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Europameisterschaften 2015

Dressur-Kür: Valegro und Charlotte Dujardin – ein etwas müder Tanz zu Gold

Puh, war das eine enge Kiste. Um Haaresbeite hätten es Kristina Sprehe und Desperados geschafft, das britische Dreamteam vom Dressur-Thron zu stoßen...

Aachen – „Nicht so dynamisch wie sonst“, Monica Theodorescu äußerte sich diplomatisch zur Vorstellung des britischen Paares. In der Tat wirkte Valegro müde. Vielleicht hatte ihm das Turnierprogramm – zwei schwere Prüfungen lagen ja bereits hinter allen Paaren – etwas mehr als den anderen zugesetzt. Dazu kamen zwei heftige Patzer in den Einwechseln. „Es war so eine lange Woche“, sagte Charlotte Dujardin. Aber von den Wechseln abgesehen, sei sie „sehr happy“.  Denn trotz der deutlichen Patzer – am Ende hatten ihn beinahe alle Juroren vorn. Einzige Ausnahme: Die deutsche Richterin Katrina Wüst, sie gab ihm die drittbeste Technik- und die zweitbeste Artistik-Note (darunter fallen auch Musikauswahl und Schwierigkeitsgrad). Nicht nur für Katrina Wüst, auch fürs Publikum waren Kristina Sprehe und Desperados FRH die Besten. Es begleitete die Bekanntgabe des Ergebnisses mit Pfiffen, der Reiterin aber wurde später applaudiert. Fair! Und auch wenn’s knapp war: 89,054 Prozentpunkte – nach Silber mit dem Team und Gold im Special gab’s nun auch den Titel in der Kür für Charlotte Dujardin und ihr Ausnahmepferd.

Doch auch Kristina Bröring-Sprehe, die mit  88,804 Prozent mehr als verdient Silber gewann – in der “B-Note“ hatten fünf der sieben Richter sie vorne – strahlte und kündigte an: „Nächstes Jahr will ich’s noch besser machen“ Das kann man durchaus so interpretieren, dass sie versuchen wird, Charlotte Dujardin zu schlagen. Die blieb gelassen: „Ich hatte ja in jeder Prüfung Fehler“, räumte sie ein. Was heißen soll: Bei mir ist ja noch Luft nach oben. Da hat sie recht. Und eben deshalb hätte das Rennen heute durchaus auch anders ausgehen können.

Die Bronzemedaille gewann eine Reiterin, die lange nicht ganz vorne mitmischen konnte: die Spanierin Beatrix Ferrer-Salat. 2002, bei den Weltreiterspielen in Jerez de la Frontera in ihrem Heimatland hatte sie Bronze mit der Mannschaft und Einzel-Silber gewonnen, bei den Olympischen Spielen 2004 Team-Silber und Einzel-Bronze. Dann kam eine längere Durststrecke. Ihr jetzt 14-jähriger Westfale Delgado, ein De Niro-Sohn, war immer mal wieder verletzt. „Aufgegeben habe ich ihn nie“, sagt die Reiterin, die seit gut vier Jahren bei Ton de Ridder trainiert. Sie arbeitet außerdem mit einem Team von Chiropraktiker und Masseur zusammen, das hilft, den Wallach fit zu halten. „Und jetzt bin ich hier“, strahlte die 49-Jährige. Im Grand Prix Fünfte, im Special Vierte, heute mit 82,714 Prozent Dritte. „Wie schade, dass das Turnier zu Ende ist“, witzelte sie. Dabei hatte sie sich mit ihrem Pferd gestern im Training noch überschlagen. Und dann? „Bin ich aufgestiegen und weitergeritten“, lachte sie. In Richtung Medaille!

Die hat Isabell Werth mit Don Johnson FRH knapp verpasst – um gerade mal 0,232 Prozent. Beherzt und fehlerfrei – das war ein Ritt nach dem Geschmack des Aachener Publikums. Und als „besonderen Kick“, so die Reiterin, hatte sie noch kurzfristig Gesang von Freddie Mercury, dem einstigen Leadsänger der Band Queens in ihre Kür-Musik einbauen lassen. Frenetisch wurden Isabell Werth und ihr „Johnny“ bejubelt. „Bella Rose ist das Pferd meines Lebens“ sagte sie später. Mit ihr wolle sie bei den Olympischen Spielen im nächsten Jahr in Rio mit von der Partie sein. „Trotzdem – ich muss meinen Johnny in Schutz nehmen. Ich hätte ja selbst nicht geglaubt, dass ich hier mit ihm in Reichweite einer Einzelmedaille kommen könnte. Und dann das!“

Auch Jessica von Bredow-Werndl und ihr Unee BB enttäuschten bei ihrem Championatsdebut nicht. Im Gegenteil! 80,214 Prozent – Platz sieben. Auch heute patzten die beiden in der Wechseltour , bauten diese dann aber kurzentschlossen ein weiteres Mal ein und brachten sie fehlerfrei über die Bühne. „Ich konnte hier nicht meine persönliche Bestleistung gehen“, so die 29-Jährige. „Aber fürs erste Championat bin ich zufrieden. Man reitet hier einfach unter einem anderen Druck als auf normalen Turnieren.“ Sie wird sich daran gewöhnen. –mic–