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Luhmühlen 2021 – DM der Vielseitigkeitsreiter

Start-Ziel-Gold für Michael Jung und Chipmunk

Michael Jung ist neuer Deutscher Meister der Vielseitigkeitsreiter, Sandra Auffarth feiert ein „happy end“ und Julia Krajewski ihre neue Olympiaplanung. Und Andrew Hoy vergaß in Luhmühlen auf die Uhr zu gucken.

Ließen von Anfang bis Ende nichts anbrennen: Michael Jung und fischer Chipmunk.

Luhmühlen – „Mein Team!“, platzte es aus einem sichtlich stolzen und zufriedenen Bundestrainer Hans Melzer in der Pressekonferenz heraus, als sich Michael Jung, Sandra Auffarth und Julia Krajewski nebeneinander fürs Foto aufstellten. „Ist das nicht geil?!“ fügte er noch hinzu. Die Rede ist von seinem Team für die Olympischen Spiele – die Shortlist steht bereits fest, Reiter Revue berichtete.

Die Vier-Sterne-Prüfung, gleichzeitig Deutsche Meisterschaft, in Luhmühlen war wichtige Sichtung für die deutschen Reiter. Einen Start-Ziel-Sieg feierte Michael Jung mit fischerChipmunk. Die Dressur mehr als überzeugend und entsprechend bewertet mit 21,4 Minuspunkten – und genau dieses Top-Ergebnis brachten sie auch nach dem Gelände und Springen nach Hause. Damit gewann Jung nicht nur die Prüfung, sondern ist Deutscher Meister – sein erster Titel mit dem Contendro-Heraldik xx-Sohn aus der Zucht von Hilmer Meyer-Kulenkampff. Chipmunk, der Seriensieger: Radolfzell, Marbach, Baborowko hat er seit Mitte April nun schon gewonnen. Luhmühlen aber war besonders. „Es ist Olympiajahr“, sagt Jung – die Verschiebung der Spiele auf 2021 seien ihm zugutegekommen, „weil ich noch mehr Zeit hatte mich mit ihm zusammenzuraufen. Für mich war das bis hierher eine tolle Saison und, dass er das hier nochmal bewiesen hat, stärkt uns und ist nochmal wichtig für das, was kommt.“ Die Anspannung sei zwar da gewesen, aber es dürfe nicht zu viel Druck werden und „vielleicht haben wir jetzt den Dreh raus“. Der 38-Jährige ist gesetzt für die Olympischen Spiele, es werden seine dritten sein. 2012 gewann er mit Sam FBW Doppel-Gold, 2016 Einzel-Gold und Team-Silber.

Genuss-Springen

Mit Michael Jung im Team war damals auch Sandra Auffarth mit Opgun Louvo. Und auch sie ist nominiert für Tokio mit Viamant du Matz. „Am Ende besteht das Team nur aus drei Leuten und da aus so einem Reiterland dazuzugehören, da kann man wirklich stolz drauf sein“, freute sie sich. Als Zweite des Vier-Sterne-CCI (27,1) und damit Vize-Meisterin im Sattel von Viamant du Matz keine Überraschung. Im abschließenden Springen waren die 34-Jährige und der zwölf Jahre alte Franzose ganz in ihrem Element. „Er ist einfach ein tolles Springpferd und ich freue mich immer, mit ihm in den Parcours zu reiten. Es war eine coole Runde“, sagte Auffarth.

Damit nahm der heutige Tag, der mit der Verfassungsprüfung durchwachsen begann, für sie doch noch ein versöhnliches Ende. Let’s Dance, mit dem sie nach dem Vorbeiläufer im Gelände zu weit nach hinten durchgereicht wurde, wollte sie aus genau diesem Grund schonen. Nachwuchspferd The Phantom of the Opera lief beim Vortraben nicht rund. Auf dem Sandboden des Reitplatzes zeigte er aber keine Auffälligkeiten – aber auch beim zweiten Vortraben lief der Fuchs nicht ganz sauber. „Wir haben ein Eisen abgemacht und haben festgestellt, dass zwischen Platte und Huf ein Klumpen befand. Nichts Dramatisches. Es ist zwar schade, dass er nicht mehr springen konnte, aber andererseits gut, dass wir das so früh festgestellt haben, bevor sich was Schlimmeres entwickelt.“ Mit „Mat“, wie sie den Diamant de Semilly-Sohn nennt, gab es schließlich das „happy end“ und eine Silbermedaille um den Hals.

"Es war ein Genuss." Sandra Auffarth und Viamant du Matz.

Und dann doch Tokio

Die hatte Julia Krajewski eigentlich zum Greifen nah. Sie lag nach dem Gelände noch auf dem zweiten Platz, ihre Stute Amande de B’Néville sprang auch hervorragend, nur ein leichter Stangenroller ließ den Silbertraum platzen. Sie wurde Fünfte in der Prüfung (27,9 Punkte), gewann Bronze bei der Meisterschaft – und ist ebenfalls nominiert für ihre zweiten Olympischen Spiele. „Die ersten zehn Minuten habe ich mich geärgert, denn sie springt so gut und das war so ein unnötiger Fehler. Ich wäre nicht Sportlerin, wenn ich mich nicht ärgern würde. Aber in der Siegerehrung ist mir bewusstgeworden, dass ich viel mehr erreicht habe, als ich vor einem halben Jahr gedacht hätte“, sagte die 32-Jährige. Sie hatte nach dem unerwarteten Sport-Aus von Samourai du Thot schon alle Olympia-Hoffnungen und -Pläne gestrichen. Und dann kam Amande de B'Néville, genannt Mandy.

„Dass die Stute jetzt die Bronze-Medaille gewonnen hat und wir doch nach Tokio fliegen, hat’s mich doch ein bisschen gepackt.“ Damit hat Julia Krajewski einmal mehr ihre Qualität als Ausbilderin bewiesen. Sie hat Mandy in den vergangenen fünf Jahren zu dem Pferd gemacht, das sie heute ist. Und sie ist nicht ganz Unwesentlich an Chipmunks Werdegang beteiligt, sie hat ihn in den internationalen Sport gebracht, hat ihn bis 2018 darin begleitet und ihn schließlich zum Championatspferd gemacht. „Gefühlt hab ich eineinhalb Pferde in Tokio, das ist schon cool.“ Es mache ihr einfach Spaß, aus dem rohen Diamanten einen Top-Sportler zu machen und das „mit den ganzen kleinen Stellschrauben, die dazugehören“, sagt sie. „Zu merken, wie sich die Dinge entwickeln, ist das Coolste.“ Und sie weiß auch, wie schnell es im Sport gehen kann, „und zwar in alle Richtungen“.

Zunächst enttäuscht nach dem Hindernisfehler, dann doch überwältigt: Julia Krajewski mit Amande de B'Néville.

Hoy und sein Einhorn

Auf dem dritten Rang der Prüfung landete der Australier Andrew Hoy mit Vassily de Lassos (27,6). Wie ein Stilspringen ließ er seinen Ritt heute aussehen. „Chestnut Unicorn“ nennt er seinen wie ein Flummi springenden Fuchs auch gerne. „Vassily ist wirklich ein Ausnahmepferd. Wir arbeiten schon so lange an der Dressur und ich bin sehr froh über die positive Entwicklung“, so der 62-Jährige, der 1978 sein erstes Championat für Australien und insgesamt sechs Olympische Spiele bestritten hat. Ob Tokio seine siebten werden, weiß er noch nicht. Aber er ist überzeugt von seinem Vassily, der ihn sichtlich rührt. Mit Dolf Keller habe er hier noch an der Dressur gearbeitet. „Von 65 Prozent auf 70 Prozent zu kommen, das ist noch relativ leicht. Aber von 70 auf 75 Prozent zu kommen, das sind nochmal 80 Prozent Arbeit – und das geht nicht von einem Tag auf den anderen und es gehören viele Faktoren dazu. Die Arbeit mit Dolf, das ist ein Programm, das nicht erst letzte Woche angefangen hat. Wir können uns immer noch weiter verbessern.“

Andrew Hoy und Vassily de Lassos auf der Luhmühlener Geländestrecke. Im Flow.

Das Gelände verlief für Hony und Vassily wie aus dem Bilderbuch. Tatsächlich war er so „im Flow“, dass er zwischenzeitlich vergaß, an den Minutenpunkten auf die Uhr zu gucken. „Zwischen dem fünften und sechsten Minutenpunkt schaute ich auf die Uhr und dachte: ‚hier stimmt was nicht’ Jetzt muss ich mal langsamer machen, sonst kriege ich noch eine Gelbe Karte für gefährliches Reiten. Es floss einfach mit Vassiliy.“ So wie auch im Parcours heute. „Ich klopfe auf Holz, aber seit ich ihn reite, hatte er nur einen einzigen Fehler. Auch heute sprang er wieder hervorragend und war voller Energie.“

Das Ergebnis der Vier-Sterne-Prüfung