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Acht Fragen zum Thema Sporen

Sporen muss man sich verdienen, so lautet eine alte Reiterweisheit. Doch selbst in den Einsteigerklassen auf ländlichen Turnieren ist kaum ein Reiter ohne Sporen unterwegs. Muss man wirklich jedes Pferd irgendwann mit Sporen reiten? Oder kann man auch ohne Sporen im großen Sport ankommen? Diese und weitere Fragen haben wir geklärt.

Wenn Schenkellage und Bügeltritt stimmen, muss der Reiter seinen Fuß bewusst drehen, um das Pferd mit dem Sporn zu berühren.

1. Ist es sinnvoll, jeden Tag mit Sporen zu reiten oder stumpft das Pferd dann ab?

„Ich empfehle Reitern, häufiger mal ohne Sporen zu reiten“, sagt Susanne Miesner. „So können sie überprüfen, wie feinfühlig ihre Pferde bereits sind.“ Gute Reiter sind in der Lage, mit Sporen zu reiten ohne sie ein einziges Mal zu benutzen. „Wenn Schenkellage und Bügeltritt des Reiters stimmen, muss der Reiter seinen Fuß bewusst drehen, um das Pferd mit dem Sporn zu berühren“, sagt die Dressurausbilderin. Das Pferd stumpft nur ab, wenn der Reiter ständig mit dem Sporn am Pferdeleib herumstochert. Bei triebigen Pferden ist eine Dressurgerte sinnvoller als ein Paar Sporen.

2. Wie sieht die perfekte Schenkellage aus?

„Knie, Unterschenkel und Absatz des Reiters müssen ein stabiles Fundament bilden“, erklärt Susanne Miesner. Die Richtlinien für Reiten und Fahren beschreiben die sichere Schenkellage mit einem ruhig und tief liegenden Knie und einer losgelassenen Oberschenkelmuskulatur. Die Knie liegen flach an, sorgen für eine natürliche Fußhaltung. Der Fuß ist nahezu parallel zum Pferd und tritt an seiner breitesten Stelle in den Bügel. Der Absatz federt locker durch. Die treibende Hilfe geht von der Unterschenkelmuskulatur aus.

3. Wie häufig sind Sporenlöcher auf Turnieren?

Die sogenannte „Blood Rule“des Weltreiterverbands (FEI) besagt, dass ein Reiter sofort ausgeschlossen wird, sobald sein Pferd blutet, egal ob aus dem Maul oder an den Flanken. Birgit Bögel ist seit Jahren auf ländlichen Turnieren als Richterin tätig. Sie kann sich nur an einen oder zwei Vorfälle erinnern. „Sporenlöcher auf Turnieren sind glücklicherweise sehr selten“, sagt sie.

Sind Sie reif für Sporen?

1. Sie können Schenkel-, Gewichts- und Zügelhilfen unabhängig voneinander einsetzen?
2. Ihr Schenkel liegt in jeder Gangart ruhig am Pferdeleib?
3. Ihr Fuß bleibt parallel neben dem Pferd, sodass Sie ihn drehen müssten, um das Pferd mit dem Sporn zu berühren?
4. Ihr Pferd geht willig und losgelassen und reagiert auf Ihre Hilfengebung?
5. Sie bekommen Ihr Pferd auch ohne Gerte und Sporen vorwärts?

Können Sie alle Fragen mit „Ja“ beantworten, sind Sie reif für Sporen.

4. Wie bekommt man ein ruhigeres Bein?

Markus Merschformann lässt seine Springreiter häufig mit Dressurbügeln reiten. „Ich mache ihnen die Bügel gut vier bis fünf Loch länger. Dadurch verbessert sich der Sitz häufig schon sehr. Dann lasse ich sie viele Übergänge reiten und viel aussitzen. So spüren sie den Schwung des Pferdes wieder besser und können sich vermehrt auf ihren Schenkel konzentrieren. Nach einer gewissen Zeit sitzen die Reiter dann auch mit kurzen Bügeln wieder besser.“

Dressurreiter hingegen können ihre Bügel verkürzen und im leichten Sitz traben und galoppieren, um ihre Flexibilität im Sattel zu schulen. Eines weiß Merschformann genau: Reiten bedeutet Disziplin. „Der Reiter muss sich selbst zwingen, die Übung-en durchzuziehen“, so Merschformann. Peter Teeuwen empfiehlt, zwischendurch die Steigbügel überzuschlagen, um den Sitz zu kontrollieren.

5. Was kann man tun, wenn das Pferd stumpf auf die treibende Hilfe geworden ist?

Dressurausbilderin Susanne Miesner trainert solche Pferde zunächst vermehrt an der Longe. „Das Pferd muss erst ohne Reiter wieder zurück zur Bewegungsfreude finden und an das Gebiss herantreten. Es muss sich wieder loslassen und vorwärts wollen.“ Peter Teeuwen sieht in solchen Fällen eine lange Dressurgerte als effektivstes Hilfsmittel. „Schärfere Sporen bringen nichts. Auf den Impuls von hinten reagieren die Pferde hingegen besser.“

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6. Haben manche Pferde ein „dickeres Fell“?

Peter Teeuwen macht den Unterschied im Charakter des Pferdes aus. „Hoch sensible Pferde, wie wir sie im Sport haben möchten, können schon mal sehr heftig auf einen versehentlichen Sporenimpuls reagieren. Da kann es sogar richtig gefährlich werden.“ Weniger sensible Pferde verzeihen einen unbeabsichtigten Sporenpiekser eher. „Manche Pferde sind auch bereits so abgestumpft, dass sie gar nicht mehr auf den Sporen reagieren“, so Teeuwen.

7. Reagieren Stuten zickiger auf Sporen als Hengste und Wallache?

„Die modern gezüchteten Pferde sind sehr sensibel. Da kann es schon mal sein, dass gerade Stuten etwas zickig auf den Sporn reagieren“, vermutet Susanne Miesner und fügt hinzu: „Es liegt aber immer auch am Feingefühl des Reiters, wie das Pferd auf den Schenkeldruck oder den Sporn reagiert.“ Markus Merschformann empfiehlt bei zickigen Stuten viel Gefühl: „Man muss sich in das Pferd hineinfühlen und dann entscheiden, welches Paar Sporen das richtige ist und womit das Pferd sich am wohlsten fühlt und am besten mitarbeitet. Generell kann man aber nicht pauschalisieren, ob nun Hengste, Stuten oder Wallache leistungsbereiter sind.“ Peter Teeuwen sagt: „Gibt der Reiter einem sensiblen Pferd im Parcours einen ungewollten Sporenimpuls, kann es passieren, dass das Pferd sich verkrampft und es zum Springfehler kommt.“

8. Kann man auch ohne Sporen im großen Sport ankommen?

Markus Merschformann selbst hat sein damaliges Spitzenpferd Ballerina wenn überhaupt nur mit sehr kleinen Sporen geritten. 1997 war er mit der Stute bei den Europameisterschaften der Springreiter in Mannheim Teil des deutschen Gold-Teams. „Hat man ein blutgeprägtes Pferd mit viel Vorwärtsdrang, kann man auch auf Sporen verzichten“, sagt Merschformann. „Auf Turnieren erfüllen Sporen bei vielen Reitern eher einen psychologischen Effekt: Sie fühlen sich sicherer im Parcours, wenn sie sie dabei haben.“ Susanne Miesner spricht für die Dressurreiter: „Gerte und Sporen sind nur Hilfsmittel, die eigentlichen Hilfen gehen von Gewicht, Schenkel und Zügel aus. Ein guter Reiter ist in der Lage, sein Pferd nur mit den reiterlichen Hilfen auszubilden. Natürlich muss das Pferd genügend Motivation mitbringen.“

Der Artikel ist erschienen in Reiter Revue 11/2015.