Schwerer Stoffwechsel: Wie zuverlässig lässt sich Cushing diagnostizieren?
Waldalgesheim – Rund ein Fünftel der Pferde ab dem 15. Lebensjahr sind von der Stoffwechselerkrankung PPID betroffen. „Auch bei jüngeren Pferden wird PPID diagnostiziert“, sagt Andrea Paus. Sie ist Tierärztin in der Pferdeklinik Equitales und hat dort vor gut zwei Jahren den Kinikbetrieb mit aufgebaut. Wir haben Sie gefragt, wie PPID erkannt wird.
Was ist die Pituitary Pars Intermedia Dysfunction, kurz PPID, und wie wird die Erkrankung diagnostiziert?
„PPID ist eine Fehlfunktion des mittleren Teils der Hirnanhangsdrüse, bei der zu wenig Dopamin und zu viel von dem Adrenokortikotropen Hormon (ACTH) produziert wird. Dopamin reguliert die Produktion von ACTH in der Hirnanhangsdrüse – durch einen Mangel an Dopamin entsteht dann eine Dysfunktion der Hirnanhangsdrüse. Zudem ist die körpereigene Cortisol-Ausschüttung erhöht. Mit einem Test des ACTH-Werts im Blut lässt sich die Erkrankung sehr zuverlässig nachweisen. Je nach Referenzwert des Labors gilt ein Wert bis etwa 29 Pikogramm pro Milliliter in den Winter- und Frühlingsmonaten als unauffällig. In den Sommer- und Herbstmonaten sollte er etwa 47 Pikogramm pro Milliliter nicht übersteigen. Allerdings unterliegt der ACTH-Wert Jahreszeitlichen Schwankungen – ähnlich wie man es zum Beispiel vom Zyklus der Stuten kennt. Auch ein Wert der bei 50 Pikogramm pro Milliliter liegt oder knapp dreistellig ist, kann mal bei einem gesunden Pferd auftreten. Pferde mit PPID weisen häufig Werte auf, die um ein vielfaches erhöht sind. In schweren Fällen im oberen dreistelligen Bereich.“
Gibt es Faktoren, die das Testergebnis beeinflussen können?
„Der ACTH-Wert ist sehr spezifisch. Ein einfacher Tierarztbesuch und ein Pieks mit der Nadel reichen als Stressfaktor, der zum Anstieg des Stresshormons Cortisol führt, nicht aus, um die Werte eines Pferdes mit PPID signifikant zu verfälschen. Pferde mit einer akuten Hufrehe testen wir allerdings nicht. Diese Pferde sind kritisch krank, leiden über einen längeren Zeitraum unter Schmerzen und stehen so unter Stress, dass die Ergebnisse tatsächlich abweichen können.“
Wann sollte ein Test des ACTH-Werts durchgeführt werden?
„Pferde mit dieser Erkrankung haben einen schlechteren Stoffwechsel. Zu den Symptomen einer PPID gehören ein problematischer Fellwechsel, überlanges Fell, Hautempfindlichkeiten, der Abbau von Muskulatur und Gewicht. Hormone haben viele Wirkorte, wobei bei einigen die Zusammenhänge noch nicht klar sind. Grundsätzlich sind Pferde mit PPID anfälliger für Infekte. Auch Verhaltensänderungen kommen vor. Einige Besitzer haben einen Test des ACTH-Werts machen lassen, weil ihr Pferd depressiv wirkte. Das waren teils jüngere Pferde, bei denen die anderen Symptome noch nicht aufgetreten sind.
Wenn die Pferde positiv getestet wurden, testen wir nach vier bis sechs Wochen und nach etwa drei Monaten den Wert erneut, um festzustellen, ob die Medikation erfolgreich und ob das Pferd gut eingestellt ist. Aktuell werden Pferde mit PPID mit dem Dopaminagonisten Pergolid behandelt. Das ist eine lebenslange Therapie, und man möchte auch nicht zu viel von dem Medikament geben, denn auch Nebenwirkungen, wie etwa Appetitverlust, können auftreten. Ergänzend haben wir gute Erfahrungen mit der Gabe von Mönchspfeffer gemacht. Das ersetzt nicht die Medikation, kann aber regulierend wirken. Routinemäßig sollten erkrankte Pferde etwa einmal im Jahr getestet werden.“
Es gibt auch Pferde, bei denen der ACTH-Wert nicht deutlich erhöht ist, bei denen allerdings dennoch der Verdacht auf PPID besteht. Es gibt weitere Tests, um auch bei diesen Pferden Klarheit zu bekommen. Zum Beispiel mit einem TRH-Stimulationstest, bei dem das Thyreotropin Releasing Hormon injiziert wird, was die Produktion des ACTH bei Pferden mit PPID anregt und ein erneuter ACTH-Test deutlich aussagekräftiger wird.“
Besteht ein Zusammenhang zwischen einem erhöhten ACTH-Wert und einem Zinkmangel?
„Ein Zinkmangel tritt häufig auf – allerdings ist dieser Mangel oft in Blutbildern zu finden und betrifft nicht nur Pferde mit PPID. Ein direkter Zusammenhang ist nicht nachgewiesen. Zink und auch Selen, das in vielen Blutbildern ebenso häufig eher im unteren Bereich nachgewiesen wird, sind allerdings wichtig für den Hautstoffwechsel und ein gesundes Fell. Gerade bei Pferden mit PPID werden Hautempfindlichkeiten bei einem Mangel noch deutlicher.“
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