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Europameisterschaften 2019

Blog III aus Luhmühlen: „Alle andern‘ sind nur Statisten“

Der zweite Dressurtag bei der Vielseitigkeits-Europameisterschaft ist vorbei. Das Gelände steht an. Über Fanclubs, Lebenseinstellungen, Kalorienbomben und It-Pieces.

Schon mächtig was los war heute in Luhmühlen am zweiten Dressurtag.

Luhmühlen – Nach der Dressur hat das deutsche Team heute die Führung bei der Busch-EM übernommen. Die Tribünen waren im Vergleich zu gestern – wo meiner Meinung nach auch schon ordentlich was los war – noch voller. Die Fanblocks hielten sich vor allem auf der Tribüne am Einritt des Vierecks auf und haben ordentlich Stimmung gemacht. Mit den lautesten Fanclub haben die Franzosen und die Spanier. Da wurde zeitweise sogar der Herr mit der Melone ordentlich angefeuert, der die Viereckabgrenzung am Einritt bei jedem Ritt öffnet und wieder schließt, um die Reiter ins Viereck beziehungsweise wieder hinaus zu lassen.

Hinter dieser Tribüne befindet sich der Ausstellerbereich. Daneben eine Futtermeile. Mein persönlicher Favorit: der Stand mit den Lángos. Das ist eine ungarische Spezialität aus frittiertem Hefeteig, den man wahlweise mit Sauerrahm und Käse oder auch einer Soße aus Zwiebeln, Paprika und Tomaten bestreicht und ist ganz sicher kalorienbewusst – hat nämlich bewusst viele.

Im Ausstellerbereich sind die beliebtesten Stände die, an denen es den aktuellen „Luhmühlen-Merch“, also unter anderem T-Shirts des diesjährigen Events, zu kaufen gibt. Und der mit den Strohhüten. Die sind hier ganz hoch im Kurs. Ich habe kurz überlegt, ob ich mir auch einen solchen zulegen soll. Morgen am Geländetag sollen es noch einmal über 30 Grad Celsius werden.

Apropos Gelände. Da war ich heute noch einmal mit der deutschen Einzel-Reiterin Anna Siemer. Sie hat verraten, dass sie 45 Minuten vor dem Start in den Sattel ihres Pferdes steigt. Das ist in diesem Fall die zwölfjährige Vollblutstute FRH Butts Avondale. Ein zierliches Stütchen mit einem Kämpferherz. Oder wie Anna Siemer sagt: „Sie denkt, es geht hier die ganze Zeit nur um sie und alle anderen sind Statisten.“ Eine bemerkenswerte Lebenseinstellung.

An den Wasserkomplexen fällt auf, dass unter jedem Einsprung ein Schlauch installiert ist, aus dem Wasser herausspritzt. Da ist nicht etwa was kaputt, sondern damit vermeidet man den sogenannten „Mirror-“, also zu Deutsch „Spiegel-Effekt“, wie Anna Siemer erklärt. Das Wasser muss sich ständig bewegen, weil die Pferde sonst denken, sie würden auf der Wasseroberfläche landen. Allerdings ist das Wasser nach dem Einsprung etwa knöcheltief. Eine solche Fehleinschätzung der Pferde könnte einen Sturz verursachen. Bewegt sich das Wasser, wie etwa durch diese Sprinkleranlage, wissen die Pferde Bescheid, dass sie ins Wasser hineinspringen.

Außerdem habe ich mir den „Coffin-Effekt“ erklären lassen. Als Coffin bezeichnet man ein Hindernis mit einem Graben. Den sehen die Pferde auch erst, wenn sie direkt davorstehen. Und der jagt wohl den meisten erst einmal einen Schrecken ein. Daher muss der Reiter sein Pferd vor einem solchen Graben – der wirklich nicht breit ist – besonders aufnehmen, um auch gut darüber und somit zum nächsten Hindernis zu kommen.

Und noch ein It-Piece – neben den Strohhüten – habe ich heute ausmachen können: ein Regenschirm, der sich in die Erde bohren lässt und am Griff mit einer faltbaren Sitzgelegenheit ausgestattet ist. Im Hinblick auf den morgigen, fast sechsstündigen Geländetag eine durchaus sinnvolle Investition. Der Schrittzähler in meinem Handy hat heute jedenfalls noch nie dagewesene Ausmaße erreicht. Ich wusste bislang nicht, dass er auch fünfstellig kann. Kann er.