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Europameisterschaften der Vielseitigkeitsreiter

Blog 3 aus Avenches: Uf Wiederluege!

Auch die letzten Europameisterschaften dieser Saison sind Geschichte. Während in Irland ausgebüxte Ponys eingefangen werden, werfen wir noch einmal einen Blick zurück.

Die EM in Avenches: mit "heißer Nadel" gestrickt und dennoch ein voller Erfolg.

Avenches/SUI – Die Europameisterschaften in Avenches sind Geschichte. Wer nicht noch einen abendlichen Flug gebucht hatte, für den war gestern Heimreisetag. Auch für mich. Den letzten EM-Gruß für mich gab’s an der Grenze, bei Basel. Da stand – noch auf der Schweizer Seite – ein LKW mit der Aufschrift „Sofia Sjoborg Eventing“ und ich wusste, das ist das rollende Zuhause von Bryjamolga van het Marienshof Z, mit dem die erst 23-jährige Schwedin in Avenches mit Platz 13 eine hervorragende Visitenkarte bei ihrem ersten Senioren-Championat hinterlassen hat. Man kennt sich. Ein letztes fröhliches Winken hin und her, ein letztes „Daumen hoch“ und „Well done“ meinerseits – weiter ging’s.

Der eine oder andere wurde sehnsüchtig zu Hause erwartet. Beispielsweise Louise Parkes. Die quirlige, zierliche, kleine Irin, die für die FEI auch bei diesem Championat die Pressearbeit machte, saß vor ihrer Abreise auf glühenden Kohlen. Denn zu Hause waren die Ponys los. Die Connemara-Züchterin hat nämlich auch zwei kleine Pferdchen aus Tierschutzfällen bei sich zuhause im irischen County Kildare aufgenommen. Und die waren ausgebüxt und hatten auf einer Weide der benachbarten Farm ihren Spaß. Dort jagten sie Kälber, was der Farmer nicht ganz so lustig fand wie die Ponys. Zeit, dass Louise wieder für Ordnung sorgte.

Mit heißer Nadel gestrickt

Der Alltag hat uns also wieder, auch in Avenches ist Ruhe eingekehrt. Zeit, diese Europameisterschaften gedanklich Revue passieren zu lassen. Auch für die Turnierleitung. Danièle Vogg, die in Radolfzell auf der deutschen Seite des Bodensees seit Jahren auf Gut Weiherhof zu Saisonbeginn internationale Turniere veranstaltet und im EM-Organisationskommitee für den Sport zuständig war, sagte mir eben am Telefon, sie seien „überwältigt. Von allen Seiten gab’s nur positive Rückmeldungen“. Dabei waren diese Europameisterschaften wahrlich mit heißer Nadel gestrickt. Zunächst war das Championat bekanntlich nach Haras du Pin vergeben worden, aufgrund der Olympia-bedingten Terminverschiebung konnte es dort aber nicht stattfinden. Die FEI sagte die Europameisterschaften zunächst ab. Erst auf massive Intervention auch einiger Reiter – allen voran machte sich Michael Jung für die Ausrichtung stark – wurde ein neues Bewerbungsverfahren eröffnet. Drei Kandidaten fanden sich: Boekelo im niederländischen Enschede, Montelibretti in Italien und eben Avenches. Im Januar lief die Bewerbungsfrist ab, zwei Monate (!) später fiel bei der FEI in Lausanne die Entscheidung zugunsten von Avenches.

Teamwork makes the dream work

Bei so wenig zeitlichem Vorlauf wäre man durchaus bereit gewesen, Abstriche zu machen, doch erfreulicherweise musste man das gar nicht. Sie haben’s gewuppt, die Schweizer. Auch in engem Schulterschluss mit den deutschen Nachbarn. Allen voran die Familie Vogg, wobei Danièle Vogg davon nicht spricht. Sie stellt andere in den Vordergrund. Martin Plewa zum Beispiel. Er habe sich „extrem eingesetzt“, sagt sie. Schon im Vorfeld war der ehemalige Bundestrainer immer wieder in die Schweiz gereist und habe sein Fachwissen eingebracht. Auch alle Schweizer Gelände-Parcoursbauer halfen mit. Unentgeltlich wohlgemerkt. Marcin Konarski, Hausherr und Leiter der Vielseitigkeitsturniere im polnischen Strzegom, baute und lieferte mit seinem Team nach den Vorgaben des britischen Gelände-Parcourschefs Mike Etherington-Smith innerhalb weniger Wochen transportable Hindernisse. Und, wenn auch die Zeit knapp wurde, am Ende konnte ein großes, schönes Vielseitigkeitsfest gefeiert werden. Endlich auch wieder mit Publikum. 10.000 Fans pro Tag erlaubten die Corona-Maßnahmen. Und genau so viele säumten am Geländetag die Strecke, insgesamt wurden 21.000 Besucher geschätzt.

Bleibt zu hoffen, dass diese EM nicht das letzte große Vielseitigkeitsturnier auf der großzügigen Anlage des IENA war, sondern Avenches fester Bestandteil im Reigen der internationalen Topturniere wird. Zwar ist noch kein fester Termin in Planung, doch auch Jean-Pierre Kratzer, als Präsident des Institut Equestre National d’Avenches, kurz IENA, Hausherr dieser EM, war begeistert und kann sich eine Fortsetzung dieser Erfolgsgeschichte vorstellen. Die Zeichen stehen also gut. Bis dahin: Uf Wiederluege!