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Den Parcours richtig merken

Viel Zeit hat ein Springreiter auf dem Turnier nicht, um sich einen Parcours richtig einzuprägen. Mit unseren fünf Tipps verirren Sie sich nicht mehr so schnell im Pacours. Das Einprägen der Linien wird vielmehr zum Kinderspiel.

Hier geht's lang! Wie Sie sich den Parcours im Training und auf dem Turnier am besten merken können, erklären unsere Experten.

Sich mal zu verreiten, sei sicherlich menschlich, meint der erfolgreiche Springreiter Markus Merschformann. „Wenn ein Reiter allerdings regelmäßig vergisst, wo es im Parcours langgeht, ist das ein Zeichen von mangelnder Konzentration und zu wenig Routine – daran muss man definitiv arbeiten." Das Gute ist: Daran kann man arbeiten. Dr. Michael Gutmann ist Sportpsychologe und hat fünf Tipps auf Lager, die Reitern helfen können, sich den Parcours besser zu merken.

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Tipp 1: Der Reset-Knopf

Zunächst ist es laut Michael Gutmann wichtig, seinen „Arbeitsspeicher“, also den Kopf frei zu bekommen, bevor man den Parcours lernen und abspeichern möchte. Also gilt es, alles, was von dem Parcours ablenken könnte, auszublenden. „Das kann alles mögliche sein: Sorgen, die man in den Parcours hineinträgt, oder etwas, das vor dem Turnier passiert ist, oder etwas, das danach ansteht. Alles was nicht mit diesem Parcours zu tun hat, sollte der Reiter in einen imaginären Rucksack packen, den er draußen vor dem Platz abstellt“, rät Gutmann. Das heiße nicht, dass diese Dinge sich in Luft auflösen, man könne sich ja später wieder darum kümmern. Aber für den Moment im Parcours sollten alle anderen Sorgen und Nöte außerhalb des Springplatzes bleiben. „Das Motto heißt dann: Jetzt bin ich hier und es geht um den Parcours!“

Tipp 2: Der Spickzettel

Der Spickzettel ist im Leistungssport unbedingt erlaubt und ein wichtiges Werkzeug, um sich Abläufe einzuprägen. „Der Reiter sollte sich jemanden organisieren, der sich während des Abgehens Notizen macht oder vielleicht eine Zeichnung anfertigt. Das hat nichts mit spicken zu tun, sondern ist tatsächlich eine äußerst professionelle Vorgehensweise“, betont Gutmann. Zum einen prägen sich Dinge besser ein, die man sich einmal aufgeschrieben hat. Zum anderen kann der Reiter jederzeit während des Abreitens oder kurz vor dem Start noch einen schnellen Blick auf den Zettel werfen. Alleine schon die Tatsache, dass diese Möglichkeit besteht, bringt mehr Ruhe und Sicherheit in die Vorbereitung.

Wer im Training immer mal wieder das Parcoursreiten übt, hat es auf dem Turnier leichter.

Tipp 3: Der Film

Es reicht nicht, den Parcours im Schnellschritt durchzulaufen. „Der Reiter muss im Kopf haben, wie der Parcours aussieht“, mahnt Gutmann. „Vielen hilft es, nach dem einen oder anderen Teil des Parcours die Augen zu schließen und ihn gedanklich durchzureiten.“ Schlussendlich muss ein ganzer Film entstehen, der den Parcours von Anfang bis Ende im Kopf ablichtet. Dabei unterscheidet Gutmann zwischen zwei Perspektiven. Die eine entspricht der Sicht aus dem Sattel. Der Reiter stellt sich also vor, er sitzt auf dem Pferd und reitet den Parcours durch. Die andere Perspektive kommt von der Tribüne, der Reiter beobachtet also andere Paare, wie sie den Parcours bewältigen. „Welche der beiden Varianten gewählt wird und besser funktioniert, muss jeder für sich herausfinden“, so Gutmann. Wichtig sei es, einen Plan im Kopf zu haben und zwar so konkret wie möglich.

Tipp 4: Im Kopf reiten

Wer sich einen Parcours nur nach der Reihenfolge der Zahlen merken möchte, ist fast schon zum Scheitern verurteilt. Laut Gutmann sei es wichtig, mehrere Sinne in den Einprägungsprozess einzubeziehen. „Es reicht nicht nur der Plan im Kopf. Ich muss im Geiste auf dem Pferd sitzen und auch den Rhythmus fühlen, mit dem der Parcours absolviert wird.“ Also sollte der Reiter verinnerlichen, wie es sich zum Beispiel anfühlt, wenn er von der linken Hand in einem guten Parcourstempo auf den Steilsprung zu reitet und wie sich die sieben Galoppsprünge in einem leichten Rechtsbogen auf den Oxer anfühlen. Nachdem er dann das Tempo zurücknehmen muss, um sofort wieder links zu wenden, damit er gerade auf die zweifache Kombination zureiten kann, und so weiter. Jeder Parcours hat seinen eigenen Rhythmus, den jeder Reiter mit seinem Pferd noch mal individuell anders als seine Mitstreiter erlebt. Diesen ganz eigenen Rhythmus gilt es, sich schon vor dem Einritt zu vergegenwärtigen. „Das ist schon eine Kunst, den Parcours nicht nur im Kopf zu rekonstruieren, sondern wirklich zu fühlen“, betont Gutmann. Genau das scheint das Geheimnis derjenigen Reiter zu sein, die kein Problem damit haben, sich die Reihenfolge von Sprüngen zu merken.

Auch Markus Merschformann erklärt, dass er beim Abgehen eines Parcours die Wege schon so wahrnimmt, wie er sie später mit dem Pferd bewältigen möchte. „Ich habe das Pferd dann im Gefühl, den Rhythmus fühle ich schon im Körper“, verdeutlicht der Pferdewirtschaftsmeister seine Vorgehensweise. Er geht sogar noch einen Schritt weiter und legt sich Plan B zurecht, für den Fall, dass später mit dem Pferd etwas nicht so funktioniert, wie ursprünglich gedacht. Auch für lange Wartezeiten ist es wichtig, das eigene Drehbuch für seinen ganz eigenen Parcours parat zu haben: „So ein Springen kann lange dauern und wenn ich auf der Tribüne sitze und vielleicht schon 80 andere Reiter in dem Parcours gesehen habe, ist es gerade dann wichtig, dass ich den Parcours noch mal selbst mit meinem ganz eigenen Gefühl im Kopf durchgehe“, rät Markus Merschformann.

Sie kennen die Distanz aus dem Training? Erinnern Sie sich, wie Sie sie da geritten sind.

Tipp 5: Erfahrungen nutzen

Je öfter ein Reiter Parcours springt – egal ob im Training oder auf dem Turnier – desto größer wird sein Erfahrungsschatz bezüglich der Linien, Wege, Distanzen und Kombinationen. Kurz: der Aufgaben im Parcours. Diese Erfahrungen sind wertvoll und sollten auch darin Verwendung finden, wenn ein Reiter sich einen neuen Parcours merken soll: „Sicher ist nicht ein Parcours wie der andere, aber vielleicht erkennt der Reiter ein Element aus der Springprüfung vom vorletzten Wochenende wieder oder vielleicht gibt es eine Distanz, die ganz ähnlich im Training geübt wurde. Diese bekannten Elemente sollte der Reiter auf die neue Herausforderung übertragen, also Bekanntes mit dem Neuen verknüpfen“, erklärt Gutmann. Um sich einen solchen Erfahrungspool zu erarbeiten, ist es sinnvoll, auch zu Hause regelmäßig Parcours zu reiten. Wer das Fünf-Punkte-Programm bereits im Heimatstall anwendet, wird mit etwas Übung auch immer schneller darin, die einzelnen Elemente zu nutzen und hat sein eigenes Navigationsprogramm bald im Kopf.