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Olympische Spiele in Tokio

Das Beste des Tages: Dalera und Jessica von Bredow-Werndl

Wenngleich der Dressur-Modus ein ungewohnter ist bei diesen Olympischen Spielen. Der erste Grand Prix-Tag machte vor allem eins: Vorfreude auf die Team- und Einzelentscheidungen. Dafür sorgten einige Paare, unter anderem Jessica von Bredow-Werndl und ihre TSF Dalera bei ihrer olympischen Premiere.

Premiere gelungen: Jessica von Bredow-Werndl und TSF Dalera.

Ähnlich den Vorrundenspielen bei einer Fußball-Weltmeisterschaft, so wird an diesem Wochenende der olympische Grand Prix ausgetragen. Also kein klassisches Klassement, wie man es im Reitsport gewohnt ist, sondern zunächst eine gruppeninterne Rangierung. Denn die zwei Gruppenbesten kommen jeweils sicher weiter, sowie sechs „lucky looser“. Heute gingen die ersten drei Gruppen an den Start, bestehend aus jeweils zehn Paaren.

Unter ihnen waren heute schon einige Paare, auf die man in den kommenden Tagen gespannt blicken wird, nämlich in der Team-Entscheidung am Dienstag (Grand Prix Special) und in der Einzelentscheidung am Mittwoch (Kür): Darunter Jessica von Bredow-Werndl und Dalera TSF – das Paar ist in der Form seines Lebens und hat es heute einmal mehr bewiesen. Aber auch die Dänin Cathrine Dufour, die mit Bohemian eine Glanzleistung ins Viereck zauberte. Oder die US-Amerikanerin Sabine Schur-Kerry, die mit Sanceo einen harmonischen Ritt ablieferte, dass man sich kaum satt sehen konnte.

Aber hier nochmal die Gewinner und Glanzpunkte der heutigen Gruppen zusammengefasst, ehe morgen ab 10 Uhr deutscher Zeit die zweite Starterhälfte ins Viereck reitet:

Gruppe A – Hengste voran

Die Hengste hatten das Sagen in Gruppe eins des Grand Prix. Die Britin Charlotte Fry und die Schwedin Therese Nilshagen lieferten die besten Ergebnisse in dieser Runde und sind damit sicher in der Einzelwertung weiter. Der Danone-Sohn Dante Weltino unter Therese Nilshagen präsentierte sich wie schon so oft schwungvoll und losgelassen, punktete vor allem in den Verstärkungen und lieferte ansonsten eine von Anfang bis Ende schöne, harmonische Runde im Dressurviereck – mit 75,14 Prozent Zweiter der Gruppe A. Vor ihr: die Britin Charlotte Fry mit dem oft eng eingestellten und im Schweif unruhigen KWPN-Hengst Everdale (77,096).

Die Schwedin Therese Nilshagen und Dante Weltino

Gruppe B – Bohemian tanzt

Der Glanzpunkt der Gruppe B war mit Abstand die Dänin Cathrine Dufour mit ihrem Fuchs Bohemian. Selbst bei der championatserfahrenen dänischen Nationaltrainerin Nathalie zu Sayn-Wittgenstein kullerten nach dieser Vorstellung die Tränen über die Wangen.

Dufours Ritt war von Anfang bis Ende nahezu mustergültig, einzig das geschlossene Halten könnte man bemängeln – aber ruhiges Halten, das beherrscht Bohemian sehr gut. Im Gegensatz zu manch anderen Pferden. Die Trabtraversalen waren weit übertretend und raumgreifend, die Trabtour insgesamt losgelassen und schwungvoll, die Piaffen und Passagen wie man sie in Sachen Takt, Gleichmaß, Ausdruck und Anlehnung kaum besser machen könnte. Die Übergänge zwischen Piaffe und Passage fein und weich, als wäre es das leichteste der Welt. Die Galopptour war auf den Punkt, die Einerwechsel etwa waren schnurgerade, im starken Galopp hätte Dufour vielleicht ein My mehr sein dürfen.

Und auch wenn der 29-jährigen Reiterin das Wasser im Gesicht nur so herunterlief – bei 72 Prozent Luftfeuchtigkeit kein Wunder – ihre Vorstellung mit dem elfjährigen Bordeaux-Sohn wirkte kraftvoll und locker-leicht zugleich. Sie knackten völlig zurecht die 80-Prozent-Marke mit 81,056 Prozent.

Aus Dänemark Cathrine Dufour und Bohemian

Der zweite Qualifizierte dieser Gruppe ist der Niederländer Edward Gal mit dem Totilas-Sohn Total US aus der Zucht von Paul Schockemöhle. Imposant daher trabend und galoppierend präsentierte Gal seinen neunjährigen Hannoveraner Hengst. An Bewegungstalent mangelt es dem athletischen Rappen mit der Blesse sicherlich nicht. Piaffe und Passage waren wie zu erwarten spektakulär, allerdings nicht immer im Gleichmaß, oft eng in den Ganaschen und mit unruhig schlagendem Schweif. Bei den fliegenden Wechsel geriet der Rappe leicht ins Schwanken, das Halten zum Gruß fiel kurz aus, ansonsten spulte der doch im Hals sehr hoch eingestellte Hengst das Grand Prix-Programm brav ab. 78,649 Prozent bekam das Paar nach dem Grand Prix.

Gruppe C – Debütantinnen-Ball

Ein Genuss war der Ritt der US-Amerikanerin Sabine Schut-Kery und dem 15 Jahre alten Hannoveraner San Remo-Sohn Sanceo. Man könnte es kurz machen: Die beiden waren im Flow. Die 52-jährige Olympia-Debütantin und der bildhübsche dunkelbraune Hengst lieferten eine tadellose, ausdrucksstarke, schwungvolle Runde ab, die Piaffe-Passage-Tour kraftvoll, rhythmisch, mit einer tollen Kadenz und Anlehnung. Hier kassierte das Paar immer wieder die Wertnote 9,0. Am Ende Platz zwei in dieser Gruppe mit 78,416 Prozent.

Und dann kam Dalera. Mit einem kleinen Schreckmoment vor einem der Richterhäuschen und noch außerhalb des Vierecks. „Da wusste ich, sie ist wach“, sagte Jessica von Bredow-Werndl und beschrieb ihr Gefühl im Sattel von Dalera so: „Viel Power, viel Energie, sie war unheimlich fokussiert.“ Und das war auch die Reiterin selbst. Ein starker Auftakt im starken Trab, raumgreifend, locker im Rücken. Die erste Piaffe und Passage, stark, im Gleichmaß, ausdrucksvoll. Der Schritt fleißig, taktrein. Die zweite Piaffe-Passage-Tour noch besser als die erste, schön federnd mit feineen Übergängen, für die es die erste 10 aus dem Richterhäuschen gab. Die Galopptour blitzsauber, nach den Einer-Wechseln huschte ihr ein Lächeln über das Gesicht, ein Lob gab’s für die Stute. Dann fokussiert weiter in die Pirouetten, die ebenso gelangen und das Beste zum Schluss: die Mittellinie mit Piaffe und Passage mit wunderschönen Übergängen, sieben Mal gab es die 10 allein auf dieser Schlusslinie. 84,379 Prozent das Ergebnis! „Für mich war das der beste Grand Prix, den Jessi und Dalera jemals gezeigt haben“, fasste Bundestrainerin Monica Theodorescu zusammen und lobte, wie wunderbar im Genick die Stute war, wie schwungvoll und zufrieden sie sich zeigte, wie sich die Anlehnung und Versammlung nochmal weiter verbessert hätten. „Ein Genuss mit ganz vielen Höhepunkten.“ Punkt.

Das deutsche Trainer- und Betreuertream: sehr zufrieden.

Ergebnisse

Olympia-Happen zum Mitschnacken

Musik aus dem Ländle – oder aus Westfaaaalen

Für die musikalische Untermalung im Reitstadion und so auch heute im Grand Prix sitzt Markus Hinzke am Regler. Der 56-Jährige gebürtige Schwabe und Wahl-Warendorfer ist ein alter Hase auf diesem Gebiet, er reist sonst von Turnier zu Turnier. Jetzt eben Tokio. Während der Prüfung sorgte er beim Zuschauer für gelegentliches Mitwippen im Fußgelenk. Im Special am Dienstag sind übrigens die Reiter für die Wahl der Musik verantwortlich. Einfluss auf das Ergebnis hat die Musik dort nicht, sondern erst wie gewohnt in der Kür.

Abwarten und Teetrinken?

Nein, nein, das ist natürlich nicht die Arbeit der Dressurrichter bei den Olympischen Spielen in Tokio. Aber die Richterhäuschen am Dressurviereck sind den japanischen Teehäuschen nachgeahmt.

Aus vor dem „Go“

Für die Österreicherin Victoria Max-Theurer und ihren Abbeglen endeten die Olympischen Spiele ehe sie wirklich anfingen. Das schrieb die 35-Jährige aus Achleiten auf ihrem Facebook-Account: „Abby hat sich im Abschlusstraining nicht so gezeigt wie gewohnt – so kenne ich ihn nicht – das konnten wir uns auch nicht erklären.“ Eine tierärztliche Untersuchung ergab, dass sich der elfjährige Westfale einen akuten Wurzelspitzen-Abszess in einem Backenzahn zugezogen hat. “

Fitness-Junkies

Jessica von Bredow-Werndl hat sich und den Pferdepflegerinnen aus dem Dressurlager schon in der Quarantänezeit in Aachen mit ihrem Fitnessprogramm eingeheizt. Die Dänin Cathrine Dufour ist ebenfalls ein kleiner Fitnessjunkie. Sie machte drei Tage vor dem Grand Prix bei 32 Grad Celsius Ausfallschritte und Squat-Jumps oben auf den Zuschauer-Tribünen von Tokio. So wurden die sonst leeren Tribünen wenigstens doch ein wenig genutzt.