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Im Interview: Springreiter Daniel Deußer

“Tobago ist mein Pferd für die kleinen Hallen, Killer Queen für die großen Plätze”

Mit drei Pferden geht Daniel Deußer vom neunten bis zum dreizehnten März, bei den Dutch Masters in ’s-Hertogenbosch, an den Start. Im vergangenen Jahr war er hier sehr erfolgreich und gewann mit Tobago Z den Großen Preis, und damit einen Teil des Rolex Grand Slam. Wir haben mit ihm gesprochen:

Daniel Deußer und Scuderia 1918 Tobago Z nach ihrem Sieg bei den Rolex Dutch Masters 2022.

Er ist aktuell auf dem neunten Platz der Weltrangliste. Mit seinem Top-Pferd Killer Queen VDM gewann er 2021 den Großen Preis von Aachen und 2022 den Großen Preis bei den Spruce Meadows Masters. Mit seinem zweiten Spitzen-Pferd Scuderia 1918 Tobago Z war er 2022 beim Großen Preis in ’s-Hertogenbosch siegreich. Ganz besondere Momente, denn die Siege bei den Majors des Rolex Grand Slam brachten Markenbotschafter Daniel Deußer ein zusätzliches Preisgeld von 250.000 Euro ein. Der gebürtige Hesse und Wahl-Belgier hätte mit einem erneuten Sieg wieder die Chance auf das Zusatzpreisgeld.

Ein Sieg bei den Dutch Masters bedeutet für dich erneut die Chance auf 250.000 Euro Prämie! Davon abgesehen, was ist für dich besonders an den Dutch Masters?

Das mit der Prämie stimmt, allerdings habe ich das bis jetzt noch nicht so richtig vor Augen gehabt. Grundsätzlich muss ich sagen, dass ’s-Hertogenbosch seit vielen Jahren ein sehr traditionelles Turnier ist. Die Dutch Masters sind immer wieder ein Highlight und das eigentlich schon, seitdem ich in den internationalen Sport gekommen bin. Das Tolle ist, dass es das Ziel des Events ist, dass alle Beteiligten zufrieden sind. Was sich im Parcours abspielt, ist eine Sache – aber was das Publikum hinter den Kulissen nicht sehen kann: Wie sind die Voraussetzungen für die Pferde? Wie sehen die Stallungen aus? Wie viel Platz haben sie? Was für Möglichkeiten haben wir, unsere Pferde morgens zu bewegen? Wie sind die Bedingungen für die Pfleger? Alles drum herum ist in ’s-Hertogenbosch besonders gut. Es ist ein unglaubliches Event, bei dem an alle beteiligten Personen gedacht wird. Einfach ein wunderschönes Turnier, mit einer besonderen Atmosphäre, die für Pferde, Reiter und auch für die Grooms gemacht ist.

Denkst du, man müsste mehr von alldem, was hinter den Kulissen stattfindet, der breiten Öffentlichkeit zeigen? Damit sich das teilweise negative Bild, dass viele Menschen vom Reitsport haben, wandelt?

Absolut! Ich denke auch, dass das dank Rolex in den letzten Jahren schon geschehen ist. Man muss versuchen, Menschen, die nicht unbedingt in den Springsport verliebt sind, trotzdem an Events wie Aachen, ’s-Hertogenbosch, Calgary und Genf heranzubringen. Nicht mit der Tatsache, dass es Spitzensport ist, sondern damit, dass es sich um Events handelt, bei denen auch Menschen, die nicht in den Sport involviert sind, Spaß haben können. Die Leute müssen einfach motiviert werden vorbeizuschauen und sich alles mal anzusehen. Aachen ist zum Beispiel ein Event, auf das das ganze Jahr lang hingearbeitet wird und wenn man als nicht reitsportbegeisterter Mensch nach Aachen in die Soers fährt, dann kann man dort trotzdem einen wunderschönen Tag bei toller Atmosphäre erleben.

Stichwort Atmosphäre: Das ist ja jetzt die erste Hallensaison, die wieder vor vollen Rängen stattfindet. Was macht das für dich noch aus?

Natürlich ist es ein Unterschied wie Tag und Nacht, vor vollen oder leeren Rängen zur reiten. Vor zwei Jahren war ’s-Hertogenbosch komplett ohne Publikum Das war zu der Zeit eine spezielle Veranstaltung, weil die meisten Events gar nicht organisiert werden konnten und ’s-Hertogenbosch sich trotzdem entschlossen hat, für die Reiter ein Turnier zu veranstalten. Aber um nochmal auf die Frage “Publikum, kein Publikum” zurückzukommen – es schafft natürlich eine ganz andere Atmosphäre, wenn man vom Publikum angefeuert wird, wenn man einreitet und weiß es kann jetzt auf den Rängen auch mal lauter werden. Es bewirkt auch, dass man etwas mehr Druck hat als in einer komplett ruhigen Halle.

Ist der Leistungs- oder Erwartungsdruck, der jetzt auf dir lastet, hoch? Vor allem vor dem Hintergrund, dass du beim letzten Mal in ’s-Hertogenbosch siegreich warst?

Ja und nein. Im Grunde ist es natürlich so, dass ich mir selbst vor Augen halte: Ich fahre mit einem sehr, sehr guten Pferd nach ’s-Hertogenbosch – mit Tobago, der im letzten Jahr gewonnen hat. Das ich deshalb auch eine Chance habe, weil er auch in den letzten Wochen sehr gut gesprungen und auch in sehr guter Form ist. Aber ich weiß auch ganz genau, dass wir uns erst mal qualifizieren müssen und es noch 39 andere gibt, die mindestens genauso gut sind und gewinnen wollen. Realistisch betrachtet bin ich jemand, der eine Chance hat, aber das zweite Jahr in Folge zu gewinnen wird schwierig. Ich mache mir da keinen Druck in dem Sinne. In Sachen Grand Slam bin ich beim letzten Rolex Major in Genf im Dezember aufgrund meines Sieges in Calgary als Live Contender, also als derjenige gestartet, der als nächstes die Chance auf den Gewinn hat. Das ist dieses Mal nicht der Fall und damit habe ich ein bisschen weniger Druck. Auf der anderen Seite: Als Vorjahressieger mit dem gleichen Pferd will man natürlich gerne den Erfolg wiederholen. Der Druck, nicht verlieren zu wollen, ist aber nicht so hoch wie beim letzten Mal.

Du hast sicher den Anspruch mit deinem Pferd das Beste herauszuholen! Mit welchen Pferden, außer Tobago, reist du an?

Ich werde mit Tobago, Mr. Jones und Bingo Ste Hermelle nach ’s-Hertogenbosch reisen. Mein Rolex Grand-Prix Pferd ist ganz klar Tobago. Ich bin jetzt schon für ein paar Wochen in Wellington und habe Killer Queen schon hierher für die Freiland-Saison mitgenommen. Tobago ist mein Grand-Prix Pferd in Europa.

Kannst du uns etwas über die Charaktere von Tobago und Killer Queen erzählen? Haben sie besondere Eigenarten oder stellen besondere Ansprüche an dich und dein Team?

Grundsätzlich sind beide Pferde total verschieden. Für mich ist es immer leichter, Tobago in kleineren Hallen und Arenen zu reiten. Bei Killer Queen habe ich mich darauf spezialisiert, sie mehr draußen zu reiten, auf großen Plätzen. Das hängt mit ihrem Wesen, Charakter und Körperbau zusammen. Tobago ist kleiner, vom Körper her viel beweglicher. Killer Queen hat dafür einen viel größeren Galoppsprung, viel raumgreifender und ist vom Kopf her mehr nach vorne denkend. Sie ist das viel aggressivere Pferd in Richtung Sprung. Tobago ist deutlich einfacher zu reiten. Killer Queen hat sehr viel Blut und ich muss sie immer eher abbremsen, während ich Tobago mehr motivieren muss. Zu Hause in der täglichen Arbeit sind beide sehr liebe, unkomplizierte Pferde. Tobago ist der Verspieltere. Beide haben ihre Eigenarten, aber im Großen und Ganzen ist der wichtigste Unterschied für mich, in meinem Denken und Planen für Turniere, dass ich mit Tobago deutlich besser auf kleineren und mit Killer Queen auf größeren Flächen umgehen kann.

Wie sieht eure Vorbereitung auf große Turniere wie die Dutch Masters aus?

Ich bin jetzt zwei Hallenturniere in Amsterdam und Bordeaux geritten, Tobago war sehr fit auf beiden Turnieren und ging dort zwei Nullrunden im Weltcup-Springen. Im Grunde genommen ist meineVorbereitung auf ’s-Hertogenbosch jetzt erstmal, dass er sich von diesen beiden Turnieren erholen kann. Meinem Reiter zu Hause habe ich gesagt, er soll versuchen, Tobago einfach fit zu halten. Das heißt auf verschiedenen Plätzen reiten, wenn das Wetter es zulässt, auch draußen im Wald oder auf die Rennbahn gehen und einfach Konditionstraining zu machen. Wenn ich nächste Woche zurückkomme, konzentriere ich mich noch ein wenig auf die Springreiterei. Also ein wenig Gymnastik aber auch grundsätzlich nur mit dem Hintergedanken, das Pferd fit zu halten, damit es in gutem Zustand nach ’s-Hertogenbosch reisen kann. Tobago ist 15 Jahre alt, im Parcours muss ich ihm nichts mehr beibringen, er muss einfach nur fit und vor allem mental motiviert sein.

Im Hinblick auf den Rolex Grand Slam, wie siehst du die Entwicklung der Springsportszene?

Der Rolex Grand Slam feiert dieses Jahr sein zehnjähriges Jubiläum, die Veränderungen in diesen letzten zehn Jahren sind groß. Natürlich hat Rolex dazu beigetragen, grundsätzlich den Sport voranzutreiben. Vor allem durch die Anzahl und auch die Qualität der Veranstaltungen, die Rolex übernommen hat und das sind nicht nur die vier Majors in ’s-Hertogenbosch, Aachen, Calgary und Genf, sondern auch andere Turniere, wie das Nationenpreis Turnier in Rom oder Windsor. Das sind Turniere, die schon seit vielen Jahren Meilensteine in unserem Sport sind. Diese Turniere dann auch noch mit höheren Preisgeldern auszuzeichnen, hat eine Tour erschaffen, auf die jeder Reiter, der mit seinem Pferd eine Chance hat, dort zu gewinnen, hin plant. Ich muss auch sagen, ich habe mit Tobago und Killer Queen ja Pferde, die schon den ein oder anderen Major gewonnen haben, mein Ziel ist ganz klar, dass dieses Jahr auch wieder zu versuchen. Ich weiß, dass das schwer ist, aber ich habe definitiv eine Chance mit diesen beiden Pferden und werde alles daransetzen, um diese Chance zu nutzen.

Gibt es 2023 eine Veranstaltung, bei der du dir den Sieg ganz besonders wünschst?

Eine Veranstaltung nicht. Ich werde versuchen bei allen Rolex Majors mit meinen Pferden – mit Tobago in ’s-Hertogenbosch und wenn alles gesund bleibt mit Killer Queen in Aachen und Calgary – alles zu geben. Als ich in Aachen und Calgary gewonnen habe, waren das „lifetime memories“. Das war einfach ein unglaubliches Gefühl, was ich natürlich gerne nochmal wiederholen würde.

Wie war es für dich nach den großen Siegen?

Aachen ist als Deutscher doch das absolute Highlight. Ich kann nicht sagen, dass ich Aachen vor Calgary stellen möchte, aber als Deutscher ist es was Besondres. Wenn man als kleiner Junge schon nach Aachen gefahren ist, um einmal dabei zu sein und alles zu sehen – und dann so viele Jahre später selbst auf der Tafel der Sieger stehen zu dürfen. Vor allem das mein Name dadurch jetzt ein Stück Geschichte ist und dort stehen bleiben wird, das ist ein unglaubliches Gefühl. Es hat auch ein paar Wochen gedauert, um das zu realisieren. Calgary ist in Ansehen unseres Reitsports genauso wichtig wie Aachen. Dort auch noch zu gewinnen, war ein ganz besonderer Moment.

Vielen Dank für das Gespräch, Daniel.

Der Rolex Grand Slam

Seit über 65 Jahren unterstützt Rolex den Reitsport und 2013 wurde der Rolex Grand Slam ins Leben gerufen. Der Rolex Grand Slam umfasst vier Major Events des Pferdesports: die Dutch Masters in ’s-Hertogenbosch, den CHIO Aachen, den CSIO Spruce Meadows ‘Masters’ in Calgary und den CHI in Genf.
Wenn es einem Reiter gelingt, drei der vier Großen Preise hintereinander in einer Saison zu gewinnen, erhält er eine Million Euro zusätzlich zum Preisgeld. Ist jemand bei zwei aufeinanderfolgenden Turnieren siegreich bekommt der Reiter 500.000 Euro als Zusatzprämie. Bei zwei nicht unmittelbar hintereinander liegenden Siegen beträgt die Prämie 250.000 Euro. Bisher ist es nur dem Schotten Scott Brash in der Saison 2014-2015 gelungen, drei der Rolex Grand Slam Turniere hintereinander zu gewinnen und die Millionen Sonderprämie einzustreichen.

Das sind die aktuellen Titelanwärter:

McLain Ward Rolex Grand Prix CHI Genf 2022
Daniel Deußer Rolex Grand Prix CSIO Spruce Meadows 'Masters' 2022
Gerrit Nieberg Rolex Grand Prix CHIO Aachen 2022

Alle Informationen zum Rolex Grand Slam hier.