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Leseprobe

Blutgeschäfte mit tragenden Stuten

Literweise wird tragenden Stuten in Island, aber auch in Deutschland, Blut abgenommen. Über Monate jede Woche, teils sogar mehrfach, um das Hormon PMSG zu gewinnen, das auch in der deutschen Schweinezucht eingesetzt wird. Für mehr Wirtschaftlichkeit. Doch welchen Preis zahlen die Stuten dafür?

Tragende Stuten werden in Island auch für die Produktion von Stutenblut genutzt.

Menschen treiben tragende Stuten in kleine Verschläge, teils mit Hunden, teils mit Schlägen. Den Rückweg zur Herde versperren Eisenstangen oder Holzbalken. In den Fixierboxen wird den Islandstuten der Kopf hochgebunden, eine Kanüle wird in die Halsvene gesetzt. Sie ist etwa fingerdick. All dies zeigen Videoaufnahmen aus Island, die im Januar veröffentlicht worden sind. Fünf Liter Blut werden den Stuten so entnommen, erklärt Sabrina Gurtner von der Animal Welfare Foundation aus Deutschland. Sie war selbst vor Ort. Ihrer Recherche nach wird aktuell mehr als 5.000 Islandstuten Blut abgezapft. „Tendenz steigend“, sagt die Projektleiterin der Animal Welfare Foundation. „Eigentlich leben die Pferde halbwild in Herden“, meint Tierschützerin Gurtner weiter, „die Blutentnahme einmal pro Woche bedeutet für sie daher puren Stress.“ Die Tortur beginnt für die Stuten, wenn sie einige Wochen trächtig sind. Auf Videoaufnahmen, die die Tierschutzorganisation seit 2019 mit versteckter Kamera aufgenommen hat, zeigen die Stuten Stressanzeichen: Manche reißen die Augen auf, alle werden mit einem Rückengurt am Steigen gehindert, panisches Wiehern ist zu hören.

In solchen Verschlägen wird den Islandstuten Blut abgenommen. In der Frühträchtigkeit einmal pro Woche.

Doch wofür das Ganze?

Auf die Frage nach dem Warum gibt es eine Antwort: Für ein Geschäft, für die Produktion und den Export des Hormons „Pregnant Mare Serum Gonadotropin“, kurz PMSG, aus dem Blut tragender Stuten. Dies wird unter anderem in der Schweinezucht eingesetzt – auch in Deutschland. Denn damit lässt sich beispielsweise die Brunst von Sauen gleichschalten. Die Sauen können so gleichzeitig besamt werden, ferkeln zur gleichen Zeit ab und die Ferkel können zum selben Zeitpunkt an den Schweinemäster verkauft werden. Das hat wirtschaftliche Vorteile, ist aber verzichtbar, wie Prof. Dr. Axel Wehrend von der Universität Gießen unterstreicht. Er ist Professor für Klinische Reproduktionsmedizin in der Veterinärmedizin und beschäftigt sich seit 2006 mit der Reproduktion von Haussäugetieren, in den vergangenen Jahren vor allem auch mit dem Einsatz von PMSG in der Sauenhaltung und mit Alternativen dazu.

Im Rahmen eines vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit 123.000 Euro geförderten Projekts hat er mit seiner Forschungsgruppe Unterrichtsmaterial für die Fort- und Weiterbildung von Landwirten, Tierärzten und Agrarwissenschaftlern erstellt, das zu einem Schluss kommt: Es geht ohne PMSG. „In Deutschland sind verschiedene hormonal wirksame Tierarzneimittel zugelassen. Zur Brunststimulation und -synchronisation bei Sauen gibt es alternative Hormonpräparate. Unterschiede bestehen bei der Anwendersicherheit, Zieltiersicherheit, Verträglichkeit, Ökotoxizität und den Anwendungsgebieten“, ergänzt Silke Brandt, Sprecherin des BMEL.

Doch das PMSG-Geschäft scheint zu boomen: Nach Schätzungen des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) wurden von Februar 2016 bis Ende Januar 2019 rund 6,4 Millionen Einzeldosen in Deutschland verabreicht. In den drei Jahren zuvor wurden rund 4 Millionen Dosen genutzt. Warum die Zahl so eklatant gestiegen ist, ist laut BVL nicht bekannt.

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Den ganzen Artikel lesen Sie in der April-Ausgabe 2022 der Reiter Revue.

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