Deutschlands beste Reitvereine: Reitclub Achern
Reiten für alle
Rund 20 Kinder tummeln sich in der kleinen Reithalle des Reitclubs Achern, wühlen in den Putzkisten, suchen die schönsten Bürsten, um den drei Schulponys Collien, Five und Schecky das flauschige Fell zu striegeln. Reitlehrerin Doris Kirm behält den Überblick, hat ihre Augen überall. „Nicht hinter den Pferden stehen“, ermahnt sie zwei Kinder, die gerade versuchen, Scheckys Hinterhuf auszukratzen. Seit zehn Jahren kümmert sie sich um den Nachwuchs der Reitclubs an der deutsch-französischen Grenze, nur einen Steinwurf von Straßburg entfernt.
Für viele Kinder ist es heute das erste Mal, dass sie ein Pferd putzen. Sie nehmen am Ferienprogramm des Reitclubs in Zusammenarbeit mit der Stadt Achern teil. Am Reitercamp, wie die Ferienbetreuung im Vereins-Jargon heißt. In den Sommerferien lernen bis zu 80 Kinder im Reitclub Achern das kleine Pferde-Einmaleins. „Wir wollen allen den Kontakt und den Zugang zum Pferd ermöglichen. Das ist die Philosophie des Vereins, seit er vor 40 Jahren gegründet wurde“, sagt Andreas Bohnert, erster Vorsitzender des Vereins. Insbesondere Kinder ans und aufs Pferd zu bringen, ist ihm eine Herzensangelegenheit. „Aus ihnen müssen auch keine Turnierreiter werden“, fügt er noch hinzu.
Doch hat der Verein genau das schon häufig geschafft: aus Reitanfängern Turnierreiter gemacht. Die 44-jährige Nina Schneider ist ein solches „Musterbeispiel eines Vereinsmitglieds“, wie Bohnert sagt. Mit sieben Jahren fing sie beim Reitclub Achern das Voltigieren an. Turnte sich bis in den Leistungssport. Mit 18 Jahren konzentrierte sie sich mehr auf das Reiten. Mit Erfolg. Bis M-Niveau ging sie in Springen und Dressur an den Start. Sie machte eine Pause, bekam drei Kinder. Und ist zurückgekehrt, als Voltigiertrainerin. „Für mich ist der Verein eine Heimat, wie ein Zuhause“, sagt sie, während sie Voltigierpony Domino longiert. Seit mittlerweile 18 Jahren gehört das Schimmelpony zum Reitclub Achern. Seine 24 Lenze sieht man ihm kaum an. „Bringen Sie den mal auf Weide“, schlägt Andreas Bohnert lachend vor und erzählt, dass mit Domino beim Anblick der nahenden Koppel noch heute die Pferde durchgehen.
Die Mustermitglieder
Zwei weitere Mustermitglieder sind Sofia Köninger und Maren Sutter, seit elf und 13 Jahren Mitglieder im Verein. Beide haben hier als Kinder mit dem Ponyreiten begonnen. „Ich bin hier groß geworden“, sagt Sophia Köninger, die heute in Springen bis zur Klasse S an den Start geht. Die 20-jährige Maren Sutter kann Erfolge in Dressur und Springen bis zur Klasse L vorweisen. Die beiden wissen, was sie ihrem Reitverein zu verdanken haben. Und sie wollen etwas zurückgeben. Da ist es nur selbstverständlich für sie, dass sie sich um den Reitnachwuchs kümmern. „Das geht schon los mit der Planung der Reitercamps“, erklärt Maren Sutter. „Wir setzen uns zusammen und überlegen, was wir mit den Kindern machen können.“ Doch damit nicht genug: „Wir begleiten unsere Nachwuchsreiter auch aufs Turnier und unterstützen die Kinder bei ihren ersten Starts.“ Sofia Köninger nickt. „Wir finden es einfach wichtig, auch den Kleinen zu helfen und immer zur Stelle zu sein, wenn mal Not am Mann ist“, pflichtet sie ihrer Freundin bei.
Dass der Reitclub Achern und seine Mitglieder großen Wert auf den Turniersport legen, kommt nicht von ungefähr: Dreimal im Jahr ist der Verein Gastgeber für Turnierreiter aus der ganzen Region. Mit einem WBO-Turnier im Februar, einem Dressurturnier bis zur Klasse M im April und – darauf ist Andreas Bohnert besonders stolz – mit einem großen Springturnier im Mai, bei dem insgesamt vier S-Springen ausgeschrieben sind. Sportgrößen wie Michael Jung und Hans-Dieter Dreher gaben sich hier schon die Ehre. Vor 38 Jahren feierte das Turnier Premiere. Damals noch auf einem benachbarten Truppenübungsplatz. „Da haben wir auch noch Fahrprüfungen angeboten“, erinnert sich Bohnert, der zu den Gründungsmitgliedern des Vereins gehört und seit jeher Vorstandsmitglied ist. Die Vorbereitungen für das kommende Turnier laufen schon jetzt. Ein Mammutprojekt. Alle Jahre wieder.
Alle ins Boot holen
1.600 Startplätze gab es beim vergangen Springturnier. „Wir sind am Donnerstagmorgen um acht Uhr angefangen“, blickt der erste Vorsitzende schmunzelnd zurück. Doch auch bei den Turnieren vergisst der Reitclub seinen Nachwuchs nicht. „Wir versuchen unsere Veranstaltungen so zu gestalten, dass möglichst viele Aktive aus dem Verein daran teilnehmern können“, schildert Andreas Bohnert. Während nämlich auf dem großen Außenplatz die Top-Sportler um Schleifen und Preisgeld reiten, finden in der Reithalle nebenan Führzügel-, Caprilli-, Dressur- und Springreiterwettbewerbe statt. „Vor ein paar Jahren haben hier M-Dressurrichter einen Reiterwettbewerb gerichtet und hatten unheimlich viel Spaß daran“, erinnert sich Andreas Bohnert an nur eine der vielen Anekdoten aus der jahrzehntelangen Turniergeschichte. Im November feiert der Verein sein 40-jähriges Bestehen.
Doch nicht nur viele Mitglieder sind ihrem Reitverein schon seit Jahren treu. Auch die Ausbilder des Vereins fühlen sich hier pudelwohl. So nimmt Springausbilder Andreas Krauss seit nunmehr zwölf Jahren zwei Mal in der Woche die rund 90 Kilometer lange Strecke von Freiburg bis Achern auf sich, um hier Unterricht zu geben. „Das ist schon recht ungewöhnlich“, gibt er schmunzelnd zu.
Die große Stärke des Vereins liegt für Andreas Bohnert in der breiten Angebotspalette: „Vom Hobbyreiter und dem Ponykind bis zu den aktiven Sportlern ist alles dabei.“ Neben den Schulstunden, einer Reit-AG in der Schule, den Turnierreitern und den Voltigiergruppen gibt es im Reitclub Achern nämlich auch spezielle Angebote für Spät- und Wiedereinsteiger und sogar eine Reitstunde für Menschen mit Behinderung. Oder anders gesagt: In Achern gibt‘s Reiten für alle.