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Die Wahrheit über Kolik-Tratsch

Der trockene Sommer hat viele Weiden komplett ausgedörrt. Für Pferde, die auf ihnen grasen, droht Sandkolik-Gefahr! Gerüchte und Halbwahrheiten über Koliken gibt es viele - wir haben die häufigsten Behauptungen auf den Prüfstand gestellt.

Droht beim Wälzen eine Darmverschlingung? Dieses Gerücht geistert durch viele Ställe. Zurecht?

Stimmt es, dass das Wetter einen Einfluss auf Koliken haben kann?

In gewisser Weise schon. „Wenn es kalt ist, vergessen viele Reiter, darauf zu achten, dass ihre Pferde ausreichend trinken, sie bewegen sie oft weniger und packen sie so dick ein, dass sie sich kaum bewegen können“, veranschaulicht Dr. Michael Paar, Leiter der Pferdeklinik Sottrum West. Bei heißen Temperaturen sind es häufig Nassfutter, wie Zuckerrübenschnitzel, die nicht frisch gefüttert werden oder Heulage, die bereits warm ist, die zu Koliken führen. „Man selbst passt sein Essverhalten der Witterung auch an. Das sollte man beim Pferd auch“, fordert der Experte.

Stimmt es, dass Paddocks Koliken fördern?

Das kann man natürlich nicht generalisieren. Aber diese Behauptung hat einen Hintergrund: „Besonders zu Beginn des Frühjahrs häufen sich bei uns die Sandkoliken“, berichtet Dr. Michael Paar. Die Pferde stehen auf Winterausläufen oder Sandpaddocks und auch wenn es genügend Heu im Angebot gibt, sind einzelne Grashalme, die sich durch den Boden an die Oberfläche bohren, zu verlockend. „Dafür lassen viele Pferde das Heu stehen“, sieht Paar. Sie nehmen neben dem Gras aber vor allem Sand auf. Das führt auf Dauer zu Koliken. Pferdebesitzer sollten also entsprechend im Blick haben, was die Pferde auf den Paddocks fressen. Den Boden regelmäßig mit dem Bahnplaner zu bearbeiten, hilft, Grasspitzen gar nicht erst herauskommen zu lassen. Das Raufutterangebot sollte natürlich durchgehend vorhanden sein.

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Stimmt es, dass Pferde, die eine Darm-OP hatten, nie wieder ein normales Pferdeleben führen können?

„Nein, das stimmt so nicht!“ Eine klare Aussage von Dr. Michael Paar, die davon ausgeht, dass das Pferd bei einer unumgänglichen Operation so schnell wie möglich auf dem OP-Tisch landet, um, wenn möglich, keine größeren Anteile des Darms entfernen zu müssen. „Dann gehen wir von ungefähr drei Monaten Rekonvaleszenz aus“, berichtet er. „Etwa zwei Monate wird das Pferd mindestens einmal am Tag an der Hand fleißig Schritt geführt. Freilaufen ist noch tabu. Es bekommt mindestens dreimal täglich ein normales Maß an Raufutter und wenig Krippenfutter, eventuell etwas Mash. Nach acht Wochen kann man dann mit leichter, lockerer Arbeit beginnen. Dann darf das Pferd auch wieder auf die Weide.“ Müssen größere Anteile des Darms entfernt werden, erhöht sich der Aufwand und das Pferd muss deutlich häufiger mit kleinen Rationen gefüttert werden. Doch im besten Fall sollte es soweit gar nicht kommen.

Stimmt es, dass Pferde nach einer Kolik-OP ein Leben lang anfällig für Koliken sind?

„Das Ausmaß der Darmveränderungen ist entscheidend“, sagt Dr. Michael Paar. „Dies gilt aber sowohl für konservativ als auch operativ behandelte Kolikpatienten.“ Umso wichtiger ist es, dass der Pferdebesitzer die Ursachen der Kolik erforscht und entsprechend versucht, diese abzustellen. Stress kann beispielsweise zur Kolik führen. „Das kann schon die belebte Stallgasse und die Box direkt neben dem Eingang zur Sattelkammer sein, die das Pferd nicht zur Ruhe kommen lässt“, macht FEI-Tierärztin und Geschäftsführerin der Pferdeklinik Duisburg, Dr. Kathrin Rasch deutlich. Auch Fütterungshintergründe wie schlechte Raufutterqualität, zu wenig Raufutter oder ein zu hoher Anteil an Krippenfutter müssen analysiert und verändert werden. Dann besteht eine gute Chance, dass das Pferd von weiteren Koliken verschont bleibt.

Stimmt es, dass Pferde beim Wälzen eine Darmverschlingung bekommen können?

Nein, das stimmt nicht. Deshalb sollte man sein Pferd auch bei Kolik nicht am Wälzen hindern. „Tatsächlich kann sich eine leichte Darmverlagerung durch Wälzen sogar zurückdrehen“, erklärt Dr. Kathrin Rasch. Manchmal hilft auch leichtes Joggen lassen an der Longe oder sogar eine Anhängerfahrt, die Bewegung in den Körper bringt. Aber: Der Tierarzt muss sein Go geben.

Dieser Artikel ist erstmals erschienen in Reiter Revue 5/2020. Das Heft mit dem großen Fokusthema rund um die Darmgesundheit des Pferdes können Sie hier bestellen.