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Europameisterschaften der Springreiter 2021

Blog aus Riesenbeck: Gehe über Parkhotel

Wie in Riesenbeck ein kleines Aachen entstand, warum wir Journalisten gut gepolstert sitzen und was Luxus im Beerbaum-Style heißt. Das und mehr im Blog aus Riesenbeck.

Echter Sandstein mit Gravur? Von wegen: Grauer Betonstein mit Graffiti.

Es ist der dritte Tag der Europameisterschaften der Springreiter. Die Pressestelle wird von Tag zu Tag voller, alle zehn Tischreihen sind jetzt besetzt. Am Mittwoch war es hier noch deutlich leerer. Journalisten und Fotografen dürfen einen Saal im Parkhotel Surenburg besetzen. Niederlassung auf mit bordeauxrotem Stoff gesaumten, gut gepolsterten Holzstuhl. Ich denke über einen Stuhltausch mit meinem Home-Office-Untersitzer nach... Auf den dunkelbraunen Tischen sammeln sich Laptops, Smartphone, Blöcke, Kugelschreiber, leere Kaffeetassen. Aus dem Fenster blicken wir auf unser „Outdoor-Office“, die Terrasse mit Sonnenschirmen. Direkt gegenüber ist der Parkplatz des Hotels, den wir Presseleute auch nutzen können! Solch kurzen Wege, übrigens auch zum Turnierplatz, und komfortable Arbeitsbedingungen finden wir Presseleute nur selten, ich habe all das in dieser Kombination noch nie erlebt. Auf der anderen Seite gibt's für die Journalisten seitens der FEI knallharte Regeln, was wir hier dürfen und viel mehr was nicht. Pressefreiheit?

Die Pressestelle ist während der Europameisterschaften im Parkhotel Surenburg untergebracht. Uns geht's gut..

Dafür werden wir gesund gehalten". Neben Obst, Müsliriegeln gibt’s Veggie-Mittagessen. Ok, der Kuchen ... Aber immerhin den, gibt's auch mit Obststückchen drin. Physiotherapeutin Imke Schlömer bietet hier im Parkhotel nicht nur Massagen für die teilnehmenden Reiter an, gestern Morgen bot sie uns sogar Journalistensport an. Hätte ich sehr gut brauchen können.

Ein ganzes halbes Jahr

Allerdings wollte ich gestern nicht auf den Rundgang mit Turnierdirektor und Geschäftsführer von Riesenbeck International Karsten Lütteken verzichten. Denn wo auch immer ich hier in den vergangenen Tagen auf dem Gelände hingesehen und hingehört habe, habe ich gespürt, dass das hier etwas Besonderes ist – und keine Selbstverständlichkeit. Immer wieder ist das Wort „Wahnsinn“, „beeindruckend“ und noch mehr amazing" zu hören. Was Ludger Beerbaum mit seinem Team hier am Rande des Surenburger Waldes seit Anfang März für die Europameisterschaften auf die Beine gestellt hat, ist Luxus pur. Jedoch nicht im Sinne von dekadent, glamourös oder schillernd. Es ist Luxus im Sinne von durchdacht, detailliert, hochwertig und funktional. Karsten Lütteken war Teil dieses Teams.

Karsten Lütteken machte mit uns Journalisten einen Rundgang über das Turniergelände, das in den letzten Monaten ein komplett neues Gesicht bekommen hat. Im Hintergrund das Show Office.

Im März also haben sie hier mit den Arbeiten begonnen, heißt, sie haben Außenplätze errichtet, feste Stallungen, eine kleine Tierarzt-Praxis, ein Show-Office gebaut, Wälle aufgeschüttet für die Tribünen am Rasen- und am Sandplatz und vieles, vieles mehr. Am Montag sind die letzten Handwerker vom Hof gefahren, sportlich, knapp und sensationell zugleich. Es ist ein kleines Aachen entstanden.

Lütteken erzählte uns von der Entstehungsgeschichte, wie sie dreieinhalb Jahre immer wieder versuchten, die Erlaubnis für die festen Stallungen zu bekommen, wie sie einen kompletten Fluss versetzen und renaturieren mussten, um die Ställe überhaupt bauen zu dürfen. Ohne die Partnerschaft mit der Global Equestrian Group wäre all das sicherlich nicht so schnell gegangen.

Die Ställe sind das Herzstück. Es ist einfach an alles gedacht worden. Das Team hat sich Input von den Pflegern geholt, die riefen bei Lütteken an, sagten ihm, was sie brauchen, um gut arbeiten und die Pferde gut versorgen zu können. 312 Boxen sind gebaut worden, alle mit Fenster, hell und luftig, die Decken hoch, die Stallgassen und Stalltüren breit.

Eine der Stallgassen, hier eindeutig beim Team Oranje.

Jede der sechs Ställe hat Waschplätze, auf einem Fernseher kann man das Turniergeschehen beobachten. Die Boxen sind 3,5 mal 3,5 Meter groß, die verschiebbaren Wände sind aus Kunststoff in Holzoptik. Es soll einerseits gut aussehen, aber auch andererseits gut zu reinigen und desinfizieren sein. Über den Schiebetüren wurde noch eine extra Stange montiert, hier können die Pfleger Zaumzeuge, Decken und weiteres Equipment aufhängen, ohne dass irgendetwas zur Seite geschoben oder geknautscht wird.

In den Boxen gibt es keine festen Tränken oder Tröge. Die Pfleger und Reiter bringen ihre eigenen Eimer mit und hängen sie in die Box. Für alle die bessere Option, Stichwort Futter-Verunreinigung. Sean Ward, der Pfleger von Martin Fuchs’ Pferden sagt auch, so könne er besser kontrollieren, wie viel die Pferde trinken. Im Hochleistungssport zählt jedes Detail.

Zukunftsmusik

Das Show-Office ist genau zwischen Stallungen und Lkw-Parkplatz gebaut worden, hier ist die Meldestelle, aber auch Duschen für die Pfleger. Ein kleines Bistro soll hier auch noch reinkommen. Zukunftsmusik – ja, die spielt hier laut. Die Reithallen-Eröffnung 2015 war der Anfang, aber jetzt hat sich ein ganz neues Tor geöffnet. Zehn bis zwölf internationale Turniere sollen hier künftig stattfinden, Late Entry-Turniere soll es auch weiterhin geben und ein bis zweimal im Jahr ein Highlight – welche das sein werden, das ließ Ludger Beerbaum in einem Pressegespräch gestern noch offen. Alles ist möglich.

Bei den deutschen Springreitern übrigens auch. Heute geht’s in den zweiten Teil des Nationenpreises und sie haben richtig gute Chancen auf eine Medaille. Am Mittwochabend hatte Familie Tebbel das Team noch zu sich zum Essen eingeladen. Und das trotz des Ausfalls von Maurice Tebbels Don Diarado, worüber sicherlich alle enttäuscht waren. Team ist Team und so muss es doch sein.