Europameisterschaften 2019
Blog II aus Rotterdam: Ein Team namens Schnitzel und warum Springreiter heute kein Skat mehr spielen
Rotterdam/NED – Tag drei bei den Europameisterschaften: Die Dressurreiter haben frei und können die Ereignisse von gestern erst einmal verdauen. Das 24. Gold für Deutschland und ein emotionales Auf und Ab bei den anderen Medaillenträgern, inklusive der Briten, die unerwartet leer ausgingen. Als der Niederländer Edward Gal als letzter Reiter der Prüfung das Stadion verließ, stapfte der Schwede Patrik Kittel auf dem Abreiteplatz wütend mit dem Fuß auf. Um 0,2 Prozent waren die Niederländer vorbeigezogen. Das muss sich aus seiner Sicht angefühlt haben, wie ein schlechter Scherz. Der viel schlechtere traf allerdings die Briten, als die sicher geglaubte Silbermedaille futsch war, weil die Stewards nach Charlotte Dujardins Ritt Blut an der Flanke von Mount St. John Freestyle feststellten. Ein kleiner Sporenratscher und aus der Traum. Für Charlotte Dujardin auch der einer Einzelmedaille, weil sie nun weder im Grand Prix Special noch in der Kür an den Start gehen darf. Bitter. Aber so ist nun mal das Reglement, das aus gutem Grund die Gesundheit des Pferdes an oberste Stelle setzt. Und da darf es nun einmal nirgendwo bluten.
Für Irland, die Dänen und Portugal war die Dressur-Mannschaftswertung übrigens ebenfalls äußerst erfolgreich. Sie sicherten sich damit das Ticket für die Olympischen Spiele in Tokio im kommenden Jahr. Die Schweizer müssen hingegen zu Hause bleiben.
Wer im Springen die letzten Fahrscheine für Tokio löst, wird sich in den kommenden Tagen zeigen. Die Deutschen hatten sich bereits mit der Bronzemedaille bei den Weltreiterspielen in Tryon/USA im vergangenen Jahr qualifiziert. Trotzdem haben sie sich für die EM viel vorgenommen. „Nach den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 gab es einen Umbruch in der Mannschaft. Bei der EM vor zwei Jahren hatten wir ein ganz junges Team. Hier haben wir ganz andere Voraussetzung. Das Ziel ist ganz klar eine Medaille“, definierte es Bundestrainer Otto Becker. Mit Weltmeisterin Simone Blum, dem Weltranglisten-Dritten Daniel Deußer, dem Weltranglisten-Neunten Christian Ahlmann und Routinier Marcus Ehning ist ein nach den vergangenen Ergebnissen zu urteilen, enorm starkes Team nach Rotterdam gereist. Trotzdem will auch Simone Blum von einer Favoritenrolle noch nichts hören: „Die Tagesform ist ja auch ausschlaggebend. Ich hatte bislang eine gefühlt tolle Saison, aber ich will mir nicht den Druck machen. In Tryon war die Unbedarftheit auch der Schlüssel zum Erfolg.“
Den Tag gestern verbrachten die Parcours-Spezialisten noch mit lockerem Training und einer abendlichen Runde auf dem Hauptplatz. Dazwischen hat man sich halt irgendwie die Zeit vertrieben. Die Zeiten, in denen die Springreiter stundenlang im Stall Skat spielten, seien irgendwie vorbei, bestätigten die Vier schulterzuckend. Warum? „Jetzt haben alle Telefone“, antwortete Christian Ahlmann prompt. Das Smartphone, der beste Freund des Menschen. Das trifft auch die Reiter. Einfache Antwort. Schwieriger war es da, zu erklären, was es mit dem Hashtag #teamschnitzel auf sich hat. Also, soviel: Es sind die Pfleger der Springreiter, die sich mit diesem Namen schmücken, die der Dressurreiter sind das #teampommesrotweiß. Angelehnt wohl an deren Lieblingsgerichte. Für die Springpferde-Pfleger gab es vom Team Blum passend zur EM rote Handtücher mit besagtem Hashtag. Wann dieser Name allerdings erstmals eingeführt wurde und wer letztendlich dahintersteckt, konnte niemand mehr so richtig rekonstruieren. Wie man so schön sagt: Is ja auch wurscht. Ach nee, Schnitzel.
Heute geht es für die Springreiter um 14 Uhr mit dem Zeitspringen los. Die Para-Reiter sind seit 9 Uhr im Viereck aktiv.