – sind nach wie vor Thema in Aachen und werden morgen bei einer Sitzung der Richtergruppe analysiert. Eben allerdings verteidigte Chefrichter Eduard de Wolff van Westerrode aus den Niederlanden die Entscheidungen schon mal pauschal mit dem immer wieder gerne angeführten Argument, die Richter säßen nun mal an verschiedenen Positionen und gewännen so auch unterschiedliche Eindrücke von den Pferden. Überzeugend ist das nicht. Und Totilas – wird er am Samstag im Grand Prix Special um eine Einzelmedaille starten? Nach seinem Ritt bejahte Matthias Alexander Rath das noch, eben sagte er: „Wir werden morgen mal schauen.“ –mic–