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Geophagie – die Ursachen und Risiken

Wenn Pferde Sand fressen

Erde und Sand sind für Pferde weder Delikatessen noch Superfood. Trotzdem stehen sie bei einigen auf der Speisekarte. Gefahren, Ursachen und Lösungen des ungewöhnlichen Fressverhaltens.

Weder lecker noch gesund: Trotzdem fressen manche Pferde Erde.

Seltsames Schauspiel auf der Weide: Ein Pferd frisst Erdbrocken, wo doch genug saftiges Gras wächst. Eine andere Szene auf dem Paddock: Dort kaut ein Pferd knirschend Sand. Schmeckt der etwa besser als Heu? Reine Neugierde, wie bei Kindern, die alles einmal probieren möchten, ist jedenfalls nicht der Grund. Das Fressen von Erde oder Sand ist in der Pferdemedizin sogar mit einem Fachbegriff definiert: Geophagie. Doch was steckt dahinter und wann wird es gefährlich?

Wenn Erde oder Sand regelmäßig und in großen Mengen im Verdauungsapparat des Pferdes landen, können sie im etwa acht bis zehn Meter langen Dickdarm zum Problem werden. Dort lagert sich die ungewöhnliche Nahrung möglicherweise ab, denn sie ist schwerer als der restliche Nahrungsbrei. Nehmen die Ablagerungen Überhand und verursachen sie Kolik-Beschwerden, dann spricht man von einer Sandkolik. „Erdbestandteile und Sand bringen das natürliche Milieu im Dickdarm aus dem Gleichgewicht und reizen die Schleimhaut“, beschreibt Cornelia Martina Bauer, Tierärztin und Fütterungsberaterin aus Bonn (www.xaravet.de/futterberatung), die Folgen. „Im schlimmsten Fall sind die unteren Lagen des Dickdarms komplett mit den unerwünschten Ablagerungen gefüllt.“ Bei einer Sandkolik ist tierärztliche Hilfe vonnöten. Bauer verwendet in diesem Fall meist Flohsamenschalen: Sie werden durch eine Sonde ins Pferd geleitet und sollen Erdbestandteile und Sand hinausspülen.

Körniger Heuersatz

Zu einer Sandkolik sollte es aber besser gar nicht erst kommen. „Wenn Pferde regelmäßig und in größeren Mengen Erde oder Sand fressen, muss man handeln“, betont Bauer. Das bedeutet: Einen Tierarzt informieren. Dann wird meist ein Sedimentationstest durchgeführt. Dazu wird Pferdekot mit Wasser versetzt und gerührt oder in einem Handschuh geschüttelt. Erdbestandteile und Sand lagern sich ab und geben eine grobe Vorstellung von der Menge, die das Pferd gefressen hat. Zur Vorbeugung einer Sandkolik können Flohsamenschalen mit Wasser versetzt und verfüttert werden. Außerdem ist Spürsinn gefragt, denn die Ursachen der Geophagie müssen ergründet werden. „Meistens ist ein Problem der Haltung oder Fütterung der Auslöser“, sagt Bauer. Oft tritt das ungewöhnliche Fressverhalten auf, weil zu wenig Heu gefüttert wird. Pferde sind von Natur aus rund um die Uhr mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt. Wenn sie könnten, würden sie bis zu 20 Stunden am Tag gemütlich kauen. Bekommen sie zu wenig Strukturfutter, nehmen sie eventuell mit Erde oder Sand vorlieb. „Um das zu verhindern, sollten täglich mindestens 1,5 Kilogramm Heu pro 100 Kilogramm Körpergewicht des Pferdes gefüttert werden“, empfiehlt Bauer. Ein Warmblüter mit einem Gewicht von 600 Kilogramm benötigt dementsprechend etwa neun Kilogramm Heu am Tag. „Noch mehr wird benötigt, wenn das Pferd nicht auf kaufähiger Einstreu wie Stroh steht“, ergänzt Bauer.

Was dem Pferd fehlt

Weitere mögliche Gründe für das Fressen von Erde oder Sand sind Bewegungsmangel und zu wenig Kontakt zu anderen Pferden. Die Geophagie ist dann schlicht ein Ausdruck von Langeweile. Viel Auslauf und Zeit mit Pferdekumpels schaffen in diesem Fall Abhilfe. Ein Aktivstall, in dem Kraftfutter, Heu und Wasser an verschiedenen Stellen angeboten werden, ist für manche Pferde ideal.

Übrigens: Ein Maulkorb, auch Fressbremse genannt, hilft nur bedingt gegen Geophagie. Durch die kleine Öffnung können Pferde weiterhin geringe Mengen Erde und Sand zu sich nehmen. Bauer nennt noch einen weiteren Grund, warum Pferde manchmal Erde oder Sand fressen: Nährstoffmangel. „Meist sind es Natrium- oder Kupfermangel, die das Pferd durch die erdige Nahrungsergänzung ausgleichen möchte.“ Die Fütterungsexpertin rät dringend davon ab, vorschnell ein Mineralfutter zu verfüttern: „Wer planlos Mineralfutter anbietet, riskiert bei seinem Pferd eine Überversorgung. Stattdessen sollte die Nährstoffversorgung des Pferdes tierärztlich überprüft werden. Auf Basis der Ergebnisse kann eine passgenaue Fütterung erfolgen.“