Zum Inhalt springen

Drücken Sie Öffnen / Eingabe / Enter / Return um die Suche zu starten

CHIO Aachen: Best of Emilio

Isabell Werth und ihr zwölfjähriger Westfale machten „Freude schöner Götterfunken“ zur Tanzmusik. Das Publikum rastete aus, die Besitzerin weinte und Isabell Werth meinte: „Es gab nur noch nach vorne.“

Isabell Werth und Emilio - heute eine Klasse für sich.

Aachen – Beethoven? Klar, das passt in ein modernes Dressurstadion, wenn Pferd und Reiterin zum Tanzen aufgelegt sind. Als drittletztes Paar hatten Isabell Werth und Emilio bereits die Ergebnisse der beiden US-Amerikanerinnen Kasey Perry-Glass und Laura Graves vor der Nase. 85,205 beziehungsweise 85,085 Prozent. „Da konnte ich nur angreifen“, lautete die Werth-typische Kampfansage. Genau das tat sie und begann mit einer ausdrucksstarken Piaffe-Pirouette, die den Gedanken an den Grand Prix nun vollends vernichteten. Was war noch mal das Problem? Auf jeden Fall nicht die Piaffe. Perfekt ausbalanciert, am Punkt reell auf dem Teller gedreht, dabei in sich absolut gerade. Dasselbe noch einmal auf der letzten Mittellinie und dazwischen ein unglaubliches Feuerwerk an Verstärkungen, Passage-Traversalen, daraus in schwungvolle Trabtraversalen. Nur der Schritt hat das Manko eines kürzer tretenden Hinterbeins. Zu allem anderen meinte Co-Bundestrainer Jonny Hilberath direkt nach dem Ritt: „Das war doch mal ‘ne geile Nummer.“ Emilios Besitzerin Madeleine Winter-Schulze wischte sich ein paar Tränchen aus den Augen und die Zuschauer begleiteten Isabell Werth auf der letzten Linie mit taktreinem Klatschen. Anschließend sprangen sie auf und zollten der 49-Jährigen, die diese Prüfung zum zwölften Mal mit insgesamt vier verschiedenen Pferden gewonnen hat, besonderen Respekt. 87,625 Prozent gab es von den Richtern. „Die Atmosphäre hat am Anfang kurz etwas Spannung reingebracht, aber sobald es losging, war er voll bei mir“, freute sich Werth über diese brillante Runde ihres Wallachs, der damit den Fauxpas aus dem Grand Prix komplett wettgemacht hat.

Laura Graves und Verdades: Geburtstags-Dritte.

Der nächste Geburtstag

Auch Verdades hatte seine Kamera-Ängste von gestern schnell vergessen. Der 16-jährige Wallach zeigte unter der US-Amerikanerin heute das, was er am besten kann: Energiegeladene Verstärkungen, taktreine, wenn auch wenig gesetzte Piaffen und schön durchgesprungene fliegende Wechsel. Dass er dabei recht eng im Genick bleibt, trübt das Bild etwas. Die US-amerikanische Richterin Anne Gribbons sah das Paar sogar auf Rang eins. Letztendlich wurde es mit 85,085 Prozent aber Rang drei zum Geburtstag von Laura Graves. Die 32-Jährige hatte ihre Kür ein bisschen verändert. Übrigens nicht zum ersten Mal. „Ich weiß noch nicht, wie ich sie bei den Weltreiterspielen reite“, erzählte sie schmunzelnd. Hauptsache, ihr Wallach gewöhnt sich dort an die sich schnell bewegenden Kameras, die ihn im Special ziemlich aus der Fassung gebracht hatten. „Ich war sehr enttäuscht, weil ich nicht damit gerechnet hatte. Vor allem für das Team tat es mir leid“, resümierte Graves. „Wir haben Verdades trotzdem lieb“, lachte ihre Teamkollegin Kasey Perry-Glass daraufhin, die in der Kür sensationelle Zweite wurde. Ihr 15-jähriger Diamond Hit-Nachkomme Goerklintgaards Dublet ging vor zwei Jahren seine erste Grand Prix-Saison und war bereits zu Gast in Aachen. Auch im vergangenen Jahr starteten sie in der Soers, doch mit enttäuschenden Ergebnissen, so dass erst einmal eine Pause eingelegt und das Training neu strukturiert wurde. Mit Wirkung. Denn das Gleichmaß, die Balance und der gut herausgerittene Schwung deuten die starke Basis an. 85,205 Prozent zu den Klängen von Herr der Ringe. Nun geht es für die 30-Jährige in Richtung Weltreiterspiele in der Heimat.

Kasey Perry-Glass überzeugte in allen drei Prüfungen.

Helen Langehanenberg: in der Kür Rang fünf.

Die gebogene Wechsellinie

Darauf kann auch Helen Langehanenberg hoffen, die mit Damsey FRH heute Rang fünf hinter der Dänin Cathrine Dufour mit Atterupgaards Cassidy belegte. „Enttäuscht bin ich wirklich nicht. Wir haben die Kür kaum geübt. Damsey ist vor einem halben Jahr zum letzten Mal Passage-Traversalen und fliegende Wechsel auf gebogener Linie gegangen“, erzählte Langehanenberg. Genau auf der Wechsellinie passierte den Beiden auch der einzige größere Fehler in der Prüfung. Insgesamt war der 16-jährige Hengst aber auch am dritten Prüfungstag noch frisch und motiviert und braucht nun einzig noch etwas mehr Kraft. 82,575 Prozent waren das Endergebnis und damit lag Langehanenberg knapp vor ihrer Teamkollegin Dorothee Schneider mit Sammy Davis Jr., die als drittes deutsches Paar eine ebenso souveräne Runde zeigte. Der San Remo-Sohn zeigte auch keine Müdigkeit und war zur Tango-Musik aus dem Film „Darf ich bitten“ beinahe fehlerfrei. Einzige die fliegenden Wechsel waren mal wieder eine Falle. Mit 81,295 Prozent demonstrierte das Paar seine Beständigkeit und steht damit nun auf der Longlist für die Weltreiterspiele, die kurz nach der Prüfung bekannt gegeben wurde.

Dorothee Schneider und Sammy Davis Jr. folgten auf Rang sechs.

Dufours Gesamtsieg

Der Große Dressur-Preis von Aachen hat in diesem Jahr übrigens einen ganz anderen Sieger als die drei CDIO-Prüfungen. Denn weder Isabell Werth, die Kür und Special gewann, noch Laura Graves, die im Grand Prix vorne lag, konnten so viele Punkte sammeln, wie die Dänin Cathrine Dufour. Mit 240,818 Punkten schob sie sich vor die US-Amerikanerin Kasey Perry-Glass (240,793). Auf Platz drei folgt erst Laura Graves mit 239,776 vor Isabell Werth mit 239,269.