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Europameisterschaften 2019

EM Rotterdam: Martin Fuchs ist Europameister der Springreiter – Simone Blum wird Vierte

Er lag vor der letzten Runde auf dem zweiten Rang und profitierte von einem Abwurf des bislang durchgängig Führenden Ben Maher. Aber dann gab es für Martin Fuchs kein Halten mehr.

Wie Gold schmeckt? Martin Fuchs weiß es.

Rotterdam/NED – Man könnte sagen, dass er das Feld von hinten aufrollte. Nach dem Zeitspringen am Mittwoch lag der Schweizer Martin Fuchs mit seinem überragenden Cornet Obolensky-Sohn Clooney aufgrund eines Abwurfs noch auf Rang 20. 3,46 Strafpunkte nahm das Paar dementsprechend mit in die nächsten Springen und von da an lieferte es eine Nullrunde nach der anderen ab. Was immerhin zwei Umläufe im Mannschaftswettbewerb und zwei weitere in der Einzelwertung, verteilt auf insgesamt drei Tage bedeutete. Lediglich im letzten Umlauf kam ein Zeitfehler zu den 3,46 Fehlerpunkten hinzu und damit war für die Vize-Weltmeister und Zweiten des Weltcupfinals die Silbermedaille sicher.

Allerdings war der Abstand zum bis dato führenden Briten Ben Maher so gering, dass sich dieser mit seinem zehnjährigen Wallach Explosion W von Chacco-Blue in der letzten Runde keinen Abwurf leisten durfte, um den Titel zu gewinnen. Doch genau das geschah und damit landete letztendlich Maher mit 4,62 Strafpunkten auf dem Silberrang. Für ihn enttäuschend, für Martin Fuchs Anlass für Freudentränen. Auf dem Podium weinte der 27-Jährige über sein erstes Einzelgold, das er sich so hart erkämpft hatte. Damit ist er der fünfte Schweizer, dem dieses Kunststück überhaupt gelang. Und das dank der Schützenhilfe seiner Freundin, wie er nach dem Sieg erzählte: „Sie ist in Kalifornien und ist extra wach geblieben, um die Daumen zu drücken und zuzuschauen.“ Vor Ort bekam er außerdem volle Unterstützung von Pfleger, Eltern und dem Pferdebesitzer, der "wie ein zweiter Vater für ihn ist" und ihm auf dem Abreiteplatz sofort um den Hals fiel. Und auch Ben Maher zeigte sich mit Silber versöhnlich: „Explosion W ist so überragend gesprungen. Wir hätten Gold verdient gehabt, aber ich gönne es Martin natürlich.“

Martin Fuchs und Clooney - die neuen Europameister!

Ben Maher und Explosion W - knapp geschlagene Silbermedaillengewinner.

Die Besten im Springen: (v. l.) Ben Maher, Martin Fuchs und Jos Verlooy.

Bronze sicherte sich der nach dem Nationenpreis auf Rang zwei liegende, frisch gebackene Mannschaftseuropameister Jos Verlooy aus Belgien. Der 24-Jährige und sein elfjähriger belgisch gezogener Wallach Igor hatten allerdings bereits in der ersten Runde einen Abwurf, was sie um einen Platz zurückfallen ließ. Diesen konnten sie aber im Finale halten. „Ich bin total glücklich über die weitere Medaille. Es war einfach eine tolle Woche“, zog er sein Fazit.

Für Weltmeisterin Simone Blum und DSP Alice wurde es Rang vier. Daran hätte auch eine fehlerfreie letzte Runde nichts geändert, außer die Konkurrenz hätte Fehler gemacht. Dem Paar unterlief allerdings zum Ende noch in der dreifachen Kombination ein Abwurf am mittleren Oxer. „Es wäre nicht richtig, hier enttäuscht zu sein. Alice ist wirklich unheimlich toll gesprungen“, resümierte Blum dennoch, schließlich hatte sie sich am heutigen Tag noch von Rang acht auf vier vorgeschoben.

Am Ende Vierte: Simone Blum und DSP Alice.

Von Rang 13 auf Platz fünf vorgekämpft: Marcus Ehning und Comme Il Faut.

Ebenso ging es für Marcus Ehning noch mal weiter nach vorne. Er lag nach dem Nationenpreis auf Position 13 und wurde letztendlich Fünfter. Im zweiten Umlauf hatten er und sein 14-jähriger Hengst Comme Il Faut lediglich einen Zeitstrafpunkt. Durch eine Nullrunde im ersten Umlauf hatten sie sich bereits auf Rang sieben vorgearbeitet. „Ich wusste schon am Freitag, dass mein Pferd hier in einer unglaublichen Form ist und das hat er heute noch mal bestätigt“, lautete Ehnings Fazit. „Vor allem hat er aber hier bewiesen, dass er ein Championatspferd ist.“

Für Bundestrainer Otto Becker war das Finale ein Wechselbad der Gefühle: „„Im ersten Moment überwiegt natürlich die Enttäuschung, weil beide Reiter so nah an einer Medaille dran waren. Aber die anderen hatten eben insgesamt einen Fehler weniger. Die beiden haben sich noch toll nach vorne gekämpft. Wir können hier am heutigen Tag noch mal sehr zufrieden sein“, sagte er. Für Daniel Deußer lief die letzte Prüfung nicht wie erhofft. Er hatte im ersten Umlauf einen Abwurf und gehörte nicht mehr zu den besten Elf, die in der zweiten Runde starteten. Er beendete die EM auf Rang 14.

Tierschutz-Aktivisten stürmten während des Rittes von Marc Houtzager den Parcours.

Für einen irritierenden Moment sorgten zwei Tierschutz-Aktivisten, die während des Rittes des Niederländers Marc Houtzager mit Sterrehof’s Calimero in den Parcours gestürmt kamen. „Stoppt die Pferde-Versklavung“ und „EK abuse“ stand auf ihren Rücken. EK ist die niederländische Abkürzung für Europameisterschaften, abuse bedeutet Missbrauch oder Schmähung. Houtzager sagte später, er habe nur die lauten Rufe des Publikums wahrgenommen und kurz geglaubt, einen falschen Weg eingeschlagen zu haben. Als er den Grund bemerkte, konzentrierte er sich einfach weiter auf den Parcours. Mit Erfolg. Calimero sprang fehlerfrei, was am Ende Rang acht bedeutete.