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Weltcup-Finale: Henrik von Eckermann über seine Diva Mary Lou

Henrik von Eckermann und seine Stute Mary Lou sind seit anderthalb Jahren ein Team. Die Westfalenstute ist für den Schweden ein Glücksgriff, ein Ausnahmepferd. Was das für von Eckermann bedeutet, erzählt er im exklusiven Reiter Revue-Interview.

Henrik von Eckermann und Mary Lou beim Weltcup-Finale in Paris. Bisher haben sie die anspruchsvollen Aufgaben fehlerfrei gemeistert.

Paris/FRA – Henrik von Eckermann reitet die zwölf Jahre alte Westfalenstute Mary Lou seit anderthalb Jahren. Die Montendro-Portland-Tochter ist für ihn eine Diva und Kämpferin gleichermaßen. Alles über ein Pferd mit viel Herz im Parcours und mit Allüren im Alltag:

Mary Lou ist Ihr absolutes Top-Pferd. Aktuell liegen Sie mit ihr auf Platz zwei im Zwischenstand um das Weltcup-Finale. Wie fühlt sich das an?

Sehr gut. Es ist eine gute Ausgangsposition für das Finale am Sonntag. Und ich weiß, dass Mary Lou normalerweise von Turniertag zu Turniertag noch besser wird.

Wie kam es dazu, dass die Familie Tovek die Stute gekauft hat?

Nach ihrem Sieg im Weltcup-Springen von Göteborg kamen natürlich einige Anfragen da, ob sie zu verkaufen sei. Daraufhin bin ich auf die Familie Tovek zugegangen und habe gefragt, ob sie sich vorstellen können die Stute zu kaufen. Evalina Tovek ist eine Schülerin von mir und ihr Vater leitet den Konzern Tovek. Wir haben zum Glück eine attraktive Lösung für beide Seiten gefunden, so dass Mary Lou auf jeden Fall bis zu den Olympischen Spielen 2020 bei mir bleiben wird. Das ist wirklich unglaublich.

Es ist also eine große Sicherheit für Sie.

Absolut. Ohne Pferd ist man als Reiter nichts und ohne ein Top-Pferd wie Mary Lou ist es unmöglich in den schweren Parcours der Welt zu bestehen. Die Zweit- und Drittpferde kommen und gehen schneller, umso wichtiger ist es, ein Pferd wie sie – einen Superstar – sicher zu haben.

Wie haben Sie diesen Superstar denn entdeckt?

Karl Schneider, auf dessen Anlage ich meine Pferde stehen habe, hat sie vor zwei Jahren gekauft, noch bevor ich mich selbstständig gemacht habe. Damals war ich noch bei Ludger Beerbaum, aber es stand schon fest, dass ich wechseln werde. Karl Schneider fragte mich jedenfalls, ob ich sie ausprobieren will. Er war begeistert von ihr. Also habe ich ein paar Sprünge mit ihr gemacht und hatte sofort ein sehr gutes Gefühl.

War Ihnen von Anfang an klar, was für ein Crack sie ist?

Ihre Entwicklung war so aber nicht abzusehen. Ein Ausnahmepferd muss sich erst beweisen. Ihre Qualität war zu erkennen und ich mochte sie direkt. Sie liegt mir. Ich mag sensible Pferde mit viel Blut.

Wie sieht der Alltag mit ihr aus?

Sie braucht viel Aufmerksamkeit und kommt sehr viel raus. Das ist überaus wichtig. Wenn sie morgens um acht noch nicht draußen war, fängt sie an zu scharren. Manchmal denke ich, dass sie eine eingebaute Uhr hat. Meine Pflegerin liebt das Pferd, macht alles möglich und so ist Mary Lou wirklich die Königin im Stall. Das weiß sie auch. Sie ist sowas von verwöhnt – zu Recht.

Wie ist ihr Charakter?

Herrlich. Sie ist so wach und immer bei der Sache. Auch hier in Paris. Sie ist nun schon drei Tage hier gesprungen und sie will einfach immer wieder. Sie ist wie eine Maschine, hat Kraft und Power und ist voll dabei.

Ist es die Herausforderung sie zu bremsen?

Durchaus. Ein heißes Pferd kann man nicht reiten bis es müde wird, sondern muss es auf seiner Seite haben und das Training so managen, dass es ideal passt. Mary Lou reite ich zum Beispiel wenige Stunden vor dem Springen schon einmal, einfach damit sie locker ist. Das Abreiten vor der Prüfung ist dann entsprechend kürzer. Für sie ist das optimal. Sie möchte einfach den ganzen Tag über unterhalten werden. Und das versuchen wir möglich zu machen. Sie ist wie ein Jagdhund, der auch keine Langeweile mag.

Koninuität im Parcours: Das ist Mary Lous Stärke.

Wie sieht Ihr Training aus? Wie oft springen Sie sie zu Hause?

Ganz selten. Ich mache mal Cavaletti-Arbeit. Einen Parcours bin ich in den vergangenen anderthalb Jahren vielleicht 15 Mal gesprungen. Dadurch, dass sie gerne auf dem Turnier ist und wir sehr regelmäßig unterwegs sind, hat sie eine sehr gute Kondition. Die Kontinuität in der Arbeit tut ihr gut.

Braucht sie diese Konstanz?

Ja, ich bin befürworte es generell, dass die Pferde immer kurze Turnierpausen zwischendurch haben und das ganze Jahr über Turniere gehen. Meines Erachtens ist das besser, als sie für zwei Monate rauszuziehen. Danach steigt häufig das Verletzungsrisiko, weil sie einfach nicht so fit sind.

Können Sie sie mit einem Star vergleichen?

Irgendeine Diva.

Eine Diva, die Sie nicht mehr gehen lassen möchten.

Absolut. Ich habe diese Situation früher nie gehabt, dass ein Pferd nur für mich gesichert wird und ich über Jahre mit ihm planen kann. Das ist ein ganz neues Gefühl. Früher war nach einem guten Ritt immer der Gedanke da, dass nun die Chance wieder größer ist, dass sie verkauft wird. Das habe ich nun nicht mehr und das ist unglaublich befreiend. Wenn die Prüfung gut war, kann ich mich freuen und wenn es mal nicht so geklappt hat, habe ich die Gewissheit, dass ich es beim nächsten Mal besser machen kann. Früher war viel mehr Druck da, weil man nie wusste, ob man so ein tolles Pferd auch noch beim nächsten Championat reiten kann.

Was bedeutet Mary Lou für Sie?

Sie ist ein Ausnahmepferd. Ihre tollen Ergebnisse sprechen für sich. Sie kämpft für mich. Andererseits weiß ich genau, wie sie tickt. Das macht vieles leichter, planbarer. Zum Beispiel weiß ich bei ihr, dass sie am letzten Turniertag immer gut ist. Da ist die Chance sehr groß, dass sie wieder Null geht.

Mary Lou will keine Stange berühren.

Sie wirken sehr ausgeglichen und zufrieden. Der Schritt in die Selbstständigkeit war für Sie eine gute Entscheidung?

Ich hatte fantastische zwölf Jahre bei Ludger Beerbaum und ohne diese Zeit würde ich heute auch anders dastehen. Ich habe da so viel gelernt über das Management der Pferde. Natürlich muss man gut reiten, aber das können viele. Doch es geht um so viel mehr. Riesenbeck war für mich wie eine Schule für Pferdeleute. Vom Futter über den Schmied bis zum Umgang mit den Besitzern habe ich da sehr, sehr viel gelernt. Einfach das ganze Paket. Dafür bin ich dankbar.

Zurück zum Weltcup-Finale: Haben Sie Beezie Madden im Vorfeld so gut eingeschätzt?

Ich wusste, dass sie gut unterwegs ist. Aber als Favorit hatte ich doch ein paar andere auf dem Zettel. Ich hätte nicht erwartet, dass sie zwei Tage hintereinander gewinnt.

Schauen Sie sich die Ritte Ihrer Konkurrenten vor dem Start an?

Ich konzentriere mich auf mich selbst und schaue mir lediglich drei, vier Pferde an. Aber nicht willkürlich, sondern ich überlege, welche meinem Pferd ähnlich sind und damit überprüfe ich dann, ob mein Plan für den Parcours der richtige ist.

Wie ist Ihr Gefühl für das Finale am Sonntag?

Mary Lou gibt mir schon in den ganzen Tagen ein sehr gutes Gefühl. Auch heute früh hat sie sich frisch und gut angefühlt. Ich freue mich auf das Finale.

Hochkonzentriert wird Henrik von Eckermann auch im Finale unterwegs sein.