Leseprobe: Fette Pferde
Gefährlich: Zu dicke Pferde

Wir haben es in der Hand. Jeden Tag. Das Heu, das Kraftfutter, die Möhren und die Leckerlis. Viele Pferde in Deutschland bekommen davon zu viel. Wohlstandskrankheiten sind in deutsche Ställe eingezogen. Das Equine Metabolische Syndrom steht stellvertretend dafür. Es ist zu vergleichen mit dem Diabetes Typ-II beim Menschen. Die Pferde sind insulindysreguliert. Ihr Körper reagiert nicht mehr so empfindlich wie normal auf das Hormon Insulin. Der Blutzuckerspiegel gerät außer Kontrolle. Die Folgen für das Pferd können schmerzhaft, ja gar tödlich sein. „Übergewicht alleine kann Hufrehe auslösen“, betont Dr. Kathrin Irgang. Die auf Ernährung spezialisierte Tierärztin führt weiter aus: „Das ist ehrlich gesagt der Supergau: Das Pferd kann sich nicht mehr bewegen, weil es krank ist. Zugleich soll es abnehmen, da dies die einzige Behandlung für die Stoffwechselentgleisung im Pferdekörper ist. Im schlimmsten Fall kann das den Tod des Pferdes bedeuten. Es wurde mit Liebe totgefüttert.“
Den Trend, den Pferden 24 Stunden am Tag Heu zum Fressen anzubieten, sieht sie als einen möglichen Auslöser für Übergewicht an. „In Zeiten des Klimawandels, des Futtermangels und der gestiegenen Kosten für Futter und Tierarzt ist es irrsinnig, den Pferden 24 Stunden am Tag Heu zu bieten. Es ist Luxus, wenn die Tiere ad libitum Heu haben“, betont die Tierärztin. Dabei möchte sie nicht falsch verstanden werden: Lange Fresszeiten sind ihr ebenso wichtig, um dem natürlichen Fressverhalten des Pferdes gerecht zu werden. Mit sogenannten Slowfeedern wie Heunetzen, Heuraufen oder der Beigabe von Stroh im Raufutter könne man dem natürlichen Verhalten des Pferdes entgegenkommen, ohne es verfetten zu lassen, meint sie.