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Der ultimative Frische-Kick: Mit Tempo galoppieren

Ab nach draußen. Mal so richtig Gas geben. Den Körper auf Hochtouren bringen, den Winter aus den Lungen pusten. Genau das richtige im Frühling. Vielseitigkeitsreiterin Julia Mestern gibt die besten Tipps für einen frischen Galopp mit Kontrolle.

Flott nach vorne galoppieren macht nicht nur Spaß, es hat auch viele positive Effekte.

Rhythmisches Schnauben, donnernde Hufe, Wind im Gesicht. Kaum etwas beschert uns Reitern solche Glücksgefühle wie ein schneller Galopp im Gelände. Das hat auch viele positive Effekte für das Pferd, wie Vielseitigkeitsreiterin Julia Mestern zusammenfasst: „Das Pferd kann einmal so richtig durchatmen, tief Luft holen und die Lungen freikriegen. Für die Muskulatur ist es super, weil sie sich dehnen und stretchen kann. Besonders für die Bauchmuskulatur, die wir am besten im Galopp trainieren können. Und das Pferd ist dabei auch zufrieden und hat ein gutes Gefühl, weil viele Pferde eben auch gern mal schnell galoppieren.“ Kurzum: Ein beherzter Galopp ist der ultimative Frische-Kick. Nicht nur im Frühling.

Tempo statt herumbrettern

Einfach drauflos brettern ist damit jedoch nicht gemeint. Denn eines darf nie verloren gehen: die Kontrolle. Grundvoraussetzung dafür ist ein ausbalanciertes Pferd. „Ich sehe keinen Sinn darin, wenn das Pferd nicht entsprechend trainiert ist“, sagt auch Julia Mestern und nennt ein Beispiel: „Wenn jemand mit seinem Pferd sonst nur in der Halle oder auf dem Reitplatz unterwegs ist und einmal die Woche im Schritt ins Gelände geht, dann aber plötzlich übers Stoppelfeld knattert, ist das ein absolutes No-Go. Die Verletzungsgefahr für das Pferd ist viel zu groß und der Spaßfaktor einfach nicht vorhanden.“

Leichter Sitz

„Die Grundvoraussetzung für einen schnellen Galopp ist, dass man im leichten Sitz reiten kann“, sagt Julia Mestern. Dabei entlastet der Reiter den Rücken des Pferdes. Das Gesäß schwebt über dem Sattel. Die Bewegungen des Pferdes federt er mit gebeugten Knien ab. Wichtig ist die Balance: Würde man das Pferd unter dem Reiter wegnehmen, müsste der Reiter stehenbleiben können. „Wenn man den Galopp aussitzt, baut man mehr Druck auf“, sagt die Expertin. „Der leichte Sitz ist angenehmer für den Reiter und auch fürs Pferd.“

Mit einem Pferd, das nicht entsprechend trainiert ist, würde man an eine falsche Grenze gehen, findet sie. „Die Pferde kriegen Angst, weil sie diese Geschwindigkeit unter dem Reiter nicht kennen. Dann wird es unkontrolliert.“ Und somit auch gefährlich. Erst wenn das Pferd unter seinem Reiter auch im Gelände am langen Zügel entspannt Schritt geht, trabt und ruhig galoppiert, ist es bereit für einen schnelleren Galopp. „Die Pferde müssen im Gelände genauso zu reiten sein wie auf dem Reitplatz“, fasst Julia Mestern zusammen. Um sich langsam an das höhere Tempo heranzutasten, rät die Vielseitigkeitsreiterin, auf den Rhythmus zu achten.

„Ich gebe gern den Tipp, die Galoppsprünge zu zählen und auch zu atmen. Damit man sein Pferd nicht auf einmal schnell macht, sondern zum Beispiel einen zehn oder 15 Zentimeter längeren Galoppsprung im Rhythmus reitet. Je nachdem, was man sich zutraut.“ Der Reiter muss dabei jederzeit in der Lage sein, das Tempo wieder einzufangen. Das verbessert die Durchlässigkeit des Pferdes. Und Durchlässigkeit bedeutet letztendlich Kontrolle. Mit kurzen Zügeln und wildem im Maul ziehen erreicht man das nicht. Ganz im Gegenteil. „Man muss sich trauen, die Zügel loszulassen, natürlich trotzdem eine Verbindung zu halten, zum Treiben zu kommen und den Galopp zu reiten“, erklärt Julia Mestern. Ein kurzer, rückwärtswirkender Zügel baut immer Spannung im Pferd auf. Sie fasst zusammen: „Losgelassenheit betrifft nicht nur das Pferd, sondern auch den Reiter. Er muss sich trauen, loszulassen.“

Zügelmaß

„Ich würde immer mit dem Zügel eine leichte Verbindung halten, um das Pferd weiter zu unterstützen, damit es auch weiter über den Rücken galoppieren kann. Wenn ich alles wegschmeiße, habe ich natürlich keinerlei Trainingseffekt mehr. Das Pferd rennt einfach nur. Am langen Zügel muss es sich komplett selbst ausbalancieren.“

Harmonie zählt

Was aber, wenn das Pferd sich nach dem frischen Galopp gar nicht mehr beruhigen will? „Wenn das Pferd nur noch herumhampelt, muss ich es am Ende führen. Oder als Begleitung ein braves und ruhiges Pferd mitkommen lassen. Bringe ich das Pferd aufgeregt in den Stall, wird es beim nächsten Mal noch aufgeregter sein, wenn es ins Gelände geht.“ Deshalb, auch wenn die Versuchung manchmal groß ist, sind wilde Galopprennen für Julia Mestern tabu. „Pferde, die nie so ein Spaßrennen im Gelände gemacht haben, galoppieren eigentlich immer sehr entspannt nebeneinander her“, lautet ihre Erfahrung. „Klar, es gibt auch Pferde, die mehr Ehrgeiz haben und schneller sein wollen. Mit denen übe ich aber ganz konsequent, dass jeder an seiner Position bleiben muss. Sobald ich merke, dass etwas außer Kontrolle gerät, muss ich den Galopp abbrechen.“ Sie rät: lieber mit dem eigenen Pferd im Einklang bleiben, als sich zu einem unsinnigen Rennen hinreißen lassen.

Denn am Ende soll der Galopp beiden Spaß machen: dem Reiter und auch dem Pferd.