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Bundeschampionate 2022

Im Interview: Vielseitigkeitsreiter Jérôme Robiné​

Mit zwei Trakehnern trat Jérôme Robiné dieses Jahr bei den Bundeschampionaten an. Sturmpfeil wurde unter ihm Vize-Bundeschampion, Polaris Zehnter. Wir haben den 24-Jährigen gesprochen: Warum er sich längst nicht als Ausbilder sieht, was seine Youngster so besonders macht und warum man manch eine Erfahrung einfach selbst erleben muss.​

Jérôme Robiné​ und Vize-Bundeschampion der fünfjährigen Vielseitigkeitspferde, Sturmpfeil.

Warendorf – Für Jérôme Robiné läuft es rund. In diesem Jahr gewann er souverän und zum zweiten Mal in Folge die Serienwertung des U25 Förderpreises, er ist Mitglied des Perspektivkaders und des Talentpools der Stiftung Deutscher Spitzenpferdesport und an diesem Wochenende konnte er mit den jungen Trakehnern Sturmpfeil und Polaris die Plätze zwei und zehn beim Bundeschampionat der fünfjährigen Vielseitigkeitspferde feiern. Der 24-Jährige kommt aus einer Darmstädter Reiter- und Züchterfamilie, war immer umgeben von Pferden, nahm alle Stufen als Nachwuchsreiter wahr, sammelte in dieser Zeit sämtliche Medaillenfarben auf Europameisterschaften und ist seit sechs Jahren Sportsoldat an der Sportschule der Bundeswehr in Warendorf.

Während die Trakehner Jungspunde Sturmpfeil und Polaris gerade ihre Ruhe im Stall genossen, traf sich RRI-Redakteurin Karolin Leszinski am Samstagmittag mit Jérôme Robiné. Ein Interview auf den familieneigenen Campingstühlen neben der Trainingshalle abseits des Championatstrubels.

Jérôme, wie zufrieden bist du bisher mit der Leistung deiner beiden Trakehner?

Sehr. Ich habe die beiden seit Anfang des Jahres von altbekannten Besitzern: Michael Schneider, der Besitzer von Polaris kennt mich, seit ich ein Kind bin, Jörg Kurbel auch, er ist mein alter Trainer. Von Michael hab ich, seit ich hier bin, immer wieder junge Pferde, so auch Polaris. Jörg hatte mich Ende des Jahres angerufen und gesagt, wenn ich an Weihnachten zu Hause bin, solle ich doch mal vorbeikommen und mich auf Sturmpfeil setzen. Das war ganz ordentlich und er meinte, „das gehen wir dann mal an dieses Jahr“ – so kam Sturmpfeil im Februar zu mir.

Welche Pferdetypen reitest du gerne?

Ich habe bisher eher größere Pferde gehabt, die man vielleicht etwas mehr zusammenhalten muss. Ich denke schon, dass das Pferde sind, die ich gerne reite und mit denen sich andere schwerer tun. Am Ende habe ich aber noch nicht den Luxus zu sagen, das ist mein Pferdetyp, den hätte ich gerne.

Was macht die beiden aus?

Sturmpfeil ist wirklich ein Modellathlet: Er ist groß, langbeinig, die Proportionen stimmen. Hengste sehen dann eh nochmal schöner aus. Anfang des Jahres war er auch noch ein bisschen hengstig, sodass ich schon dachte, „hoffentlich legt sich das“. Und das hat es auch in diesem halben Jahr, er ist mit der Zeit und von Turnier zu Turnier super entspannt geworden.

Polaris ist vielleicht nicht so auffällig im ersten Moment, aber er ist ein sehr konstantes Pferd. Ich glaube, wenn es nicht mehr alleine um Wertnoten geht, kann er sehr gut sein.

Die Ausbildung junger Vielseitigkeitspferde, könnte das dein Steckenpferd werden oder anders gefragt, fühlst du dich als Ausbilder?

Ich habe jetzt schon ein paar junge Pferde ausgebildet und viel dazu gelernt, ein paar gute Sachen gemacht, aber auch viele Fehler, die man nicht nochmal machen würde. Von der Erfahrung fehlen mir wahrscheinlich noch 20 Jahre, bis ich mich als Ausbilder betiteln sollte. Aber es ist schon so, dass man jetzt mehr eine Idee davon hat und Dinge, die man vor fünf Jahren gemacht hat, jetzt anders machen würde. Da lernt man viel dazu.

Es ist ja auch spannend, genau das für sich herausfinden zu können, ob einem die Ausbildung junger Pferde liegt oder nicht.

Ich habe sie schon gerne jung bei mir und es ist etwas anderes, wenn man ein älteres Pferd bekommt, bei dem in der Grundausbildung vielleicht etwas anders gemacht wurde. Ich glaube auch, dass die besten Reiter-Pferd-Paare in jungen Jahren zusammengekommen sind. Es gibt nur wenige, bei denen das Zusammenwürfeln von gutem Pferd und gutem Reiter funktioniert.

Ist das der Disziplin Vielseitigkeit geschuldet?

Auch. Im Gelände musst du – egal wie gut Pferd oder Reiter sind – einfach wissen, wie dein Pferd in welcher Situation reagiert, was es gut und was es nicht so gut kann. Gerade im Gelände geht alles sehr schnell und intuitiv – da müssen sich Pferd und Reiter einfach sehr gut kennen. Du musst viel Erfahrung zusammen sammeln, sodass das Pferd dich kennt und dir vertraut und du genauso weißt, was du in welcher Situation machen solltest und was nicht. Und das ist bei jedem Pferd völlig unterschiedlich. Ein Beispiel: Ich habe zwei ältere Pferde bekommen, Black Ice und eine Stute, neun- und zehnjährig – Black Ice konnte ich reiten wie meine anderen, bei der Stute habe ich im ersten Gelände gemerkt, wie anders sie ist und ich wusste, dass ich mich umstellen muss.

Mit deinen Erfahrungswerten aktuell, was macht für dich ein gutes Vielseitigkeitspferd aus?

Die Intelligenz eines Vieleitigkeitspferdes steht ganz hoch im Kurs, ob im Springen oder im Gelände. Die müssen was Fixes an sich haben, um in den verschiedenen Situationen die richtigen Ideen zu haben. Ich glaube, es gibt viele sehr talentierte Pferde, aber wenn mal eine ungewohnte Situation kommt, dann sieht man, was sie besonders gut können.

Deine Eltern züchten selbst Pferde wie groß ist da der der Wunsch, noch mal ein Pferd aus eigener Zucht hier bei den Bundeschampionaten vorzustellen?

Unser Coby ist fünf- und sechsjährig (2020 und 2021) hier gegangen, das war das erste eigene Zuchtprodukt, mit dem ich hier geritten bin. Er war auch beide Male im Finale und dort platziert – das war schon ein cooles Erlebnis. Man kennt so ein Pferd von ganz jung an und geht den ganzen Weg zusammen, die ganze Familie steht dann da und fiebert mit. Aber andererseits komme ich auch gut damit klar, wenn das Pferd nicht selbstgezogen ist, solange es eine gute Pferd-Reiter-Verbindung ist.

Wie planst du mit Sturmpfeil und Polaris weiter?

Beide kriegen nach dem Bundeschampionat erst mal etwas Ruhe, viel Weide, viel ausreiten. Polaris wird nach Hause zu seinem Besitzer gehen, er wird auch noch viel wachsen. Ich glaube, der Weg für die Fünfjährigen hierher zum Bundeschampionat ist schon sehr intensiv. Sie brauchen die Pause, in der nicht alles so strikt getaktet ist. Das ist wichtig für den Körper, aber auch für den Kopf. Die jungen Pferde sind hier schon gefordert. Ich glaube nicht, dass man sie überfordert, aber man darf nie vergessen, dass sie das nicht wegstecken wie ein älteres, erfahreneres Pferd. Da gehört ja auch dazu, dass sie vielleicht das erste Mal im Stallzelt stehen, vielleicht das erste Mal länger LKW fahren – sonst fährt man eineinhalb Stunde zu einer Geländepferdeprüfung.

Perspektivisch reitest du beide Pferde weiter?

Ja. Ich habe nur jetzt das Glück, dass beide Besitzer einen Hof haben und die Pferde dort hingehen können, weil ich im November für die Bundeswehr noch einen Lehrgang machen muss. Da kümmern sie sich sehr gerne um ihre Stars.

Sind nächstes Jahr die Weltmeisterschaften der jungen Vielseitigkeitspferde ein Thema für dich?

Ich glaube, beide Pferde sind sehr talentiert und können in diese Richtung gehen. Aber man muss trotzdem im Auge behalten, wie sie sich entwickeln und wachsen. In so einem halben Jahr kann sich vieles verändern und dann haben sie vielleicht gerade kein Hoch und dann muss man für die Entwicklung des Pferdes auch mal entscheiden, langsamer weiterzumachen und keine WM oder internationalen Turniere zu gehen.

Auch das musste ich erst lernen. Wir haben hier viele gute Trainer und Leute, die gute Ratschläge geben, aber manche Situationen muss man leider selbst erleben, seine Erfahrungen sammeln, Fehler machen und daraus lernen, da kommt man leider nicht drumherum.

Du bist seit 2016 hier – wer sind hier deine Trainer um dich herum?

Julia Krajewski hat jetzt die Perspektivgruppe übernommen, Frank Ostholt war es davor. Marcus Döring im Springen, Caro Roost und Anne-Kathrin Pohlmeier in der Dressur. Da sind wir schon außerordentlich gut aufgestellt. Da merken wir immer wieder, was es für ein Privileg ist, mit drei, vier Pferden jede Woche Dressurunterricht zu haben – das haben die wenigsten. Das vergisst man auch mal schnell. Wenn man ein paar Jahre hier ist und zweimal die Woche ein Dressurtrainer hier steht und sich gerne für einen nimmt, kann man schon dankbar sein. Caro hat mir hier mit den Jungen beim Bundeschampionat auch geholfen.

Du hast einen guten Lauf , hast den U25 Förderpreis gewonnen und bist in der Stiftung Deutscher Spitzen Pferdesport frisch gefördert, das muss Motivation pur sein.

Auf jeden Fall! Peter Thomsen uns da sehr geholfen. Er hat uns mit unseren Mentoren zusammengebracht. Die Perspektivgruppe hat gesagt, „es ist ja schön und gut, dass ihr den ganzen Tag am Reiten seid, aber irgendwann müsst ihr auch Geld verdienen und dazu gehört auch ein gutes Management“. Die Mentoren haben einen Bezug zur Reiterei, aber haben nicht ihren Schwerpunkt darauf, sondern sind erfolgreiche Leute aus der Wirtschaft.

Isabel Bonacker (stellvertretende Chefin des Verwaltungsrats beim Aachener Kosmetikkonzern Babor) ist deine neue Mentorin – wie konnte sie dir bisher weiterhelfen?

Persönlich hat sie mich schon sehr weitergebracht. Es sind viele kleine Sachen, viele Fragen, die man stellen kann. Man ist hier in einer Art Blase, durch das Mentoring hat man die Möglichkeit, auch mal eine ehrliche Antwort von außen einzuholen. Bei mir war zum Beispiel das Zeitmanagement ein Thema, es gibt viele Dinge am Tag, die anfallen und die man im Kopf haben muss, sich merken muss. Da hat sie mir beispielsweise mit einer App weitergeholfen. Es klingt nur nach einer Kleinigkeit, aber mir hat das viel mehr Souveränität gebracht. Oder auch der Umgang mit Mitarbeitern ist ein wichtiges Thema.

Wie läuft so ein Mentoring ab – triffst du deine Mentorin regelmäßig?

Wir sehen uns mal auf Turnieren, aber vor allem telefonieren oder schreiben wir miteinander. Sie hat sehr wenig Zeit und muss sich Zeit für mich nehmen, davon hat sie wenig, insofern sollte man das schon zu schätzen wissen.

Noch einmal kurz zurück zum Sport: Wie planst du für die weitere Saison?

Ich reite noch einmal Vier-Sterne lang in Hinsicht auf die Euro nächstes Jahr und hoffe, dass ich da meine Fünf-Sterne-Qualifikation kriege.

Vielen Dank für das Gespräch, Jérôme.