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Europameisterschaften 2019

EM Luhmühlen: Deutschland führt nach der Dressur doppelt

Michael Jung und fischerChipmunk FRH sind mit 20,9 Minuspunkten nach der Dressur die Overnight-Leader der Europameisterschaft. Ingrid Klimke und SAP Hale Bob OLD sind Zweite, Kai Rüder ist Vierter. Damit liegt Deutschland auch in der Team-Wertung vorn.

Michael Jung und fischerChipmunk FRH zeigten eine Dressur wie aus dem Lehrbuch.

Luhmühlen ­– Mit ihren beiden Ritten haben Michael Jung und Ingrid Klimke das deutsche Team nach der Dressur in eine komfortable Ausgangslage gebracht. Mit insgesamt 68,9 Punkten liegt Deutschland im Team-Ranking vor den Briten (85,7 Punkte) und Belgien (90,9). Zu diesem Top-Ergebnis trugen bereits gestern schon Kai Rüder und Colani Sunrise bei, die das Viereck mit 25,8 Minuspunkten verließen und somit nach der Dressur auf Platz vier liegen. Andreas Dibowski und FRH Corrida liefern mit 34,6 Minuspunkten das Streichergebnis. Bei diesem Championat dürfen vier Reiter pro Mannschaft starten, wobei das schwächste Ergebnis nicht gewertet wird. Bei den Olympischen Spielen in Tokio nächstes Jahr besteht ein Team nur aus drei Reitern, wobei jedes Ergebnis zählt.

Als Michael Jung heute in das Stadion einritt, waren die beiden Tribünen bis auf den letzten Platz besetzt und auch am Rande des Vierecks gab es kaum noch eine freie Lücke. Und allen, die einen Blick auf den Reitmeister und seinen Neuzugang fischerChipmunk FRH erhaschen konnten, wurde eine Dressurvorstellung vom Allerfeinsten geboten. Der elfjährige Wallach von Contendro I, den Michael Jung Anfang des Jahres von der amtierenden Deutschen Meisterin Julia Krajewski übernahm, zeigte sich konzentriert, locker und stets an den Hilfen seines Reiters. Für die Gruß- und die Schlussaufstellung zückte Richterin Anne-Mette Binder aus Dänemark bei M sogar jeweils die Höchstnote 10. Ansonsten hagelte es während der Vorstellung Achten und Neunen. In der Schritttour zackelte Chipmunk einmal an. „Ich habe mich ein bisschen geärgert über den Fehler im Schritt. Da habe ich vielleicht ein bisschen viel riskiert“, analysierte Jung im Nachhinein. „Anfangs war er noch ein wenig nervös. Es ist eine mächtige Kulisse. Er hat sich aber toll reiten lassen“, versicherte der Reitmeister. Über sein Pferd schwärmt er: „Er ist ein fantastisches Pferd, sehr gut ausgebildet und sehr intelligent.“ Michael Jung und fischerChipmunk FRH gehen morgen als Führende ins Gelände.

Ingrid Klimke und SAP Hale Bob OLD wollen in Luhmühlen ihren EM-TItel verteidigen. Heute lieferten sie das zweitbeste Dressurergebnis.

Ingrid Klimke versucht in diesem Jahr in Luhmühlen nicht nur ein gutes Team-Ergebnis beizutragen, sondern auch ihren Einzel-Titel von 2017 zu verteidigen. Für diese Aufgabe hat die den championatserfahrenen, 15 Jahre alten SAP Hale Bob OLD ausgesucht. Der Wallach von Helikon xx erfüllte die Erwartungen seiner Reiterin heute vollends. Mit 22,2 Minuspunkten liegt die Reitmeisterin aktuell auf dem zweiten Rang. „Ich konnte alles so reiten wie ich es wollte“, sagte Klimke nach ihrem Ritt. „Er wurde doch ein bisschen aufgeregt, als wir eingeritten sind, aber sobald es losging, war er total schön in der Anlehnung, ließ sich stellen und biegen, ich konnte mich schön hinsetzen, es war einfach ein Träumchen.“ Für eine kleine Schrecksekunde sorgte ihr „Bobby“, als er beim Aufnehmen nach der Trabverstärkung ins Stolpern geriet. Klimkes Meinung dazu: „Das kann ich ihm nicht übel nehmen. Ich wüsste nicht, wie ich das reiterlich hätte verhindern können.“ Auf Platz drei fallen nach dem zweiten Dressurtag die führenden von gestern, Laura Collett (GBR) und ihr zehn Jahre alter Holsteiner Wallach London mit 25,5 Minuspunkten zurück.

Einzelreiterin Anna Siemer läutete heute im Sattel ihrer zwölfjährigen Vollblutstute Butts Avondale den zweiten Dressurtag ein. Mit 31,9 Minuspunkten liegt sie aktuell auf Platz 24. „Ich bin nicht zufrieden, weil ich weiß, dass wir es besser können“, kommentierte sie ihren Ritt. „Aber ich bin trotzdem dankbar. Mein Pferd hat mir in diesem Jahr schon zwei Träume erfüllt: Das kleine Pony hat mich nach Aachen und zur EM gebracht“, sagte die 36-jährige Lokalmatadorin. Josefa Sommer, die mit ihrem selbst ausgebildeten Hamilton bei der EM am Start ist – der Wallach ist stolze 17 Jahre alt, fühlt sich aber an wie zehn, wenn man seiner Reiterin glaubt – liegt mit 29,3 Minuspunkten aktuell an 14. Stelle. „Er war von Anfang bis Ende super konzentriert, ich konnte heute alles schön rausreiten.“ Beim fliegenden Wechsel hörte man das deutsche Team, das am Rande des Vierecks kräftig die Daumen drückte, merklich aufatmen. Die 36-jährige Reiterin, die neben ihrer Karriere im Spitzensport als Physiotherapeutin für Mensch und Pferd arbeitet, klärte im Nachhinein auf: „Er ist kein Wechsel-Genie. Normalerweise muss ich im Trab immer schon alles rausreiten, um für den Wechsel ein paar Punkte einzusparen. Aber heute hat das gut geklappt.“

Videobeweis für Wechsel

Übrigens gibt es hier am Viereck für genau diese Lektion den Video-Beweis. Liegen die drei Richter mit ihren Benotungen beim fliegenden Galoppwechsel mehr als zwei Noten auseinander, schauen sie sich den Wechsel noch einmal als Video an und korrigieren ihre Benotung gegebenenfalls. Gefilmt wird neben dem Richterturm an der kurzen Seite bei C.

Einzelreiter Felix Etzel ist „einfach happy, hier zu reiten“, wie er nach seiner Dressurvorstellung mit seinem elfjährigen Hannoveraner Bandit sagte. Auch wenn er mit dem Ergebnis seiner Dressur nicht zufrieden war. „Das war unsere schlechteste Dressur dieses Jahr“, sagte er. Sein Pferd hat sich von der Atmosphäre im Dressurstadion doch sehr beeindrucken lassen. Mit 33,1 Minuspunkten startet er morgen von Rang 28 ins Gelände. Ähnlich erging es auch Sandra Auffarth mit dem zehnjährigen Viamant du Matz. Bei beiden Grußaufstellungen hatte der Fuchswallach so seine Probleme mit dem Stillstehen. Ansonsten passierten keine Fehler. Doch: „Die Losgelassenheit fehlte heute, er hätte relaxter sein können“, schätzte die Mannschafts-Olympiasiegerin von 2012, Doppel-Weltmeisterin 2014 und Team-Europameisterin 2011 und 2015 fest.

Bundestrainer Hans Melzer war nach der Dressur „mehr als zufrieden“ mit seinen Reitern. „Erster, Zweiter und Vierter mit den Mannschafsreitern zu sein ist schon ein gigantisches Ergebnis.“ Doch schon morgen werden die Karten im Geländekurs neu gemischt. Wenn es nach dem Bundestrainer geht, werden alle zwölf deutschen Starter morgen Null reiten, „sechs davon Null in der Zeit“, lautet seine Prognose. Um zehn Uhr gehen morgen Merel Blom (NED) und Chiccolino als erstes Paar auf die Geländestrecke. Andreas Dibowski und FRH Corrida machen um 10:16 Uhr an dritter Stelle den Auftakt für Deutschland. Kai Rüder und Colani Sunrise starten um 11:28 Uhr von Position 20, Michael Jung und fischerChipmunk FRH als 46. Paar um 13:16 Uhr. Ingrid Klimke und SAP Hale Bob OLD sind um 14:44 Uhr an der Reihe.

Das Ergebnis finden Sie hier.