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Ein Kommentar

Ein absurdes Stück Normalität

In Luhmühlen ertönt die Startglocke. Tatsächlich sind dort am heutigen und in den kommenden Tagen wieder Reiter in Turnieroutfit im Parcours unterwegs. Verwirrend und nicht nachvollziehbar, findet RRI-Redaktionsleiterin Sarah Schnieder.

Dass derzeit ein Turnier stattfindet, sorgt nicht überall für Verständnis.

Luhmühlen – In diesen Tagen, in denen flächendeckend noch immer kein Reitunterricht stattfinden darf, die Deutsche Reiterliche Vereinigung Tipps gibt, wie Vereine und Schulbetriebe Geld für Futter und Pflege der Pferde einnehmen können, obwohl die Tiere derzeit nicht im Einsatz sind und in denen noch immer an die Reiter hierzulande appelliert wird, auf intensives Training zu verzichten, weil derzeit nur gesunderhaltendes Bewegen geduldet wird, ist es ziemlich irritierend: Ein Livestream im Netz zeigt das Turniergelände in Luhmühlen. Ein bunter Parcours, die Richterstimme verkündet über den Lautsprecher den nächsten Starter. Es gibt keine Zuschauer, ansonsten sieht auf den ersten Blick alles aus wie immer.

Kein Beitrag aus der Konserve, wie es in den vergangenen Wochen von diversen Fußballspielen im Fernsehen der Fall war. Live und in Farbe das, was just in diesem Moment dort auf dem Turnierplatz vonstatten geht. Genehmigt von der dortigen Behörde, also alles offiziell. Natürlich nicht ganz so normal, wie man anfangs vermutet. Es ist ein Geisterturnier, quasi ein Pilotprojekt, wie Turnierreiten unter Corona-Bedingungen ablaufen kann. Ein Jungpferdeturnier mit Prüfungen von A bis M, ausschließlich für Berufsreiter, das noch bis Sonntag stattfindet. Ein Clubturnier vom RV „Der Montagsclub“, also nur für Clubmitglieder. Die Pfleger mit Mundschutz, Abstandsregeln einhaltend sowohl auf dem Park- als auch auf dem Abreiteplatz, so wenig Personen wie möglich auf dem Gelände, die nur mit Anwesenheitsnachweis vor Ort sein dürfen. Siegerehrungen finden nicht statt. Wie immer ist es definitiv nicht, soviel steht fest. Aber dennoch ist ein Turnier zu diesem Zeitpunkt etwas, das in unserer Redaktion und möglicherweise bei vielen anderen für Kopfschütteln sorgt.

Noch immer kämpft die Deutsche Reiterliche Vereinigung darum, dass Reitunterricht wieder regulär aufgenommen werden kann und Reiter normale Trainingszeit in den Ställen verbringen dürfen. Dass dies vielen Profis bereits seit einigen Tagen gestattet wird, war nachvollziehbar und gefühlt ein Schritt in die richtige Richtung, der vielerorts allerdings von Einzelentscheidungen der Behörden abhing. Dass nun aber ein Turnier in einer dieser Einzelentscheidungen genehmigt wird, ist ein Faustschlag ins Gesicht von Reitschulen und Vereinen, die sich schlicht an die Regeln halten und auf eine einheitliche Entscheidung hoffen, um endlich wieder ein Stück Normalität zurückzubekommen - natürlich im Rahmen der Schutzmaßnahmen. Denn was auf dem Turnierplatz umsetzbar ist, dürfte auch für Reitschulen mit festen Unterrichtsstunden kein Problem sein. In Zeiten, in denen viele Betriebe ums nackte Überleben kämpfen, ist Willkür in den Entscheidungen, was stattfinden darf, eindeutig keine gute Taktik.