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Leseprobe

Jessica Süss: Mit Wildpferd im Viereck

In der Thüringeti wachsen Pferde in der Wildnis auf. Einmal im Jahr werden einige auf einer Auktion versteigert. So landete eines im Stall von Dressurreiterin Jessica Süss - und ist heute auf gutem Wege, ein Star im Viereck zu werden.

Jessica Süss und Family Affair, aka Flori, sind heute ein eingespieltes Team.

Eine begeisternde Schönheit offenbarte sich Jessica Süss nicht, als sie vor zwei Jahren ihren neuen Schützling abholte: „Auf den ersten Blick war es eine Ernüchterung“, erinnert sich die erfolgreiche Dressurausbilderin. Aber der Reihe nach.

Wir sind zu Besuch auf der Reitanlage Haus Möllenbeck in Münster, wo Jessica Süss eine Stallgasse mit einem guten Dutzend Pferde betreut – vom dreijährigen Reitpony bis zum Grand Prix-Pferd. Doch heute steht ein besonderer Fuchswallach im Mittelpunkt der Geschichte: Family Affair THC, genannt Flori. Ein echtes Wildpferd! Und zwar nicht im übertragenen Sinne.

(K)ein eigenes Pferd

Eigentlich wollte sich Jessica Süss ganz auf Kundenpferde konzentrieren und kein eigenes Pferd mehr im Stall haben. Doch ihr Lebensgefährte Markus Hinzke änderte diesen Plan und überraschte sie mit einem außergewöhnlichen Geburtstagsgeschenk. Der Musikchoreograph, der weltweit für die musikalische Untermalung internationaler Reitsport-events unterwegs ist und Kür-Musiken unter anderem für Dorothee Schneider produzierte, ist schon von Beginn bei der Thüringeti-Auktion dabei, gemeinsam mit Auktionator Volker Raulf. Die Thüringeti ist ein besonderes Projekt am Nordrand des Thüringer Waldes. Auf rund 2.500 Hektar Fläche weiden Pferde, Rinder, Schafe und Ziegen ganzjährig halbwild. Einmal im Jahr bietet der Initiator dieses Naturschutzprojekts, Heinz Bley, einige der Jungpferde aus der Herde auf einer Auktion an. Auch für Sportreiter interessant, denn das Besondere an der Thüringeti ist, dass Vererber aus der Warmblutzucht in die Herde eingegliedert werden und für Nachwuchs sorgen. Sport- und Wildpferd in einem sozusagen.

Markus Hinzke ist auch auf der Aktion für die Beschallung zuständig. „Ich habe nie mit dem Gedanken gespielt, auf einer Auktion ein Pferd zu kaufen“, lacht der gebürtige Baden-Württemberger. Bis 2019. „Wir standen einfach da und guckten uns die Pferde an. Die kommen immer in Dreiergruppen in die Bahn, es ist alles ein bisschen wild und alle rennen durcheinander. Und dann ist mir die Nummer 43 aufgefallen. Ich habe das Pferd einfach ein bisschen beobachtet und es stach durch seine Grundgangarten doch aus der Gruppe heraus. Dann habe ich mit Volker Raulf Blicke gewechselt – und so war der Gedanke irgendwie geboren“, erinnert er sich.

Der bunte Fuchs war bereits dreijährig und gelegt. Er war als Fohlen versteigert worden, wuchs weiterhin in der Thüringeti auf, doch dann verstarb sein Besitzer und die Erben gaben ihn erneut in die Auktion. Hinzke machte ein Video, schickte es Jessica und fragte sie nach ihrer Meinung zu dem Fuchs von Formidabel aus einer Dijon-Mutter. Die Antwort war: „Der trabt gut, aber bitte nicht kaufen!“ – „Dazu habe ich mich gar nicht geäußert“, grinst Hinzke. Er dachte bei sich: „Uta Gräf und ihr Mann kaufen hier immer wieder Pferde, irgendwie scheint das doch zu funktionieren.“ Also beobachtete er das Pferd weiter: „Es war wach und aufmerksam, irgendwie speziell.“ Jessica Süss‘ Eltern waren just in diesem Jahr zum ersten Mal als Caterer bei der Thüringeti-Auktion, also musste Hinzke nicht lange nach Verbündeten suchen: „Ich habe mich mit Jessicas Vater abgesprochen. Er sollte auf Zeichen von mir bieten.“ Und es funktionierte. „Wir bekamen den Zuschlag bei 4.300 Euro: Flori war somit das zweitteuerste Pferd in dem Jahr“, muss Hinzke lachen. Nun nahte aber der Moment der Wahrheit: „Ich sag mal so: Jessica war erst mal eher gebremst euphorisch.“

In unserem aktuellen Heft lesen Sie die ganze Geschichte: Welche Herausforderungen auf Jessica Süss in der Anfangszeit warteten und wie Sie aus dem Wildpferd Schritt für Schritt einen motivierten Sportler gemacht hat. Das Heft können Sie versandkostenfrei online bestellen.