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Deutschlands beste Reitvereine: Reit- und Fahrverein Concordia Emden

Die Glücksjäger

Das Pferd als kostbarster Schatz. Diese Philosophie leben hier alle beim Reit- und Fahrverein Concordia Emden. Das steckt an – nicht nur die vielen Kinder, sondern auch die Männer, die hier den Weg auf den Pferderücken gewagt haben und gar nicht mehr absteigen wollen.

Christiane Popp, Anja Vahrmann, Elke Schaaf (v.l.) – ab ins Körbchen!

Wir suchen Deutschlands beste Reitvereine.

Herzlichkeit, schießt es uns in den Kopf. Erst die beiden Shettys Nemo und Lucky, die uns auf ihrer Weide am Rande des Parkplatzes freundlich angucken, dann die Menschen, die uns mit offenen Armen empfangen. Wir sind zu Gast beim Reit- und Fahrverein Concordia Emden, der am Rande des Ostfriesen-Städtchens in einem Wohngebiet sein Zuhause hat. Die Nordsee ganz nah, statt Krabben gibt’s für uns heute Bienenstich im Reiterstübchen.

In der Reithalle beginnt gerade die erste Reitstunde dieses Nachmittags bei Reitlehrerin Sarke Schmidt. Wir stehen mit Geschäftsführerin Elke Schaaf hinter der großen Fensterscheibe des Reiterstübchens, sie erzählt uns von den Schulpferden in der Bahn und zeigt auf einen Schecken und einen Braunen: Jumpin Jack und Tiquila, 24 und 27 Jahre alt – das reife Alter sieht man den beiden nicht an. Rund und gesund sehen sie aus, wie alle Pferde, die wir hier sehen. 2009 hat der Verein die beiden Oldies bei einem Händler gesehen und „eigentlich aus Mitleid mitgenommen“, erzählt Elke Schaaf. „Zwei Glücksfälle“, sagt Christiane Popp, erste Vorsitzende des Vereins.

Vom Glücksfall wird die erste Vorsitzende des Vereins heute noch öfter sprechen. Aufgepäppelt an der ostfriesischen Küste wurden Tiquila und Jumpin Jack jedenfalls zu festen Schulpferde-Größen im Verein und laufen und laufen und laufen. Die Schulpferde bei Concordia genießen besondere Aufmerksamkeit. „Die Pferde sind unser Kapital“, sagt Christiane Popp, „und so pflegen wir sie auch. Die Kinder sollen ja ihren Spaß haben, aber die Pferde auch“.

Noch ein Glücksfall

Regelmäßig schaut sich eine Osteopathin die Pferde an, Zahnarzt und Sattler kommen einmal im Jahr und der Hufschmied alle sieben Wochen. „Da gibt es kein ‚das geht noch ‘ne Woche‘“, sagt Anja Vahrmann, Trainerin A, die hier seit 16 Jahren das Zepter in Sachen Ausbildung in der Hand hat. Klein, quirlig, rauchige Stimme, Sommersprossen im Gesicht und eine lockere Art. Auf der Hengststation Böckmann hat sie einst ihr Handwerk gelernt, ehe sie nach Emden kam und blieb – „sie ist unser größter Glücksfall“, sagt Christiane Popp. Ein fairer Umgang mit den Pferden, eine korrekte, vielseitige Ausbildung, aber auch viel Spaß zwischendurch – so hält sie alle in der Spur und bei Laune. Die Liebe zum Pferd möchte sie hier weitergeben und, „dass wir die Pferde besser behandeln, das Pferd als höchstes Gut“. Auch oder besonders die Schulpferde. Jedes hat sein eigenes Putzzeug und seine eigene Satteldecke. Wertschätzung für das Schulpferd – das leben sie hier vor und die Kinder und Jugendlichen leben es weiter. Wie, das sehen wir am Ende der Reitstunde von Sarke Schmidt, als die Kinder ihre Schulpferde auf die Mittellinie lenken, halten und jedes Mädchen seinem Pferd ruhig und ausgiebig um den Hals fällt, es streichelt und lobt, sichtlich dankbar ist.

An der Wand des Reiterstübchens hängt eine Collage von einem Schimmel: Voltigierpferd Atze. Vor eineinhalb Jahren mussten sie ihn einschläfern wegen einer Kolik. „Das war ein Schicksalsschlag, er war gerade fertig ausgebildet“, sagt Christiane Popp, „sein Tod ist uns allen unglaublich nah gegangen“ und auch das gehöre zu einem Pferdeleben dazu. Die Collage haben die Kinder und Jugendlichen zusammengebastelt – Atzes Tod hat alle noch mehr zusammengeschweißt. Und Reitlehrerin Anja Vahrmann stellte den Voltis kurzerhand ihr Reitpferd Landarius zur Verfügung. Auch das ist typisch Concordia.

Männer aufs Pferd

Henrike Gruber hat sich zu uns gesellt: Sie ist vor Jahren aus dem Ruhrgebiet in den Norden gezogen, hat bei Concordia ihr sportliches Zuhause als Voltigier-Trainerin gefunden – „ja, das war auch ein Glücksfall“, sagt Christiane Popp im feinsten ostfriesischen Norddeutsch. Henrike kümmert sich um die Turnerinnen auf dem Pferd, aber eben auch um die Ausbildung der Pferde, wie damals um Atze und jetzt um das neue Voltipferd Bison.

Die Mitglieder des Vereins haben die Stallmauern in den 80er Jahren aufgebaut, haben die Steine geputzt, den Zement gerührt. Jeder trägt hier ein kleines Stückchen bei – das war damals so und ist so geblieben. „Jeder hier behandelt den Verein wie sein Zuhause“, sagt Christiane Popp.

Auf dem großen Springplatz drehen mittlerweile zwei Männer ihre Runden. Es ist Freitag und freitags ist immer Männerreitstunde. Seit vielen Jahren. Neun Männer reiten hier im Verein, nicht alle in dieser Männerreitstunde. Einige unter ihnen haben irgendwann aus Jux – und weil reiten doch gar nicht so anstrengend sein kann – angefangen. Und dann hat die Männer doch der Ehrgeiz gepackt, sodass sie am Ball blieben oder sogar ein Pferd gekauft haben. „Die sind alle ganz lieb, wissbegierig und offen“, lacht Anja Vahrmann über ihre reitenden Männer.

Einmal im Jahr „kommt das ganze Dorf hierher“, erzählt Christiane Popp. Wenn bei Concordia das Weihnachtsreiten auf dem Programm steht. Polocross, Pferdefußball, ein Abend voller Action, „da packen wir nochmal richtig aus“, lacht die Reitlehrerin.

Heute werden nur noch die Schulpferde ausgepackt – nämlich auf die Weide. Feierabend. Die ersten genießen schon das Gras auf den Weiden hinter dem Springplatz. Hier können sie gemeinsam die Seele baumeln lassen, auch wenn sie ihre Ferien haben – denn die bekommen in Emden nicht nur Schulkinder, sondern auch die Schulpferde von Concordia.

Gegründet: 1960; Mitglieder: 320; Stärke: herzliche Stimmung, starke Männer; Besondere Idee: Männerreitstunde; www.concordia-emden.de