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Olympische Spiele in Tokio

GOLD für die deutschen Dressurreiterinnen!

Das war Gänsehaut pur! Jessica von Bredow-Werndl, Isabell Werth und Dorothee Schneider sind Olympiasieger, die USA holen Silber, die Briten Bronze. Ein Rückblick auf die Glanzmomente im Grand Prix Special, kleine Aussetzer und einen letztlich goldigen Äppelhaufen.

Olympiasieger! Dorothee Schneider, Isabell Werth, Jessica von Bredow-Werndl.

„Tough“ hat Dorothee Schneider dieses deutsche Dressurteam für Tokio am Sonntag noch bezeichnet. Ja, sie waren tough. Und saustark. Und jetzt haben Jessica von Bredow-Werndl, Isabell Werth und Dorothee Schneider gemeinsam Mannschaftsgold bei den Olympischen Spielen gewonnen. Ihre Pferde tanzten durch das olympische Viereck, dass es besser und vor allem schöner wohl kaum geht. Natürlich waren sie favorisiert, natürlich lautete die Mission „Gold“, aber wenn nur drei Reiter an den Start gehen dürfen, es kein Streichergebnis gibt – wie schnell kann solch ein Traum platzen? Im Rückblick aber war das, was diese drei Reiterinnen und ihre Pferde geleistet haben, nicht zu toppen, Mission Gold wurde eine völlig klare Sache – denn sie zeigten sich alle in der Form ihres Lebens. Ein Rückblick.

Ähnlich wie im Grand Prix wurde auch im Special in Gruppen geritten. Pro Gruppe ein Reiter der acht Teams, die Besten aus dem Grand Prix zum Schluss und alle begannen bei Null.

Dorothee Schneider und Showtime FRH„ein Gänsehautgefühl“

Dorothee Schneider und ihr Showtime FRH zeigten von Anfang an, wo sie hin wollten: ganz nach vorne! Das Halten geschlossen, für den Einstieg gab es da schon zweimal die 10,0 – Präzision zahlt sich aus und für Präzision ist Dorothee Schneider bekannt. Die Trabtour frisch und sauber, die Passagen wie ein Metronom, Showtime zeigte sich zufrieden und hochmotiviert, in schöner Aufrichtung mit pendelndem Schweif. Bei einem Übergang von der Passage in den starken Trab galoppierte er kurz an, aber Schneider hatte ihn sofort wieder bei und vor sich. Schade, aber dafür war der Rest wieder sauber und fehlerfrei. Fleißig und raumgreifend der Schritt, die erste Piaffe vielleicht ein bisschen verhalten, die zweite deutlich besser, die Passagen super, die Galopp-Tempi sicher und souverän, genauso die Pirouetten und auch der Rest der Prüfung einfach schön anzusehen. Die Erleichterung beim Betreuerstab war Monica Theodorescu und ihrem Co-Bundertrainer Jonny Hilberath trotz Maske anzusehen. 80,608 Prozent das Ergebnis für Schneider und Showi.

„Ich bin ganz ganz stolz auf mein Pferd“, sagte die Reiterin. „Das war ein Gänsehautgefühl.“ Und dann sprach die Perfektionistin in ihr: „Wieder mal ein Fehler, das ist natürlich schade. Er war ein bisschen links gestellt, mit dem rechten Ohr ...“ hinterfragte sie sich und ihren Ritt. „... er hätte ein bisschen mehr am rechten Zügel sein können.“ Linkes Ohr, rechtes Ohr, über beide durfte Dorothee Schneider am Ende strahlen. Sie war happy darüber, wie Showi bei und mit ihr war. „Und es ist natürlich auch sehr emotional nach dem, was mir passiert ist. Ich bin überwältigt!“

Bis auf einen kleinen Fehler in bestechend guter Form: Dorothee Schneider und Showtime.

Isabell Werth und Bella Rose – „Demütig bis zum Ende“


Die so routinierte Isabell Werth ritt aus dem Außengalopp ins Viereck, lässig. Und dann tanzte Bella Rose auch schon los. Der starke Trab ist, was die Arbeit durch den Körper angeht, nicht ihre größte Stärke, aber wie sehr es die Stute gut machen möchte, das sieht man ihr einfach an. Ihr wirkliches Glanzstück aber kam mit den Passagen und Piaffen, mit allem, was man sich an Ausdruck, Schwebemoment, Takt, Gleichmaß und Leichtigkeit wünscht und erträumt. Garniert mit fließenden Übergängen dazwischen, davor und danach. Am Ende stand die Wertung 83,298 Prozent. Es hätten auch mehr sein dürfen. „Ich bin total happy über Bella! Sie hat eine fantastische Prüfung gezeigt. Natürlich würde ich mich über ein paar Punkte mehr auch freuen, aber am Ende des Tages bin ich lang genug im Sport, dass ich mich hier erst mal über das Pferd freue, und warum sollte ich mich ärgern?“, sagte Isabell Werth, die vor allem glücklich darüber war, wie entspannt ihre Stute in der Prüfung war. „Jetzt war sie richtig zuhause in dem Viereck.“

Lief alles nach Plan für Isabell Werth mit ihrem Herzenspferd Bella Rose.

Ob noch etwas schief gehen könnte bei der Mission Gold? Daran wollte Werth nicht glauben, aber sie sagte klar: „Wir bleiben demütig bis zum Ende. Ich bin fest davon überzeugt, dass Jessi das Ding souverän schaukeln wird, trotzdem bleiben wir bescheiden, bis der letzte Schritt getan ist.“ Etwa zwei Stunden nach diesen Worten sollte sie ihre insgesamt siebte olympische Goldmedaille entgegennehmen – das erste Mal allerdings musste sie sie sich selbst umhängen.

Jessica von Bredow-Werndl und TSF Dalera – „Shit happens“ mit „sagenhaftem“ Rest

Der erste starke Trab von Jessica von Bredow-Werndl und Dalera galt wohl dem akklimatisieren, sicher, aber nicht mit dem letzten Risiko. Ab da mit allem an Schwung und Bewegungsfreude gesegnet, was die großrahmige Stute so hergibt. Die Traversale easy, die Passage locker, schwungvoll, taktrein, die Übergänge „im Flow“. Im Schritt schnaubte Dalera zufrieden ab und schritt fleißig weiter durch die Diagonale. Innerhalb der Piaffe-Passage-Tour steigerte sie sich immer weiter, zufrieden kauend, mit Traumnoten bewertet, die Galopptour einfach souverän – bis zu den Einerwechseln. Just in dem Moment als von Bredow-Werndl auf die Diagonale abwendete, äppelte Dalera – und bei manch einem kamen da Erinnerungen hoch. „Glücklicherweise ist sie weitergaloppiert. Ich habe erst nicht gemerkt, dass sie gerade mistet, sonst hätte ich später mit den Einerwechseln begonnen.“ Dalera sprang die ersten fliegenden Wechsel nicht durch, nach dem „Geschäft“ ging’s in bewährter Stärke weiter und die Reiterin konnte sich ein Lachen im Sattel nicht verkneifen. Der Rest der Prüfung: Grandios oder in den Worten der Reiterin: „wundervoll, sagenhaft.“ Besser ging es nicht. Und trotz des teuren Fehlers: 84,681 Prozent. Gold für Deutschland. Souverän! „Sie hat so viel Kraft und Selbstverständlichkeit für das, was sie tut, das macht einfach unheimlich viel Spaß sie in so einem Stadion zu reiten.“ Und wie fühlt sie sich an, die erste Goldmedaille? „Sie ist ganz schön schwer. Aber es fühlt sich verdammt gut an.“

Yes! Sie haben es geschafft, Jessica von Bredow-Werndl und Dalera haben Gold gewonnen und das bei ihrem Olympia-Debüt.

Bundestrainerin Monica Theodorescu war selig nach den Goldritten ihrer Reiterinnen: „Ich habe es wirklich genossen. Alle drei haben sich nochmal gesteigert. Ich bin sehr, sehr stolz auf das ganze Team.“ Sie habe sich ganz persönlich vor Isabell Werth verbeugt, die heute ihre siebte olympische Goldmedaille gewonnen hat. „Ich war außer in Sydney bei allen dabei, entweder als Teamkollegin oder so.“
Bei dem Ausblick auf die Einzelentscheidung morgen in der Kür muss die Bundetrainerin lachen, weil sie genau weiß, zu was ihre Reiterinnen im Stande sind und das sie selbst ihre größten Konkurrentinnen sein könnten. Die gewitzte Theodorescu-typische Antwort: „Morgen wird nach schöner Musik wunderbar geritten.“ Wie sieht das Isabell Werth? „Naja, Jessi hat die Nase vorne und wir beide werden gucken, dass wir sie ein bisschen ärgern.“ Davon möchte die "Gejagte" für heute noch nichts wissen und erst mal das schwere Gold um den Hals genießen. Morgen heißt es dann: "Neuer Tag, neues Glück."

Schut-Kery sichert Silber, Dujardin verliert es

Spannend und deutlich ging es um das Rennen um Silber und Bronze zu. USA, Großbritannien, Dänemark hatten allesamt Chancen, auf die weiteren Podestplätze. Die Reiterinnen der letzten Gruppe legten noch einmal alles in die Waagschale. Cathrine Dufour stellte ihren Bohemian in schöner Anlehnung, Balance und schwungvoll durch den Körper arbeitend vor. Ihr passiert der gleiche Fehler wie Dorothee Schneider: beim Übergang von der Passage in die Trabverstärkung galoppierte ihr schicker Fuchs an. Und auch das Angaloppieren aus der Passage war holprig. Für eine Mannschafts-Medaille sollte dieser Ritt nicht reichen (77,720).

Dafür aber der von Sabine Schut-Kery auf Sanceo. Mit einer Selbstverständlichkeit lieferten die beiden ab, die Passagen wurden von Mal zu Mal besser, die Galopptour von Anfang bis Ende präzise, ausdrucksvoll, immer im Takt und mit Gleichmaß. Toll! Oder in Richtersprache: 81,596 Prozent, persönliche Bestleistung und die Herausforderung an die Briten.

Die schickten Charlotte Dujardin und Gio als letzte Reiterin ins Viereck. Die 36-Jährige ritt auf Angriff, da gab es keine Zweifel. No risk, no fun. Doch bei den Einerwechseln wurde es eine Risikostufe zu viel für den kleinen Fuchs, er sprang einmal hinten nicht durch. Ein teurer Fehler, der letztendlich die Silbermedaille kostete. Damit ging Bronze an die Briten und Silber an die USA.

Ergebnisse