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Leseprobe: Glücklich im Abseits

Olympiasiegerin Nicole Uphoff-Selke im Portrait

Sie ist die jüngste Dressur-Olympiasiegerin aller Zeiten. Mit ihrem Rembrandt schrieb Nicole Uphoff Geschichte, es war ein Märchen. Sie war die Ikone der späten 80er und 90er Jahre. Gefeiert, bejubelt – aber auch harsch kritisiert. Was ist geblieben? Ein glücklicher Mensch. Und eine Schönwetterreiterin.

Hobbyreiterin mit Weltkarriere: Nicole Uphoff-Selke mit ihrer Stute Riverdance.

Es herrscht Aufbruchstimmung an diesem Mittwochmorgen im Einfamilienhaus einer kleinen Straße in Worms. Hier wohnt die vierfache Dressur-Olympiasiegerin und Heldin vieler reitsportbegeisterter Mädchen in den 80er und 90er Jahren: Nicole Uphoff-Selke. Sie steht vor der Haustür mit pinkem Oberteil, knallbuntem Schal, Strickweste, Jeans und Hausschuhen. Corona-Grußfaust: „Nicole“, stellt sie sich vor. Energisch, freundlich. Drinnen begrüßen uns Andreas Selke und Sohn Philip auf die gleiche Weise – „wir schlagen uns hier nur noch“, lautet der trockene Kommentar von Andreas Selke. Die Männer machen sich aus dem Staub, Nicole Uphoff-Selke schmeißt die Kaffeemaschine an.

Im Flur, der zum offenen Wohn- und Essbereich führt, stehen sich zwei Glasvitrinen gegenüber. In der einen stehen Fotos von der Familie und den Pferden, in der anderen Erinnerungsstücke an das wichtigste Pferd in Nicoles Leben: Rembrandt. Er ist allgegenwärtig. In diesem Haus. In ihren Erzählungen. Er hat ihr Leben geformt: Es war ein bewegtes Leben mit einschneidenden Höhen und Tiefen, es ist ein zufriedenes, glückliches Leben. Nicole Uphoff-Selke ist angekommen. Das hat mit ihrem Mann Andreas, den Söhnen Patrick und Philip zu tun, aber auch mit diesem Ort, mit Schicksalen und Zufällen. Aber dazu kommen wir noch.

Eine rasante Karriere

Der Weg, den Nicole Uphoff damals einschlug, hatte etwas von Überschallgeschwindigkeit. Mit neun in der Reitschule angefangen zu reiten, mit zehn das erste Pferd Waldfee, mit zwölf bekam sie Askan, mit 13 Rembrandt, mit 14 ritt sie die erste S-Dressur mit Askan, kurz danach der erste S-Sieg, mit 19 das Goldene Reitabzeichen, mit 21 Einzel- und Mannschaftsgold bei den Olympischen Spielen in Seoul. Ein Märchen. In der prägendsten und instabilsten Phase eines Menschen, der Jugend.

Sie habe nie von all den Erfolgen geträumt, „es war nichts geplant.“ Die Reiter in der Reitschule auf Sylt, wo sie während eines Urlaubs ihre erste Reitstunde nahm, fand sie eher „affig und arrogant mit ihren Handschuhen und Reitkappen“. Nicole träumte von der großen Freiheit mit dem eigenen Pferd. Zurück in Duisburg, Nicoles Heimat, verkündeten die Eltern: „Du darfst in den Reitverein.“ Die Neunjährige fand das ernüchternd. „Ich dachte, ich krieg‘ ein Pferd.“ Heute lacht sie über diesen Gedanken. Sie musste ja nicht lange warten. „Ich glaube auch nicht, dass ich jemals undankbar war. Aber in dem Alter ist einem nicht so bewusst, was die Eltern für einen tun. Und das finde ich in Ordnung.“

Explosive Mischung

Die Eltern wussten nicht viel über Pferde, aber sie unterstützten ihre Tochter, wo sie konnten. „Meine Mutter war meine Vertrauensperson, war mit auf Turnieren, war jeden Nachmittag mit mir unterwegs zu den Pferden. Heute weiß ich gar nicht, wie sie das alles gewuppt hat. Sie hat alles für mich im Hintergrund getan. Hätte ich dieses Team nicht gehabt, hätte das nicht funktioniert. Ich musste mich ‚nur‘ um meine Pferde kümmern und reiten.“

Zu dem Team gehörte auch der Vater, ein emsiger Geschäftsmann, der Nicole nicht nur die Pferde kaufte. Jürgen Uphoff war es auch, der ihr später die ersten Sponsoren an Land zog – zu dieser Zeit im Dressursport revolutionär. Rembrandt war das erste Dressurpferd mit Sponsoren-Namen: Borbet. Aber: Nicole und ihr Vater waren auch eine explosive Mischung. Er wollte die Kontrolle über seine Tochter nicht verlieren. Für die freiheitsliebende Nicole war das Gift. Sie stritten. Oft. Auch auf Turnieren. „Auf der anderen Seite war es gut, dass es so schwierig war“, sagt die 55-Jährige rückblickend. Ihr sei immer ein starkes Phlegma nachgesagt worden. „Wenn ich nicht so einen hohen Adrenalinspiegel hatte, habe ich in der Prüfung schon mal ein bisschen verschlafen. Auf jedem wichtigen Championat hatte ich Ärger mit meinem Vater, was perfekt war, weil ich dann wach war. Alle machten sich immer Sorgen und fragten: ‚Kannst du noch reiten?’.“ Und ob! ...

Über den Ruhm und den Rummel, den Nicole Uphoff-Selke damals erlebte, über Remmi, den Rebell, über die Kritik und die Schattenseiten des Erfolgs und über ihr Leben heute – all das lesen Sie im Portrait über Nicole Uphoff-Selke in unserer Juni-Ausgabe. Das Heft können Sie hier versandkostenfrei nach Hause bestellen oder direkt zum "Loslesen" als digitale Ausgabe bestellen.